Equal Pay Day Borger sieht Frauen im Profisport "prinzipiell benachteiligt"

Stand: 07.03.2023 13:34 Uhr

Verbesserungen? Ja. Doch alles gut? Von wegen - Athletensprecherin Karla Borger sieht Frauen im Profisport noch immer klar benachteiligt.

Equal Pay und Medienpräsenz, Schwangerschaften und Regelschmerzen: Karla Borger nimmt anlässlich des Weltfrauentags in ihrer Analyse der Ist-Situation im Weltsport kein Blatt vor den Mund, wenn es um die drängenden Probleme für Frauen im Profisport geht. Ja, der "Tanker hat sich in Bewegung gesetzt", sagt Deutschlands Athletensprecherin über die vergangenen fünf Jahre. Und doch, das betont sie, seien Frauen im Vergleich zu Männern weiterhin "prinzipiell benachteiligt".

Dabei geht es nicht nur, aber auch ums liebe Geld. Borger sieht "keinen Grund, warum bei Frauen weniger Prämien als bei Männern gezahlt werden sollten". Die Beachvolleyballerin gibt Fußball-Kapitänin Alexandra Popp, die noch immer eine weite Kluft bei der Bezahlung sieht, recht. Doch sie ist "der festen Überzeugung, dass das früher oder später komplett angepasst wird". Borger findet es "erschreckend, dass wir jetzt erst darüber sprechen und darüber nachdenken". Zuletzt hatte unter anderem auch Bundeskanzler Olaf Scholz Schritte gegen die Gender-Pay-Gap gefordert.

Streik als letztes Mittel nicht ausgeschlossen

Borger, die beim Thema Geld zwischen leistungsbezogenen Prämien vom Verband und Gehalt durch den Verein und Werbeeinnahmen unterscheidet, nennt Biathlon und Beachvolleyball als Positivbeispiele, da die Preisgelder dort "schon immer gleich waren". Für andere Bereiche hält sie im Streit um gleiche Bezahlung einen Streik als letztes Mittel für nicht ausgeschlossen. "Ich bin eher ein Freund davon, das anders zu klären", sagt Borger: "Aber wenn es nicht anders gelingt und wenn nicht zugehört wird, dann wäre das eine Maßnahme für eine Eskalation, wenn man gar nicht weiterkommt. Ich könnte es durchaus verstehen."

Enttabuisierung der Regelschmerzen

Borger wünscht sich "noch mehr Initiativen für gesellschaftliche Veränderungen" und "noch mehr mediale Formate, um auf die vielen Themen aufmerksam zu machen". Themen wie etwa auch die Beeinträchtigungen für Frauen durch Regelschmerzen im Training und Wettkampf. Skispringerin Anna Rupprecht, die nach dem Gewinn der Team-Goldmedaille bei der Ski-WM kürzlich öffentlich darüber sprach und eine Enttabuisierung forderte, darf nicht allein bleiben. "In Spanien gibt es eine bestimmte Anzahl an Urlaubstagen für Regelschmerzen", unterstreicht Borger, "in Deutschland sind wir davon noch weit weg". Die Zahl der Frauen mit Problemen sei "viel höher als wir denken".

Erschreckendes berichtet Borger beim Thema Pille-Einnahme. Sportlerinnen würden die Anti-Baby-Pille "auch ohne Absprache mit ihrem Arzt einnehmen, um keine Blutungen im Wettkampf zu haben. Die Menstruation bleibt dann wegen Überbelastung weg, das ist ein Riesenthema." Eine Enttabuisierung des Themas sei wichtig, damit "auch junge Mädchen sehen: 'Ich bin damit nicht alleine, es ist völlig normal, dass der Hormonhaushalt im Körper auch im Sport eine Rolle spielt.'"

Vereinbarkeit von Sport und Familienplanung

Großes (Problem-)Thema bleiben auch Schwangerschaften im Profisport. Angesichts der ungeklärten Fragen ("Wie sieht es mit den Kaderplätzen aus? Bekommt man noch Förderung? Oder ist man einfach raus?") ist die Vereinbarkeit von Sport und Familienplanung weiterhin eine kaum lösbare Herausforderung. Der Bundeskaderstatus basiere momentan "oft auf persönlichen Entscheidungen von Trainern und Sportdirektoren", erklärt Borger: "Viele Verbände haben wenig Gelder und dadurch den Druck, Medaillen holen zu müssen. Töpfe für finanzielle Unterstützung für Schwangere wären eine Option." So könnten sich mehrere Mütter an einem Bundesstützpunkt bei der Kinderbetreuung beispielsweise zusammentun.