Spiel gegen Deutschland Rückkehrer Benzema macht Frankreich noch gefährlicher

Stand: 15.06.2021 08:00 Uhr

Nach sechs Jahren Zwangspause und Vorwürfen, an der Erpressung eines Mitspielers beteiligt gewesen zu sein, ist Karim Benzema zurück in der Nationalelf und macht den Weltmeister noch gefährlicher. In Frankreich ist die Euphorie groß, auf die DFB-Elf rollt ein Traum-Sturm zu.

Es gibt sicher leichtere Auftaktgegner bei einer Europameisterschaft als den Weltmeister. Dass das deutsche Nationalteam genau dieses Los gezogen hat und sich am Dienstag (15.06.2021, 21 Uhr) in München direkt mit Frankreich rumärgern muss, ist nun schon länger bekannt. Dass die DFB-Elf jedoch nicht nur Sprints von Kylian Mbappe und Dribblings von Antoine Griezmann abwehren, sondern auch noch ein Gegenmittel gegen die Wucht von Karim Benzema finden muss, ist relativ neu.

Frankreich Nationalcoach Didier Deschamps begnadigte den Mittelstürmer vor rund einem Monat und verkomplizierte die Aufgabe der DFB-Elf damit enorm.

Benzema elektrisiert die französischen Fans

Benzema, der in zwölf Spielzeiten bei Real Madrid unglaubliche 279 Pflichtspiel-Tore erzielt hat, ist nach sechs Jahren Zwangspause zurück im Nationalteam. "Es war mental hart. Aber ich habe nie aufgehört, daran zu glauben", sagte er auf seiner emotionalen Comeback-Pressekonferenz und versetzte die ohnehin euphorischen Fans in EURO-Ekstase. Die Trikotverkäufe stiegen nach der Bekanntgabe von Benzemas Nominierung um 2.400 Prozent an. Große Überraschung, noch größere Freude.

Noch vor wenigen Monaten schien die Teilnahme Benzemas an der EURO 2020 komplett unrealistisch. Nachdem der heute 33-Jährige im Jahr 2015 von Coach Deschamps im Zuge einer Erpressungs-Affäre, die im Oktober vor Gericht verhandelt wird, aus dem Kader verbannt worden war, waren die Fronten verhärtet.

Deschamps mit Rolle rückwärts

Benzema, der an der Erpressung seines ehemaligen Teamkollegen Mathieu Valbuena beteiligt gewesen sein soll, warf Deschamps Rassismus vor und fühlte sich vom Verband verraten. Deschamps und FFF-Präsident Noel Le Graet schalteten auf der Gegenseite lange auf Durchzug und lehnten eine Begnadigung ab. "Les Bleus brauchen Benzema nicht mehr", betonte Le Graet noch im Februar.

Nach vielen längeren Gesprächen und einem Riesen-Sprung über seinen eigenen Schatten vollführte Deschamps dann kurz vor der EURO doch noch die Rolle rückwärts und berief Benzema in seinen Kader. "Eine exzellente Entscheidung", bejubelte Le Graet die Rückkehr der ehemaligen Persona non Grata und gratulierte Deschamps zu dieser Entscheidung. Einen möglichen Zusammenhang mit akuten Sturmzentrums-Problemen zu Beginn des Jahres wollten beide nicht herstellen.

Benzema kommt im Team gut an

Doch wie kommt die Berufung von Benzema im Team an? Laut "L’Equipe"-Reporter David Fioux sehr gut. "Er ist sehr bescheiden zurückgekommen. In der Mannschaft gibt es keine Probleme", sagte er im Gespräch mit der Sportschau.

Entscheidend ist wohl aber auch an dieser Stelle, dass Benzema den Topfavoriten auf den EM-Titel noch einmal besser macht und das Traum-Sturm-Puzzle komplettiert. Mbappe mit seiner Power und Griezmann mit seinen Ideen auf den Flügeln, dazu Benzema mit seiner Torgefährlichkeit im Zentrum. Mit Olivier Giroud oder dem nicht nominierten Anthony Martial auf dieser Position war Frankreich sehr gut, jetzt ist der französische Angriff ein Natur-Schauspiel.

Namen schießen keine Tore

Die DFB-Elf und Bundestrainer Joachim Löw werden Mbappe, Benzema und Griezmann eine Dreierabwehrkette mit Champions-League-Sieger Antonio Rüdiger, Mats Hummels und Matthias Ginter entgegenstellen und zudem wohl Joshua Kimmich als zusätzlichen Wellenbrecher gegen Mbappe auf rechts ziehen. Sollte die deutsche Defensive dieses Spiel einigermaßen unbeschadet überstehen, wäre das ein Ausrufezeichen. Der Härtetest kommt direkt im ersten Spiel.

Mut könnte der DFB-Elf ein Blick auf die WM 2002 machen. Damals hatten die Franzosen mit Thierry Henry, David Trezeguet und Djibril Cisse die Torschützenkönige der englischen, italienischen und französischen Liga im Kader und waren bereit für den Titelgewinn. Nach drei Spielen mit zwei Niederlagen und null geschossenen Toren war nach der Vorrunde Schluss und das französische Starensemble trat die Heimreise an. Auf eine Wiederholung dieser Geschichte sollte sich die deutsche Nationalelf allerdings nicht verlassen.