Elnaz Rekabi nach der Ankunft in Teheran

Nach Rückkehr in den Iran IOC - Iranische Garantien für Rekabis Sicherheit

Stand: 19.10.2022 17:55 Uhr

Die iranische Sportkletterin Elna Rekabi soll nach ihrer Heimkehr keine Repressalien wegen ihres ohne Kopfbedeckung absolvierten Wettkampfes in Südkorea fürchten müssen. Diese Garantie hat das Nationale Olympische Komitee für Iran laut Angaben des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) nach der Rückkehr der 33-Jährigen am Mittwoch (19.10.2022) abgegeben.

Rekabi sei "sicher in den Iran zurückgekehrt und bei ihrer Familie", teilte das IOC weiter mit. Die Garantien der Iraner erfolgten bei einer Zusammenkunft von Vertretern der iranischen Sportführung sowie Gesandten des IOC und des Sportklettern-Weltverbandes IFSC. Bei dem Treffen "erhielten IOC und IFSC klare Zusicherungen, dass Frau Rekabi keine Konsequenzen erleiden und weiterhin trainieren und an Wettkämpfen teilnehmen wird. Nach dem Treffen fand auch ein Telefongespräch zwischen ihr, dem IFSC, dem iranischen NOK und dem IOC statt", teilte das Komitee mit.

Kletterdurchgang ohne Hidschab

Rekabi war im Finale der Asienmeisterschaft in Seoul ohne das für iranische Sportlerinnen obligatorische Kopftuch (Hidschab) angetreten. In einem über ihren Instagram-Account verbreiteten Statement hatte Rekabi dies im Anschluss als Versehen bezeichnet.

Die Kletterin ist am Mittwochmorgen in Teheran gelandet. Rekabis Wettkampf hatte sich in den vergangenen Tagen nicht zuletzt wegen der weiterhin stattfindenden Proteste besonders von Frauen gegen das islamische Regime in Iran zu einer internationalen Affäre ausgeweitet, ihr Aufenthaltsort war zwischenzeitlich unklar.

Elnaz Rekabi - Aufenthaltsort unklar, Statement unter Zwang?

Sportschau, 18.10.2022 20:20 Uhr

Rekabi am Flughafen in Teheran gefeiert

Augenscheinlich verließ die von Familienangehörigen begrüßte Kletterin das Flughafengelände in einer kleinen Wagenkolonne, die aus einem schwarzen Van und einem weiteren Fahrzeug bestand. In der Menschenmenge am Flughafen, die anhaltend "Elnaz ist eine Heldin" skandierte, befanden sich auch zahlreiche Frauen ohne die vorgeschriebene Kopfbedeckung. "Die Sorgen um ihre Sicherheit bleiben", teilte die Menschenrechtsorganisation Center for Human Rights in Iran (CHRI) mit.

Elnas Rekabi im Iran begeistert empfangen

Sportschau, 19.10.2022 20:53 Uhr

Die Aktivenvereinigung Athleten Deutschland hatte das Internationale Olympische Komitee und den Weltsport aufgerufen, "sich für die Freiheit und Sicherheit von Elnaz Rekabi einzusetzen".

Nach ihrer Ankunft am Flughafen hatte Rekabi ein Statement im iranischen Staatsfernsehen abgegeben, in dem sie nochmals erklärte, warum sie ohne das vorgeschriebene Kopftuch angetreten war: "Aufgrund der Atmosphäre, die im Finale des Wettbewerbs herrschte, und der unerwarteten Aufforderung, meinen Lauf zu starten, habe ich mich mit meiner technischen Ausrüstung verheddert, und das hat dazu geführt, dass ich den Hidschab nicht wahrgenommen habe, den ich hätte beachten sollen", sagte Rekabi im staatlichen Fernsehen. Sie kündigte an, dass sie "jetzt nach vorgegebenem Zeitplan mit der Nationalmannschaft" zurückkehren werde.

Hier ein Video-Ausschnitt von der Erklärung Rekabis:

Amnesty-Botschafterin: "Rekabi eindeutig zu Statement gezwungen"

Dabei blieb unklar, ob Rekabi bei ihren Aussagen in einem schwarzen Kapuzenpullover und mit einer Baseball-Kappe unter Druck der Behörden stand. Nach Ansicht der britischen Amnesty-International-Botschafterin Nazanin Boniadi kann Rekabi ihre Aussagen nicht freiwillig gemacht haben: "Es ist eindeutig gewesen, dass Elnaz Rekabi zu ihrem Statement von den Behörden, die fortlaufend erpresste Bekenntnisse im Fernsehen benutzen, gezwungen worden ist."

Im Iran hat es Methode, dass das Regime öffentliche Geständnisse und Richtigstellungen von Protestierenden und unliebsamen Personen erzwingt, oft unter Androhung von Haft oder Folter, auch gegen Familienangehörige.

Nahost-Expertin zur iranischen Kletterin Rekabi

Sportschau, 19.10.2022 15:45 Uhr

Zuletzt gab es den prominenten Fall des Sängers Shervin, dessen Lied zur Hymne zu den aktuellen Protesten im Iran wurde. Der Sänger wurde festgenommen und distanzierte sich im Anschluss in einer öffentlichen Erklärung von der Protestbewegung.

Tradition inszenierter Erklärungen im Iran

Diese vom Regime inszenierten Statements hätten Tradition, sagte Katharina Willinger, Leiterin des ARD-Studio-Büros Teheran: "Menschen entschuldigen sich im Staatsfernsehen, erklären Aussagen als Versehen oder dass sie aus dem Ausland angestiftet wurden, Schlechtes über den Iran zu verbreiten." Auch im Sport habe es zahlreiche Fälle gegeben, bei denen die Machthaber Druck ausgeübt hätten.

Gilda Sahebi: "Das passiert immer wieder."

Sportschau, 19.10.2022 15:45 Uhr

Nach Einschätzung von Expert*innen erinnern auch Inhalt und Wortlaut von Rekabis Mitteilung stark an frühere Fälle erzwungener Mitteilungen. Medienberichten zufolge soll zudem Rekabis Bruder festgenommen und verhört worden sein.

Nur Dementis von Irans Offiziellen

Schon in der Nacht zum Dienstag waren demnach zahlreiche Iraner zum Hauptstadtflughafen in Teheran geströmt, um Rekabi als neue Heldin der Frauenproteste zu feiern. Doch die Straßen zum Flughafen waren in der Nacht abgeriegelt, nur Personen mit einem gültigen Flugticket erlaubte die Polizei die Weiterfahrt. Diese Angaben wurden von den iranischen Behörden nicht bestätigt.

Die iranische Botschaft in Seoul gab gegenüber der Nachrichtenagentur AFP ein Statement ab und wies darin "all die falschen Nachrichten und Fehlinformationen" über Rekabis Situation zurück. Die Sportlerin würde wie geplant mit dem Team zurück in den Iran reisen, hieß es von offizieller Seite.