EURO 2020 Elfmeter im EM-Halbfinale - so erklärt sich der unglückliche Pfiff

Stand: 08.07.2021 11:18 Uhr

England hat das Halbfinale der EURO 2020 gegen Dänemark in der Verlängerung gewonnen - mit einem Strafstoß, dessen Zustandekommen höchst umstritten war. Sportschau-Schiedsrichterexperte Lutz Wagner sieht die Entscheidung kritisch.

In der 104. Minute ging Raheem Sterling zu Boden. Joakim Maehle hatte ihn zu Boden gebracht - so sah es zumindest Schiedsrichter Danny Makkelie aus den Niederlanden, der auf Strafstoß entschied.

"Es wäre besser gewesen, wenn er den Strafstoß nicht pfeift", sagt Sportschau-Schiedsrichterexperte Lutz Wagner. "Das hat nicht zur sonstigen Regelauslegung im Turnier und auch nicht zu der von Danny Makkelie gepasst, das ist konträr zur allgemeinen Zweikampfbewertung bisher. Es wurde eher viel laufen gelassen."

Warum der Video-Assistent nicht eingriff

Dass der Video-Assistent dem Schiedsrichter Makkelie offenbar keine Ansicht der Bilder am Monitor empfahl, findet Wagner allerdings aufgrund der Linie der UEFA nachvollziehbar, denn diese stärkt grundsätzlich die Entscheidung des Schiedsrichters auf dem Platz. "Maehle hat Sterling leicht mit dem Knie getroffen. Die Eingriff-Schwelle der UEFA ist sehr hoch, wenn ein Kontakt vorliegt", sagt Wagner.

Die UEFA-Schiedsrichterkommission geht in solchen Fällen davon aus, dass man nicht mehr von einer klaren, offensichtlichen Fehlentscheidung sprechen kann, die einen Eingriff des Video-Assistenten rechtfertigen würde. Makkelie hätte theoretisch auch das Recht gehabt, von sich aus an den Monitor zu gehen, war sich seiner Sache aber offenbar sicher.

Sterling sagt: "Klarer Elfmeter"

Das vermeintliche Opfer des Fouls rechtfertigte dagegen Makkelies Entscheidung. "Ich bin in den Strafraum gegangen, er hat sein rechtes Bein rausgehalten und er hat mich getroffen", sagte Sterling. "Also ist es ein klarer Elfmeter."

Das sahen die Dänen allerdings ganz anders. "Vor allem die Art und Weise, wie wir verloren haben, macht es ein bisschen schwieriger, das wirklich zu verstehen, denn ich hatte das Gefühl, dass es nicht ganz fair war", sagte Angreifer Martin Braithwaite stellvertretend für sein Mannschaftskollegen.

Harry Kane verwandelte den Strafstoß nicht, traf aber im Nachschuss gegen Dänemarks Torwart Kasper Schmeichel. England steht damit im Finale am Sonntag gegen Italien. "Es war nicht der beste Elfmeter, den ich je geschossen habe", sagte Kane.

Verwirrend: Ein zweiter Ball auf dem Platz

Beim Angriff über die rechte Seite war zudem ein zweiter Ball auf dem Platz zu sehen. Hätte das Spiel unterbrochen werden müssen? "Offenbar hat Makkelie keine Beeinflussung des Spielgeschehens und der beteiligten Spieler festgestellt, dann muss er auch nicht unterbrechen", sagt Wagner.

Entscheidung trübt guten Eindruck der Schiedsrichter

Bislang war es im Turnierverlauf kaum zu Diskussionen um die Schiedsrichter gekommen. Wagner führt das auf das hohe Niveau unter den Schiedsrichtern zurück. "Nur die besten Schiedsrichterteams Europas haben die Spiele geleitet. Sie sind auch ständig in den Topligen und in der Champions League im Einsatz."

Das zahlte sich lange aus - bis zum Halbfinale, bei dem sich Dänemark nun um das Finale gebracht fühlen wird.