Italien nach dem Halbfinal-Einzug Italiens Ciro Immobile - der verschmähte Torjäger

Stand: 03.07.2021 18:35 Uhr

Ciro Immobile gehört nicht nur bei dieser EURO zu den besten Mittelstürmern. Dennoch hat der Nationalspieler in seiner Heimat ein Imageproblem. Seine Schauspieleinlage mit anschließender Wunderheilung im Viertelfinalspiel gegen Belgien war ebenfalls nicht förderlich.

Für seine spektakuläre Schauspieleinlage im Spiel gegen Belgien erntete Italiens Stürmerstar Ciro Immobile Hohn und Spott im Internet. Kurz vor dem 1:0 war Immobile nach einem Zweikampf wie vom Blitz getroffen zu Boden gegangen und hielt sich schmerzverzerrt das Bein. Als Nicolo Barella zum 1:0 traf, sprang er auf und rannte zum Torjubel - sein Schmerz war wie weggeflogen. Viele spotteten über diese vermeintliche Blitzheilung.

Trotz vieler Tore - Immobile fehlt die Anerkennung

Und auch sonst ist Immobile keiner, der von den Fans gefeiert wird. Dabei gewann der 31-Jährige im vergangenen Jahr den Goldenen Schuh als Europas bester Torjäger. Seine Bilanz der vergangenen fünf Jahre ist durchaus vorzeigbar: 23, 29, 15, 36 und zuletzt 20 Tore erzielte er für Lazio Rom. Nur Robert Lewandowski, Lionel Messi und Cristiano Ronaldo haben in dieser Zeit öfter getroffen.

Trotz dieser enormen Treffer-Quote: Immobile wird oft verschmäht, die Anerkennung bleibt ihm auch in Italien verwehrt. "Wenn er in einem anderen Land geboren wäre", sagte damals sein Nationalmannschaftskollege Alessandro Florenzi, "wäre er ein Nationalheld."

Kein Erfolg im Ausland - teures Missverständnis mit Dortmund

Aber warum schafft es der Angreifer nicht, sich in die Herzen der "Tifosi" zu spielen? Zum einen wird ihm mangelnde Spielstärke vorgeworfen: Er könne nur für Lazio treffen, weil das Spiel der Römer auf ihn ausgerichtet sei, er könne nur gegen kleine Gegner erfolgreich sein, und er spiele oft zu passiv.

Zum anderen konnten auch seine Auslandsaufenthalte nicht dazu beigetragen, an Wertschätzung zu gewinnen. 2014 kam Immobile als Torschützenkönig der Serie A vom FC Turin zu Borussia Dortmund - ein 20 Millionen Euro teures Missverständnis. Er sollte Robert Lewandowski ersetzen, der zum FC Bayern gewechselt war. Aber in 34 Spielen traf er nur zehn Mal. "Die Deutschen sind kalt. In acht Monaten hat mich kein Mitspieler nach Hause zum Essen eingeladen", sagte er einmal über seine Zeit bei Dortmund.

Nach nur einer Saison wechselte er zum FC Sevilla. Doch auch dort konnte sich der Italiener nicht durchsetzen. Mit dem Makel eines international gescheiterten Spielers kehrte er zurück zum FC Turin. Dort knüpfte der Stürmer an seine alten Leistungen an und wurde 2016 ins Nationalteam für die EM in Frankreich berufen. Nach dem Turnier wechselte er zu seinem aktuellen Verein Lazio Rom, wo er erfolgreich Fußball spielt - er scheint angekommen zu sein.

Mancini vertraut Immobile

Italiens Nationaltrainer Roberto Mancini baut auf Immobile - egal, was die Kritiker sagen. "Ich spüre wie nie zuvor das Vertrauen von allen, dem Trainer und der Mannschaft", so der Torjäger. Zwei Tore hat Immobile beim Turnier bislang geschossen - beide erzielte er im Stadio Olimpico in Rom, der Heimstätte von Lazio. Und das brachte ihm die nächsten Schmähungen ein: Er könne eben nur daheim treffen, nicht aber auf der internationalen Bühne.

Seine Kritiker könnten verstummen, wenn Immobilie und die "Squadra Azzurra" den EM-Titel holen. Auf dem Weg ins Finale wartet aber noch ein schwerer Brocken auf die Italiener. Im Halbfinale geht es gegen Spanien. Spielort ist das legendäre Wembley-Stadion - vielleicht gelingt Immobile ja doch noch ein "Auswärtstor" bei diesem Turnier.