EURO 2020 Absage an München - UEFA färbt Logo in Regenbogenfarben

Stand: 23.06.2021 13:30 Uhr

Das Münchner Stadion darf beim Spiel Deutschland gegen Ungarn nicht in Regenbogenfarben beleuchtet werden - das Logo der UEFA schon. Nicht nur Münchens Oberbürgermeister Reiter kritisiert den Verband.

Am Mittwochmittag (23.06.2021) sah das Logo der UEFA auf Twitter plötzlich so aus, wie sich das nicht nur Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter für das Stadion seiner Stadt beim letzten Vorrundenspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Ungarn vorgestellt hatte. Eigentlich ist das Logo der UEFA ja ein rotes, blaues und weißes - doch nun waren stattdessen die Regenbogenfarben zu sehen. "Die UEFA ist stolz darauf, heute die Farben des Regenbogens zu tragen", schrieb der Verband dort.

Einige Leute hätten die UEFA-Entscheidung am Tag zuvor als "politisch interpretiert", hieß es weiter: "Doch im Gegenteil: Die Anfrage war politisch." Für die UEFA sei der Regenbogen jedenfalls "kein politisches Symbol, sondern ein Zeichen unseres festen Engagements für eine vielfältigere und integrativere Gesellschaft".

Münchens Stadion darf nicht erstrahlen

Tags zuvor hatte die UEFA einen Antrag des Münchner Stadtrats abgelehnt, der mit einer Beleuchtung des Stadions in Regenbogenfarben ein Signal für Vielfalt und selbstbestimmte Lebensformen sexueller Orientierung gefordert hatte. Die UEFA nannte den Vorschlag einen politischen - er müsse deshalb abgelehnt werden.

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter kritisierte die UEFA mit deutlichen Worten. "Ich finde es beschämend, dass die UEFA uns verbietet, ein Zeichen für Weltoffenheit, für Toleranz für Respekt und für Solidarität mit den vielen Menschen in der LGBTIQ-Community abzugeben", sagte der SPD-Politiker. Auch den DFB griff Reiter an: "Ich finde es sehr enttäuschend, dass der DFB sich nicht in der Lage sah - oder sich nicht in der Lage sehen wollte - dieses Ergebnis zu beeinflussen.

Über die UEFA hinwegsetzen? Geht nicht, sagt OB Reiter

Sich über die Entscheidung der UEFA hinwegzusetzen, sei nicht möglich, so OB Reiter. Das Stadion sei kein Eigentum der Stadt München: "Damit bin ich leider nicht der Dienstvorgesetzte der Beschäftigten dort. Die Arena sagt zurecht, sie hat einen Mietvertrag mit der UEFA - den will sie erfüllen und nicht vertragswidrig verhalten." Das Stadion befindet sich im Besitz der "Allianz Arena München Stadion GmbH", die wiederum eine hundertprozentige Tochter der FC Bayern München AG ist.

In sozialen Netzwerken hatten viele Menschen das Drücken der entsprechenden Knöpfe gefordert. Der englische Ex-Profi und heutige TV-Experte Gary Lineker schrieb: "Macht es, München. Macht es. Macht ein Licht, das die ganze Welt sehen kann."

München will anders Zeichen setzen

Reiter berichtete, dass München nun andere Wege finden wolle. "Wir werden uns nicht davon abhalten lassen, ein deutliches Signal nach Ungarn und in die Welt zu senden, dass wir uns davon nicht beeindrucken lassen", sagte Reiter. Vorbehaltlich einer Zustimmung des Stadtrats soll das Rathaus mit Regenbogenflaggen geschmückt werden, außerdem sollen der Olympiaturm und ein Windrad in unmittelbarer Nähe des Stadions in Regenbogenfarben beleuchtet werden.

Blick auf das Münchener Stadion: Davor das Windrad, welches beleuchtet werden soll.

Blick auf das Münchener Stadion: Davor das Windrad, welches beleuchtet werden soll.

Das Stadion soll trotzdem bunt strahlen. Der Dachverband des deutschen Christopher Street Days (CSD) wird mit Partnern wie Amnesty International den Fans 11.000 Fahnen zur Verfügung stellen. "Wir als Verband finden es sehr befremdlich, wie die UEFA mit Werten umgeht, die in der Gesellschaft allgemein akzeptiert werden sollten", sagte der Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD), Markus Ulrich: "Die UEFA hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt - und es ist klar zu erkennen, auf welche Seite sie sich mit ihrer Entscheidung stellt."

Zuvor hatte Reiter in einem Schreiben die UEFA im Namen des Stadtrats zu der Beleuchtung aufgefordert, um "ein Zeichen im Sinne der Weltoffenheit und Toleranz" zu setzen sowie "ein weithin sichtbares Signal für unser gemeinsames Werteverständnis" auszusenden.

UEFA lehnt Vorschlag als politisch ab und bezeichnet sich als "politisch neutral"

Der Münchner Vorstoß richtete sich gegen die Politik der rechtsnationalen Regierung Ungarns unter Ministerpräsident Viktor Orban. Hintergrund des Protestes ist ein Gesetz, das die Informationsrechte von Jugendlichen in Hinblick auf Homosexualität und Transsexualität einschränkt und das erst am vergangenen Dienstag vom ungarischen Parlament gebilligt wurde. Das Gesetz gilt als besonderes Anliegen von Ministerpräsident Orban.

Das nahm die UEFA zum Anlass, den Vorschlag abzulehnen. "Die UEFA ist gemäß ihrer Satzung eine politisch und religiös neutrale Organisation. Angesichts des politischen Kontextes dieses speziellen Antrags - eine Botschaft, die auf eine Entscheidung des ungarischen nationalen Parlaments abzielt - muss die UEFA diesen Antrag ablehnen", hieß es vom Verband.

UEFA und DFB bieten Alternativen an, Reiter nennt sie "lächerlich"

Die UEFA ergänzte, sie habe "der Stadt München dennoch vorgeschlagen, das Stadion entweder am 28. Juni - dem Christopher Street Liberation Day - oder zwischen dem 3. und 9. Juli, der Christopher Street Day-Woche in München, in den Regenbogenfarben zu beleuchten." Das letzte EM-Spiel in München findet am 2. Juli statt. Diesen Vorschlag nannte Reiter "lächerlich". Das Stadion am Christopher Street Day zu beleuchten, "darauf sind wir schon selber gekommen".

DFB-Interimspräsident Rainer Koch sagte in der Sportschau, dass er sich nach der Absage der UEFA für solche Alternativen eingesetzt habe. Zuvor hatte Koch bei Facebook dieselbe Argumentation wie die UEFA vertreten, es handele sich bei der Beleuchtung "nicht mehr um ein bloßes Statement im gemeinsamen Kampf gegen jede Form von Diskriminierung, sondern um eine politische Aktion". Koch ist Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees.

Mehrere Bundesliga-Standorte wollen Farbe bekennen

Als Reaktion auf das Verbot der UEFA wollen Verantwortliche aus der Bundesliga ihre Stadien in Regenbogenfarben leuchten lassen. "Wenn München am Mittwoch nicht darf, dann müssen eben die anderen Stadien im Land Farbe bekennen. Auf jetzt, Kollegen in der Liga", twitterte Vorstandssprecher Axel Hellmann von Eintracht Frankfurt: "Das Waldstadion bleibt bunt!"

Dieselben Vorhaben gibt es auch an anderen Standorten. Andere Bundesligaklubs erklärten sich solidarisch, einige können aus technischen Gründen aber nicht an der Aktion teilnehmen.