Sportpolitik | DOSB DOSB-Führungskrise: Vorstandschefin Rücker legt Amt nieder

Stand: 12.11.2021 19:46 Uhr

Im Wirbel um einen anonymen Brief aus dem Mitarbeiterkreis verliert auch DOSB-Vorstandschefin Veronika Rücker ihren Posten. Das steckt dahinter.

Der Brief, mit dem sich das ehemalige Vorstandsmitglied im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) Karin Fehres gegen massive Vorwürfe der Verbands-Spitze zur Wehr setzte, veranlasste den Dachverband nun zum Handeln: Die Vorstandsvorsitzende Veronika Rücker wird ihr Amt zum 31. Dezember 2021 niederlegen. Das teilte der DOSB am Freitagnachmittag (12.11.2021) in einer gemeinsamen Erklärung von DOSB-Präsident Alfons Hörmann und Rücker mit.

DOSB im Krisenmodus

Rund 72 Stunden brauchte der DOSB, der sich seit Frühjahr im Krisenmodus befindet, um zu reagieren. Ein anonymer Brief vom 6. Mai, der von der "Mitarbeiterschaft" unterschrieben war, brachten Präsidium und Vorstand in die Bredouille und den Dachverband ins Chaos. In dem Schreiben wurden schwere Vorwürfe über Umgangs- und Führungsstil des Spitzenpersonals erhoben.

Als Autorin dieser Mail deuteten die DOSB-Verantwortlichen mit Hilfe eines angeblichen Sprachgutachtens die 62-jährige ehemalige Kollegin Fehres aus: "Wir mussten aufgrund der Hinweise davon ausgehen, dass eine Autorenschaft außerhalb der Mitarbeiterschaft des DOSB in Frage kommt. Deshalb haben wir einen Sprachgutachter beauftragt, das anonyme Schreiben einer wissenschaftlich fundierten Prüfung zu unterziehen", hieß es in der Erklärung.

Konflikt zwischen Fehres und DOSB

Wie diese Untersuchung aussah, und was festgestellt wurde, wird in dem Statement nicht dargelegt. Aber: "Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass es im Grundsatz richtig und unsere Verantwortung war, zum Schutze des DOSB den Hintergründen des Schreibens nachzugehen."

Der Konflikt zwischen Fehres und DOSB schwelt offensichtlich schon länger: Man habe zwei Versuche zu einer außergerichtlichen Klärung mit dem ehemaligen Vorstandsmitglied unternommen, rechtfertigen die DOSB-Verantwortlichen ihr Vorgehen. Fehres hatte in ihrem Schreiben erklärt, dass Hörmann, die Vorstandsvorsitzende Rücker und der zuständige Vorstand Finanzen/Personal, Thomas Arnold, sie mittels einer Anwaltskanzlei bedrängt hätten, sich als Autorin zu bekennen.

Die Unterstützung bröckelt

Fehres wählte den Weg in die Öffentlichkeit. "Um den Vorgang nicht weiter eskalieren zu lassen, haben der Vorstand und Alfons Hörmann als persönlich Betroffener unmittelbar nach einer entsprechenden Empfehlung der Ethik-Kommission Ende Oktober entschieden, keine weiteren rechtlichen Schritte zu unternehmen", schreiben Hörmann und Rücker, die die "volle Verantwortung" für den gesamten Vorgang übernehmen, "in den der Vorstand sowie einzelne Präsidiumsmitglieder nur teilweise eingebunden waren. Dies gilt insbesondere für das Schreiben des Anwalts, dessen Inhalte ausschließlich durch uns freigegeben wurden." Am Freitagvormittag wusste Karin Fehres noch nichts davon, dass man nicht mehr gegen sie rechtlich vorgehen wolle.

Der Druck nach diesem neuerlichen desaströsen Krisenmanagement war wohl nun zu groß geworden. Und die Unterstützerfront bröckelt mittlerweile. So distanzierten sich die Deutsche Sportjugend und der Turnerbund öffentlich vom Umgang mit Fehres.

Rücker-Rücktritt reicht nicht

Der Rücker-Rücktritt reicht vielen aber nicht. Die Frage ist auch, wie es mit dem zuständigen Vorstand für Finanzen und Personal, Thomas Arnold, weitergeht, der auch in das Vorgehen gegen Fehres involviert war. Immer mehr Verantwortliche äußern sich dahingehend, dass die gesamte Führungsspitze aus Präsidium und Vorstand abgelöst werden müsse, um einen Neustart hinzubekommen. Und ob der überhaupt gelingen kann, ist mehr als fraglich.

Die Causa Fehres ist vor allem eine Causa Hörmann, der bis zum 4. Dezember an der Spitze des Dachverbandes stehen will. Sein Festhalten am Präsidentenamt bedeutet eine massive Belastung für die angestrebte Neuausrichtung des Verbandes. Es kommt vor allem auf die  Mitgliedsverbände an, die sich am Sonntag in Düsseldorf zum Kandidatenstelldichein treffen.

Die drei KandidatInnen, die die Findungskommission ausgedeutet hat: Claudia Bokel, Stephan Mayer und Thomas Weikert, müssen sich den Fragen der Mitgliedsorganisationen stellen. Die Suche nach dem  neuen Präsidenten oder der neuen Präsidentin kann aber nicht allein Thema in Düsseldorf sein. Die Verbände sind nun in der aktuellen Situation gefordert. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Erklärung von Hörmann und Rücker mehr Fragen als Antworten gibt.