Erster Einsatz von Beginn an Sancho und das englische Nationalteam fremdeln noch

Stand: 04.07.2021 07:02 Uhr

Die englischen Stimmen, die Jadon Sancho in der Startelf des englischen Teams sehen wollten, wurden zuletzt immer lauter. Gegen die Ukraine hat der 21-Jährige diesen Wunsch erfüllt bekommen. Allerdings ließ er sehr viel von dem vermissen, was ihn bei Borussia Dortmund so außergewöhnlich gemacht hat.

Jadon Sancho steht für Spektakel. Zumindest wenn man sich an seine Jahre bei Borussia Dortmund erinnert: unwiderstehliche Dribblings, tolle Tore, sehenswerte Zuspiele. All das hat ihn in der Bundesliga zu einem der besten Offensivspieler der jüngeren Vergangenheit gemacht. Nicht zuletzt wegen dieser Befähigung hat sich Manchester United den 21-Jährigen während dieser Woche rund 85 Millionen Euro kosten lassen - und Sancho in die Premier League geholt.

Diese außergewöhnlichen Fähigkeiten hätte auch die englische Öffentlichkeit gerne schon häufiger bei der EM gesehen. Allerdings hat Trainer Gareth Southgate diesen Wunsch beinahe schon stoisch ignoriert. Ganze sechs Minuten Einsatzzeit gönnte der Coach dem Dribbelkünstler vor dem Viertelfinale gegen die Ukraine.

Ein kleiner Auftritt in der ersten Hälfte

Gegen die Osteuropäer wendete sich dann aber überraschend das Blatt - Sancho sollte sein Chance in der Startelf bei den "Three Lions" bekommen. Die Idee hinter dieser Entscheidung Southgates war schnell zu erkennen. Der 50-Jährige erwartete eine überaus defensiv eingestellte Mannschaft der Ukraine, die mit einer Fünfer-Abwehrkette verteidigen würde. Und Sancho sollte auf der rechten offensiven Seite nah an der Außenlinie "kleben" bleiben, um dann mit seinem Tempo nach innen zu ziehen und Unruhe in die gegnerischen Abwehr zu bringen.

Allerdings brachte der frühe Führungstreffer von Harry Kane (5. Minute) die Planungen durcheinander. Die Engländer schalteten danach direkt in den Verwaltungsmodus, spielten vor allem quer und zurück - und Sancho bekam kaum einmal einen Ball. Das Bild änderte sich auch nach 15 Minuten nicht, als Sancho auf die linke Seite wechselte. Nach 21 Minuten hatte der Ex-Dortmunder dann seinen ersten kleinen Auftritt, als er - nach einem abermaligen Seitenwechsel - seine eigentliche Aufgabe erfüllte, und mit dem Ball von der rechten Seite in die Mitte zog. Aber die Mannschaft fremdelte mit Sancho und übersah ihn danach wieder ein ums andere Mal.

So gut wie nichts von Sancho zu sehen

Als die Ukrainer dann nach gut 25 Minuten auf eine Viererkette wechselten, änderte auch Southgate seine Taktik und Sancho gab zwischenzeitlich neben Harry Kane fast die zweite Sturmspitze. Nur noch einmal wurde Sancho im ersten Durchgang auffällig, als er nach 39 Minuten mit einem Drehschuss aus zwölf Metern Torhüter Bushchan prüfte. Sancho wirkte ungewohnt zurückhaltend, ging kaum einmal ins Risiko, spielte lieber den Ball ab, als selbst etwas zu versuchen. Er machte keine Fehler, aber er bewirkte auch kaum etwas.

Dieses Bild zeichnete Sancho auch in der zweiten Hälfte. Obwohl das englische Team innerhalb von 20 Minuten drei Treffer erzielte - von Sancho war so gut wie nichts zu sehen. Auch bei der neuerlichen Systemumstellung Southgates auf ein 4-1-4-1, bei dem Sancho wieder auf der rechten offensiven Seite seinen Platz einnahm, fiel er nicht weiter auf. Da, wo es gefährlich wurde, da, wo er so häufig den offensiven Rhythmus bestimmt, war in dieser Partie nicht sein Platz.

Keine Empfehlung für das Halbfinale

Mit diesem unauffälligen, fast schon zaghaften Auftritt dürfte sich Jadon Sancho auf den ersten Blick kaum für einen Einsatz im Halbfinale gegen Dänemark empfohlen haben. Aber womöglich sieht Southgate in ihm wieder eine taktische Option, mit der kaum jemand rechnet.