Coronavirus-Pandemie Experten fordern weniger Zuschauer bei DFB-Spiel in Wembley
Vor dem Achtelfinale der DFB-Elf im Wembley-Stadion sprechen sich Experten für weniger Zuschauer aus. Auch St. Petersburg ist im Fokus.
So sprach sich SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach für weniger Zuschauer beim Duell von Deutschland gegen England im Wembley-Stadion aus.
Nach aktuellem Stand dürfen am Dienstag (18.00 Uhr/ARD) 45.000 Zuschauer im Stadion sein, zuvor waren es 21.500. Die Tickets werden nur an Besucher vergeben, die in Großbritannien oder Irland leben. Erwartet werden rund 1.500 bis 2.000 deutsche Fans.
Lauterbach fordert die Politik auf, Druck auf die Veranstalter auszuüben, dass die Gesamtzahl der Zuschauer reduziert werde. "Was man relativ sicher anbieten kann, ist, wenn jeder fünfte Platz besetzt ist. Also in Wembley wären das bei einem Fassungsvermögen von 90.000 Plätzen insgesamt 18.000 Sitzplätze", sagte Lauterbach dem "Tagesspiegel" mit Blick auf die Ausbreitung der Delta-Variante.
Auch im Kreis der Nationalmannschaft sieht man die Auslastung kritisch: Als "grenzwertig" und "alles andere als optimal" bezeichnete Robin Gosens am Sonntag die Situation. Der 26-Jährige spielt für Atalanta Bergamo und hat die Corona-Schrecken im vergangenen Jahr dort miterlebt.
Halbfinals und Finale mit 60.000 Zuschauern?
Lauterbach sieht auch weitere Spiele in der englischen Hauptstadt kritisch. "Die Halbfinals und das Endspiel sollten nicht im Londoner Wembley-Stadion stattfinden, sondern verlegt werden an einen anderen Ort", sagte der 58-Jährige.
Für die beiden Halbfinals und das Endspiel hat die Europäische Fußball-Union UEFA die Kapazität auf 60.000 Fans festgesetzt, obwohl sich in Großbritannien die Sieben-Tage-Inzidenz im Turnierverlauf auf mehr als 150 erhöht hat (Stand: 28.6.2021).
Immunologe Carsten Watzl sprach sich ebenfalls gegen EM-Spiele vor vielen Zuschauer aus. "Das ist ein Bild, das sehr irritierend ist, ehrlich gesagt", sagte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie am Montag im ZDF-"Morgenmagazin".
"Wir müssen es in Deutschland schaffen, dass wir die Ausbreitung der Delta-Variante niedrig halten. Das kann uns nur gelingen, wenn wir nicht sehr viele zusätzliche Reiserückkehrer ins Land holen. Da sind sicherlich volle Fußball-Stadien das falsche Signal", so Watzl weiter.
Stadion | Fans | Auslastung |
---|---|---|
Budapest | 61.000 | 100% |
London ab Halbfinale | 65.000 | 75% |
Kopenhagen | 25.000 | 73% |
London Achtelfinale 2 | 45.000 | 50% |
Baku | 31.000 | 50% |
Bukarest | 26.000 | 50% |
St. Petersburg | 30.500 | 50% |
Sevilla | 16.000 | 35% |
Amsterdam | 16.000 | 33% |
Rom | 14.500 | 25% |
Glasgow | 12.000 | 25% |
London Achtelfinale 1 | 21.500 | 24% |
München | 14.500 | 20% |
Zuvor hatte sich bereits die Sportausschuss-Vorsitzende des Bundestags, Dagmar Freitag, mit Blick auf die hohen Zuschauerzahlen in Wembley kritisch geäußert. "Diese Leute gehen zurück in ihre Familien, Freundeskreise und an ihren Arbeitsplatz. Ich glaube, wir werden niemals genau erfahren, welche Infektionen in welcher Zahl da passiert sind. Aber die UEFA nimmt zumindest billigend in Kauf, dass sich sehr viele noch nicht geimpfte Menschen infizieren", sagte Freitag im Gespräch mit WDR 5. "Es ist erschreckend, wie wenig Rücksicht in Zeiten einer weltweiten Pandemie der organisierte Sport auf die Gesundheit der Menschen nimmt."
Auch St. Petersburg im Fokus
Neben London stehen auch andere Spielorte wie St. Petersburg in der Kritik. Am Freitag (18 Uhr) treffen dort die Sieger der Achtelfinals zwischen Frankreich und der Schweiz sowie zwischen Kroatien und Spanien aufeinander. Trotz steigender Corona-Fallzahlen halten die lokalen Organisatoren an der Austragung fest. Auch ein Sprecher der Europäischen Fußball-Union (UEFA) bestätigte, dass "es keine Pläne gibt, den Austragungsort zu ändern". Die gesundheitliche Situation in Russland ändere "nichts für die Teams".
Am vergangenen Samstag waren 107 Corona-Tote innerhalb von 24 Stunden in St. Petersburg gemeldet worden. Laut russischen Nachrichtenagenturen ist das die höchste Zahl einer Stadt in Russland seit Beginn der Pandemie. Die Zahl der Neuinfektionen steigt seit Tagen rasant an, zudem verbreitet sich in Russland die als ansteckender geltende Delta-Variante.
Auch im Rahmen der EM kam es zu zahlreichen Infektionen mit dem Coronavirus. Finnische Behörden teilten mit, dass mehr als 80 Finnen nach der Rückkehr aus St. Petersburg, wo zwei Vorrundenspiele des EM-Neulings stattgefunden hatten, positiv getestet worden seien.