Das deutsche Mittelfeld DFB-Elf - Toni Kroos und die abgespeckte Chefrolle

Stand: 11.06.2021 13:45 Uhr

Toni Kroos war in den vergangenen Jahren der unangefochtene Stratege in der deutschen Nationalmannschaft. Mit der neuformierten Formation haben sich die Zuständigkeiten verschoben. Kroos stellte jetzt klar, dass er sein Spiel nicht ändern werde.

Bundestrainer Joachim Löw hat in den vergangenen Wochen und Monaten intensiv an der optimalen Besetzung seiner Mannschaft für das anstehende EM-Turnier gefeilt und gebastelt. Am meisten gehobelt hat Löw am Mittelfeld. Es zeichnet sich nun ab, so die Analysen aus Testspielen und unmittelbarer Vorbereitung, dass der Nationaltrainer Joshua Kimmich aus der Zentrale auf die rechte Mittelfeld-Seite stellen wird.

Diese Umstellung bringt strukturelle Bewegungen in der Mittelfeldzentrale mit sich. Betroffen davon ist vor allem auch Toni Kroos, der im Zentrum des deutschen Spiels als gesetzt gilt. Von dort soll er in bekannter Manier neben Ilkay Gündogan die Mannschaft steuern, lenken und mit seiner einzigartigen Passschärfe und Ballsicherheit für Ruhe und Ordnung sorgen.

"Ich werde mein Spiel nicht ändern"

Auf die Frage nun, welche Rolle er, der bislang als Taktgeber im deutschen Spiel galt, in diesem neuformierten Mittelfeld-"Orchester" spielen würde, antwortete Toni Kroos auffällig knapp. "Mit dem 'galt' haben Sie die Frage ja bereits beantwortet", entgegnete Kroos auf eine Frage der ARD-Sportschau. Zu weiteren, großen Ausführungen sah der Routinier keinen Grund. Einen Satz schickte er noch hinterher: "Ich habe mein Spiel nicht verändert, und werde das auch nicht tun", sagte Kroos. Fehlte nur noch das "basta", das gut gepasst hätte, das Kroos sich aber schenkte.

Nicht erst seit gestern gibt es Mutmaßungen, dass Kroos von seiner uneingeschränkten Chefrolle in der Nationalmannschaft abrücken muss. Im Hinterkopf ist dann vor allem das letzte große Turnier, die WM 2018 in Russland. Damals konnte Toni Kroos beispielsweise die schnellen Läufe der Mexikaner nicht mitgehen. Sein überragendes Freistoßtor gegen die Schweden, das zum 2:1-Sieg führte, ließ diese Schwächen damals in den Hintergrund rücken.

Kimmich und Gündogan - "Harmoniere mit beiden gut"

Selbstverständlich - das stellte Kroos explizit heraus - könne die deutsche Mannschaft bei diesem Turnier nicht noch einmal so auftreten wie 2018. "Wir müssen taktisch einige Sachen ändern. Und natürlich müsssen wir auch die Form ändern", sagte Kroos in Herzogenaurach. Dass das gelingen werde, stellte er nicht in Frage, auch wegen seiner unmittelbaren Mitspieler Ilkay Gündogan und Joshua Kimmich. "Ich harmoniere mit beiden gut und ich habe ein gutes Gefühl, wenn sie beide auf dem Platz stehen", sagte Kroos.

Sicher scheint aber auch: Falls das Spiel gegen Titelfavorit Frankreich nicht den gewünschten Erfolg bringen sollte, wäre Toni Kroos wohl der erste Kandidat, der aus dem top-besetzten deutschen Mittelfeld weichen müsste, zumal dann Leon Goretzka nach auskurierter Oberschenkelverletzung wieder zur Verfügung stünde.

Teamkollege Ilkay Gündogan, Kroos' Nebenmann in der Mittelfeldreihe, gilt defensiv als stärker. Vor allem die Balleroberung Gündogans wird allzu oft unterschätzt.

Immer über die volle Distanz

Bislang galt Kroos in der Nationalmannschaft unter Joachim Löw als gesetzt. In den vergangenen Jahren war er eine der großen Säulen und Leitfiguren in der DFB-Elf. Nach Thomas Müller hat er mit 102 die meisten Länderspiele. Wenn der Mittelfeld-Stratege im Kader stand, dann spielte er in den vergangenen Jahren auch komplett durch, zumindest seit dem WM-Turnier 2018.

Es werden weitere Länderspiele in Kroos' Vita bei diesem Turnier hinzukommen. Seinen Stellenwert für die Mannschaft hob Teamkollege Robin Koch in Herzogenaurach hervor, der die Medienrunde am Freitag eröffnet hatte. Der Verteidiger von Leeds United hob zu einer kleinen Lobeshymne an.

"Für uns als Mannschaft ist er extrem wichtig"

"Ich kenne keinen Spieler, der schwieriger vom Ball zu trennen ist. Selbst wenn er drei Mann um sich hat, schafft er es immer noch, den richtigen Pass zu spielen. Das ist sehr beeindruckend. Es macht Spaß, ihm zuzusehen. Für uns als Mannschaft ist er extrem wichtig." Es liegt nun an Kroos, diese Wertschätzung am Dienstag gegen Frankreich zu bestätigen.