Australiens Schwimmtalent Shayna Jack

ARD-Doku "Geheimsache Doping: Schuldig" Positiv aber nicht gedopt? - Shayna Jack kämpft gegen Sperre

Stand: 16.07.2021 13:30 Uhr

Seit Jahren wehrt sich die australische Schwimmerin Shayna Jack gegen eine Bestrafung aufgrund angeblichen Dopings. Nun steht eine letztinstanzliche CAS-Entscheidung über ihre Zukunft an.

Von Hajo Seppelt, Jörg Winterfeldt

Schwimmsport-Experten sahen die Australierin Shayna Jack vor einer strahlenden Zukunft. Bei den Weltmeisterschaften 2017 holte die heute 22-Jährige vier Medaillen. Doch seit dem Sommer 2019, als sie bei einer Dopingkontrolle positiv getestet wurde, liegt die Hoffnung auf eine glänzende Karriere erstmal auf Eis.

Damals wurde bei ihr das muskelaufbauende Mittel Ligandrol nachgewiesen, wenn auch nur in äußerst geringer Konzentration. Glaubt man ihren Worten, dann erwischte sie die Publikation der Nachricht von ihrem Befund mit voller Wucht: Sie habe gewusst, dass die Meldung von ihrem Positivtest "raus war, denn jemand hatte mir auf Instagram geschrieben. Ich solle mich umbringen. Weil ich eine Doperin sei", sagte sie.

"Es tat so weh, dass man mich als Person in Frage stellt. Das konnte ich nicht ertragen. Und war wütend auf alle. Ich kam mir vor wie ein völlig anderer Mensch, sodass ich mich im Spiegel selbst nicht mehr erkannte. Und ich wollte nicht mehr leben.”

Dopingjäger durchforsten Computer

Jack behauptet seither, sie habe niemals gedopt, sie hätte die Substanz nicht einmal gekannt. Ihr Problem: Doper wie Unschuldige gleichermaßen pflegen lauthals ihre Unschuld zu reklamieren. Trotz aller Beteuerungen verhängte die australische Anti-Doping-Agentur umgehend eine Vier-Jahres-Sperre.

Und das, obwohl die Dopingfahnder laut ihrer Darstellung außer der positiven Probe keine weiteren Tatnachweise beibringen konnten – nicht einmal, nachdem man im Stil einer polizeilichen Ermittlungseinheit Computer, Handy und Datenträger der Schwimmerin zur Auswertung einkassiert hätte.

Shayna Jacks Vorteil: Mit Hilfe eines gewieften Anwalts- und PR-Teams führt sie seither einen ziemlich aufsehenerregenden zweigleisigen Kampf gegen die Institutionen des Sports, um sich zu entlasten. Auf juristischem Wege geht sie den Weg durch die Instanzen. Parallel dazu gibt sie sich öffentlich als ebenso liebenswürdiger wie glaubwürdiger und unschuldiger australischer Promi-Darling. Schwimmen ist in Down Under eine der beliebtesten Sportarten.

"Pharmakologisch irrelevante Dosis”

Jacks Problem: Sie konnte keine eindeutige Erklärung abgeben, wie das Ligandrol ohne ihr Wissen in ihren Körper hätte gelangen können.

Trotzdem überzeugte sie einen Richter der Außenstelle des internationalen Sportgerichtshofs CAS in Australien: Der folgte den Erkenntnissen des von der australischen Anti-Doping-Agentur hinzugezogenen deutschen Experten Mario Thevis, Chef des Kölner Doping-Kontrolllabors. Dieser hatte erklärt: Sie habe nur eine "pharmakologisch irrelevante Dosis" aufgenommen. Ihre Werte zeigten "keine Langzeitanwendung eines Anabolikums".

Aber auch das bedeutet im Sportrecht nicht automatisch Freispruch. Der australische CAS-Einzelrichter reduzierte ihre Sperre lediglich auf zwei Jahre. Nationale wie internationale Doping-Bekämpfer befanden die mildere Sperre als unangemessen: Sie forderten weiterhin vier Jahre. Welt-Anti-Doping-Agentur und die australische Anti-Doping-Agentur gingen tatsächlich in Berufung.

Freiwilliger Olympia-Verzicht

Die Revisionsinstanz des CAS im schweizerischen Lausanne hat zu dem Fall Ende Juni zwei Tage beraten. Da hatte Jack bereits ihr Training in Brisbane wieder aufnehmen dürfen, verzichtete aber auf einen Start bei der nationalen Olympia-Qualifikation und damit auf einen Start in Tokio.

Shayna Jack zeigt sich desillusioniert. "Ich möchte nicht, dass andere Sportler das durchmachen müssen, was ich durchgemacht habe." Und sagt mit einem gewissen Pathos: "Irgendwann wird ein Athlet das nicht überstehen, solchen Organisationen wie Australiens Anti-Doping-Agentur oder anderen auf der Welt würde Blut an den Händen kleben.”