"Bis spätestens Mitte November" Mit Kommission und Beratung: DOSB regelt Hörmann-Nachfolge 

Stand: 24.08.2021 10:30 Uhr

Der Deutsche Olympische Sportbund intensiviert seine Präsidenten-Suche und plant unter Hochdruck die Post-Hörmann-Ära. Ein Anwärter auf den Posten kommt einer Kandidatur näher.

Dass wichtige Personalentscheidungen schon im Vorfeld einer Wahl im stillen Kämmerlein geregelt werden, hat im deutschen Sport Tradition. Auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) setzt nun mal wieder alles daran, die Nachfolge des scheidenden Präsidenten Alfons Hörmann vor der Mitgliederversammlung am 4. Dezember in Weimar in die Wege zu leiten. Das soll möglichst geräuschlos und ohne öffentliche Debatte geschehen – mithilfe einer Findungskommission und einer Personalberatungsagentur.

"Die Konstituierung der Findungskommission und der Beginn des Prozesses der Personalfindung müssen angesichts der knappen Zeit [...] bereits im September/Oktober 2021 stattfinden", schreibt Ingo Weiss, der Sprecher der mächtigen DOSB-Spitzenverbände, in einer internen Mail an die Führungskräfte der Spitzenverbände. Diese Mail liegt der ARD-Dopingredaktion vor: "So hoffen wir, bis spätestens Mitte November 2021 geeignete Kandidat*innen gefunden zu haben." Weiss kümmert sich seit Hörmanns Rückzugsankündigung Mitte Juni federführend um die Planungen einer Neuordnung des Dachverbandes.

Sechs- bis achtköpfige Findungskommission

Die Findungskommission soll laut Weiss aus "sechs bis acht Personen" gebildet werden: Neben drei Vertretern aus den DOSB-Mitgliedsorganisationen sollen "ein/e PolitikerIn (nicht aktiv)", ein ehemaliger Spitzensportler oder eine ehemalige Spitzensportlerin sowie Vertreter aus der Kirche oder einer Nicht-Regierungsorganisation (NGO), aus dem Bereich Wissenschaft/Kultur sowie aus der Wirtschaft dem Gremium angehören.

Hörmann hatte nach knapp acht Jahren an der DOSB-Spitze, Attacken aus den eigenen Reihen und harscher Kritik an der Verbandsführung seinen Rückzug angekündigt. Sein Nachfolger soll nicht nur intern die Reihen schließen und stockende Reformprojekte in dem riesigen Dachverband (knapp 28 Millionen Mitgliedschaften in über 90.000 Vereinen) vorantreiben, sondern auch die schwer beschädigten Beziehungen etwa ins politische Berlin und zum Internationalen Olympischen Komitee kitten.

Zehntausende Euro für Personalberatung

Basketball-Verbandspräsident Weiss, der nach eigenem Bekunden keine Ambitionen auf das höchste DOSB-Amt hat, bereitet mit den Sprechern der Landessportbünde (Jörg Ammon/Bayern) und der "Verbände mit besonderen Aufgaben" (Barbara Oettinger) seit dem Frühsommer mit Hilfe mehrerer Arbeitsgemeinschaften die Post-Hörmann-Ära vor. In puncto Chefposten benötigen die Sportfunktionäre allerdings externe Hilfe. Es sei "einhellige Meinung", hieß es in Weiss‘ Schreiben am Montag, "dass man bezüglich der Personalfindung und Betreuung des gesamten Prozesses eine Personalberatungs-Agentur beauftragen sollte".

Die Kosten für die Dienste des bevorzugten Düsseldorfer Unternehmens belaufen sich auf 25.000 bis 35.000 Euro. Die zweite Wahl der Arbeitsgruppe, ein Berliner Headhunter, ruft sogar bis zu 120.000 Euro auf. Die Zahlen gehen aus der Empfehlung der "Unterarbeitsgruppe externe Begleitung" hervor, die der ARD vorliegt. Die "AG Personal" legt in ihrem Anforderungsprofil des DOSB-Präsidenten großen Wert auf "Softskills", die nach Meinung von Kritikern Hörmann besonders fehlen: "Teamfähigkeit und Führungskompetenz", "Kommunikations- und Verhandlungskompetenz", "Kritikfähigkeit" und "emotionale Intelligenz".

Stärkung des Breitensports, mehr Einfluss in Berlin

Die vielschichtigen Entscheidungsvorlagen aus den AGs sollen in der nächsten Sitzung der Verbändegruppen um Weiss, Ammon und Oettinger am 16. September "abschließend diskutiert" werden. Konkrete Vorschläge betreffen unter anderem eine Stärkung des Freizeit- und Breitensports, der dem Spitzensport im DOSB gleichgestellt werden soll, "ohne dass man dafür beim Spitzensport explizit etwas wegnimmt", schreibt die "AG Struktur".

Zudem soll der Sport wieder mehr Einfluss in der Bundespolitik gewinnen, die "Ressourcen des DOSB in Berlin" sollen verstärkt werden. Um die Chance zu erhöhen, Olympische Spiele und andere Großveranstaltungen nach Deutschland zu holen, gelte es, "auf Seiten der Politik, aber insbesondere auch auf Seiten des organisierten Sports das internationale Netzwerk auszubauen und mit Inhalten und Kompetenz zu untersetzen".

Weikert kandidiert nicht mehr als ITTF-Präsident

Öffentliche Diskussionen über die Hörmann-Nachfolge oder Inhalte sollen offenbar vermieden werden. Weiss schreibt, man sei sich einig, dass "in Sachen DOSB-Neustrukturierung und -Personalfindung" ein "geeintes, abgestimmtes und gemeinsam kommuniziertes Zusammenwirken und Vorgehen von entscheidender Bedeutung" sei.

Bislang hat nur Martin Engelhardt öffentlich seine Bereitschaft zur Kandidatur bekundet. Der Präsident der Deutschen Triathlon Union hatte 2018 kurzfristig gegen Hörmann kandidiert und verloren. Nach ARD-Informationen würde Engelhardt aber zugunsten eines weiteren Kandidaten verzichten: Thomas Weikert. Der Präsident des Tischtennis-Weltverbandes kommt einer Kandidatur als DOSB-Präsident derweil einen Schritt näher. Für eine weitere Amtszeit in der ITTF müsste der Rechtsanwalt aus Limburg nach Satzung des Weltverbandes bis Ende der Woche seinen Hut in den Ring werfen – worauf er nach ARD-Informationen aber verzichten wird.