Spieltaktische Umstellungen bringen entscheidende Vorteile Dänemarks Taktik-Kniffe zu gut für Wales

Stand: 26.06.2021 21:58 Uhr

Dänemark sah sich im ersten Achtelfinalspiel der EURO 2020 stürmisch angreifenden Walisern entgegen. Bis ihr Trainer Hjulmand sich zu einem taktischen Wechsel entschloss. Der die Partie in Richtung der Skandinavier kippen ließ.

Noch gut eine halbe Stunde nach Abpfiff der Partie zwischen Dänemark und Wales (4:0) stand das siegreiche Team auf dem Rasen der Amsterdamer Arena und schaute sich mit dem Rest der verbliebenen Fans auf den großen Anzeigetafeln die Zusammenfassung ihres fulminanten Erfolges an.

Sie hatten Spaß, klar - schließlich war ein Tor schöner als das andere. Die spielentscheidende Maßnahme war bei den schnell zusammengestrickten Highlights aber kaum auszumachen. Denn sie war taktischer Natur. Und so etwas bedarf ein wenig gründlicherer Untersuchung.

Entscheidend: Christensen vor, Maehle und Stryger zurück

Und die geht in etwa so: Es war so um die 20. Spielminute herum, da hatte Dänemarks Chefcoach Kasper Hjulmand mal wieder einen lichten Moment. Er dirgierte seinen Innenverteidiger Andreas Christensen auf die Sechser-Position und stellte seine Dreier-Abwehrkette auf einen Vierer-Riegel um, indem er Simon Kjaer und Jannik Vestergaard die beiden zuvor offensiver orientierten Außenspieler Joakim Maehle (links) und Jens Stryger Larsen (rechts) an die Seite stellte.

Ein scheinbar kleiner Kniff nur - der aber saß. Zum wiederholten Mal übrigens. Auch gegen Russland (4:1) hatte Hjulmand zu diesem Wechsel gegriffen, als sein Team in der Anfangsphase kaum Zugriff im Mittelfeld bekommen hatte. Gegen Wales wiederholte sich dieses Szenario in den ersten Minuten, als die Waliser mächtig Druck gemacht hatten. Immer wieder waren sie - vor allem über Gareth Bale - in Richtung dänisches Tor gestürmt, Bale selbst hatte in der 10. Minute mit einem satten Linksschuss sogar die Führung auf dem Fuß. Und die Dänen liefen hinterher.

Wales war bis zur 20. Minute die klar bessere (7:4 Torschüsse), zweikampfstärkere (55 Prozent gewonnen) und passsicherere Mannschaft (Dänemark hatte bis zum1:0 eine Fehlpassquote von 19 Prozent).

Überzahl im Mittelfeld führt zum 1:0

Bis zu Hjulmands Umstellung, die alles änderte. Denn mit Christensens Vorrücken bekamen die Dänen Überzahl im zentralen Mittelfeld, die den beiden jungen Offensiv-Technikern Kasper Dollberg und Mikkel Damsgaard den Rücken frei machte. Plötzlich konnten sie ihre tiefen Läufe in die Spitze wagen, ohne die defensive Stabilität ihres Teams ins Wanken zu bringen. Konnten zu ihren Dribbings ansetzen - ohne Sorge, dass ein verlorener Ball in der Rückwärtsbewegung gleich Unterzahl im Zentrum bedeutete. Christensen war ja als Absicherung hoch stehend stets zum Eingreifen bereit.

Die Waliser hatten keine Mittel gegen diese Umstellung und kassierten schon bald - in der 27. Minute - das 0:1. Damsgaard hatte vorbereitet, Dollberg vollstreckt. "Die Dänen werden wieder umstellen und ein Abwehr-Bollwerk errichten. Das wird enorm schwer für die Waliser", hatte Sportschau-Experte Bastian Schweinsteiger schon in der Pause angekündigt. Und als kurz nach dem Seitenwechsel Dollberg zum 2:0 nachlegte, war die Partie tatsächlich entschieden.

Schweinsteiger prophezeit - Hjulmand reagiert wie erwartet

Taktik-Fuchs Hjulmand stellte - wie von Schweinsteiger prognostiziert - wieder um. Christensen rückte zurück in die letzte Kette, Dänemark baute defensiv eine Fünferkette auf, die allerdings so wenig unter Druck geriet, dass sich die beiden Außen Maehle und Stryger Larsen ganz wunderbar um die Offensive kümmern konnten. Maehle tat das auf links derart druckvoll, dass er zum auffälligsten Spieler auf dem Platz avancierte. Kurbelte an, sprintete die Linie rauf und runter - und war von den zunehmend hilflosen Walisern nicht mehr zu fassen.

Es war kein Zufall, dass ausgerechnet dem 24-Jährigen der Treffer zum 3:0 gelang. Maehle, der im Winter vom belgischen Klub KRC Genk zu Atalanta Bergamo in die italienische Serie A gewechselt war, vollendete einen beinahe perfekt gespielten Konter der Skandinavier zum 3:0. "Für mich war Maehle der Mann des Spiels", urteilte nach der Partie Schweinsteiger. Trainer Hjulmand hätte dieses Prädikat sicher auch verdient gehabt. Sein taktisches Geschick hatte den Sieg gebracht.