Die deutsche Weitspringerin Malaika Mihambo

WM-Vorschau Mihambo und Co. starten "Sommer der Leichtathletik" in Eugene

Stand: 15.07.2022 17:17 Uhr

Die Leichtathletik-Weltmeisterschaften, die heute in Eugene beginnen (15. bis 24. Juli 2022), sind die ersten in den USA. Weitsprung-Königin Malaika Mihambo gilt erneut als Anwärterin auf den Titel. 78 Aktive starten für den DLV.

Erst die WM in Eugene, dann nur drei Wochen später die Heim-EM in München: "Das ist der Sommer der Leichtathletik. Für die Wahrnehmung und Sichtbarkeit einer Sportart ist das eine große Chance", freut sich DLV-Vorstandschef Idriss Gonschinska auf die beiden Höhepunkte. 78 Aktive entsendet der Deutsche Leichtathletik-Verband in die USA, nachdem zuletzt auch Kugelstoßerin Sara Gambetta (Virusinfektion) und Staffel-Sprinterin Yasmin Kwadwo (muskulärer Probleme) absagen mussten. Es ist dennoch ein stattliches Team.

Allerdings geht die deutsche Mannschaft angeschlagen in die Titelkämpfe. Zahlreiche Leistungsträger wie Konstanze Klosterhalfen (5.000 m), Gesa Felicitas Krause (Hindernis) oder Zehnkampf-Titelverteidiger Niklas Kaul hatten zuletzt gesundheitliche Probleme oder mit Verletzungen zu kämpfen. Die Speerwurf-Asse Johannes Vetter und Christin Hussong, Geher Jonathan Hilbert sowie Siebenkämpferin Carolin Schäfer müssen gar passen.

"Natürlich ist das ein Handicap. Wir sind dadurch etwas geschwächt", bekannte Chefbundestrainerin Annett Stein. Und so dürfte unwahrscheinlich sein, dass ihr WM-Wunsch wahr wird: mehr Medaillen als zuletzt bei den Olympischen Spielen und der damit verbundene angepeilte Aufschwung. In Tokio hatten Mihambo (Gold), Diskuswerferin Kristin Pudenz und Hilbert (beide Silber) für drei Mal Edelmetall gesorgt.

Pudenz, Weber und Lita Baehre wollen aufs Treppchen

Und doch gibt es einige Hoffnungsträger neben Titelverteidigerin Mihambo, der mit 7,09 m der weiteste Sprung des Jahres gelang. Pudenz ist mit ihren 67,10 m die Nummer drei der Welt, mit Julian Weber geht erneut ein deutscher Speerwerfer aussichtsreich an den Start. In diesem Jahr hat der Mainzer, der in Tokio Bronze nur um 14 Zentimeter verfehlt hatte, schon starke 89,54 m geschafft. "Ich bin einfach gut drauf. Dieses Jahr soll unbedingt die erste internationale Medaille her", sagte der 27-Jährige. "Die Weltelite ist sehr stark, aber ich bin auch stark."

Auch Stabhochspringer Bo Kanda Lita Baehre, der sich in diesem Sommer auf 5,90 m gesteigert hat, strotzt vor Selbstbewusstsein: "Es kann alles passieren." Zumindest fast. Denn am schwedischen Überflieger Armand Duplantis, der seinen ersten WM-Titel perfekt machen will, dürfte kaum ein Weg vorbeiführen.

Welt-Niveau in fast allen Disziplinen enorm

Ohnehin ist die Konkurrenz groß, das Welt-Niveau in fast allen Disziplinen enorm. So schafft es Sprinterin Gina Lückenkemper, die bei der DM mit ihren 10,99 Sekunden über 100 m hatte aufhorchen lassen, mit dieser Zeit nicht in die Top 30 der Welt. Angesichts des Tempos, das besonders die Amerikanerinnen und Jamaikanerinnen um Titelverteidigerin Shelly-Ann Fraser-Pryce (10,67) vorgelegt haben, sei ihr schon "die Kinnlade runtergefallen", so Lückenkemper.

Überraschungen werden dringend gebraucht. "Die WM ist unser Zielwettbewerb Nummer eins. Wir werden danach bemessen, wie viele Trainerstellen und Förderung wir erhalten", so Stein. 2019 in Doha hatten die DLV-Asse sechs Medaillen gewonnen - zwei Mal Gold und vier Mal Bronze.

WM und EM eine Herausforderung

Schon drei Wochen nach den Weltmeisterschaften in Eugene folgt indes für Deutschlands Spitzenathleten der nächste Höhepunkt: die Heim-EM in München. Der kurze Abstand zwischen WM und EM ist der Verlegung der Olympischen Spiele von 2020 auf 2021 wegen der Corona-Pandemie geschuldet. Die WM wurde deswegen ebenfalls um ein Jahr auf 2022 verschoben.

"Die EM 2018 in Berlin war eine Leichtathletik-Party, die jeder wieder erleben möchte", sagt Gonschinska. Dass die kontinentalen Titelkämpfe, die im Rahmen der European Championships am 15. August beginnen, den absoluten Fokus auf die WM schmälern könnte, glaubt der DLV-Vorstandschef aber nicht: "Wenn du in Form bist und an den Start gehst, machst du dir keinen Kopf, was drei Wochen später kommt."

Gleichzeitig sei es eine sehr herausfordernde Situation, erst drei Wochen nach den deutschen Meisterschaften in Berlin eine WM mit neun Stunden Zeitunterschied zu realisieren und kurz danach die EM. Für einen Athleten, der die Situation gut managen würde und robust sei, ist es nach Ansicht von Gonschinska jedoch eine Möglichkeit, sich zweimal in Szene zu setzen: "Vielleicht gehört auch eine gewisse Gelassenheit dazu. Es ist eine Chance und eine Herausforderung, aber ich würde die Chance immer in den Mittelpunkt stellen."

Russland und Belarus ausgeschlossen

In Eugene treten insgesamt rund 1.900 Athleten aus 192 Ländern an. 49 Goldmedaillen werden vergeben, zum ersten Mal soll eine Team Trophy an die erfolgreichste Nation gehen. In der Nationenwertung zählt das Erreichen der ersten acht Plätze, die mit entsprechender Punktzahl verbunden sind.

Russland und Belarus sind wegen des Ukraine-Krieges von der WM ausgeschlossen worden. Schon seit 2015 durften russische Athleten aufgrund der Dopingsperre gegen Russland nur unter neutraler Flagge bei internationalen Leichtathletik-Wettkämpfen starten. Nun sind sie gänzlich außen vor.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau | 15.07.2022 | 20:20 Uhr