EURO 2020 Dänemarks Damsgaard - einer für das Außergewöhnliche

Stand: 25.06.2021 21:33 Uhr

Dass die dänische Nationalmannschaft eine besondere Mannschaft ist, hat sie bei der EURO 2020 bereits eindrucksvoll bewiesen. Dass es auch sportlich besondere Momente gab, lag auch an dem Spieler, den sie inzwischen "Damsinho" nennen.

Es war Spiel eins nach dem Eriksen-Drama. Im zweiten Gruppenspiel gegen Favorit Belgien begannen die Dänen stürmisch. "Danish Dynamite" setzte die "Red Devils" unter Dauerdruck. Frech und scheinbar unbekümmert. Wären nicht die schrecklichen Bilder aus dem ersten Spiel gegen Finnland noch so präsent gewsen, man hätte kaum geglaubt, durch welch emotionale Achterbahn diese Mannschaft vor kurzem noch gegangen war und wohl immer noch ging.

Schon gegen Belgien auffällig

Einer, der beim Gegenpressing und an fast allen gelungenen Offensivaktionen der Dänen beteiligt war, war der Mann mit der Nummer 14, den bis dato wohl nur echte Fußballnerds auf dem Schirm hatten: Mikkel Damsgaard. Der war für Eriksen in die Anfangsformation gerückt, hatte aber nicht dessen Position als Spielmacher übernommen, sondern agierte rochierend auf eigentlich allen Offensivpositionen, gerne auf dem Flügel. Trainer Kasper Hjulmand hatte nach dem Ausfall des Topspielers das System gewechselt.

20 Jahre alt und mit nur drei Länderspielen angereist, dribbelte Damsgaard die Belgier teilweise schwindelig. Ließ drei Mann stehen, flankte im Fallen in die Mitte und fand Martin Braithwaite, der knapp verpasste. Ließ wenige Minuten später abermals zwei Gegenspieler aussteigen, dribbelte in den Strafraum und zielte in Bedrängnis mit dem linken Fuß knapp links unten vorbei. Zum Sieg reichte es nicht, aber für hochgezogene Augenbrauen und Mundwinkel bei Fans und Experten dann doch definitiv. Mit diesem Dänen war zu rechnen.

Da, wenn - und wo - er gebraucht wird

Mikkel wer? In seiner ersten gerade absolvierten Saison bei Sampdoria Genua hatte er 18 Mal in der Startelf gestanden, wurde 17 Mal eingewechselt. Als Linksaußen, Rechtsaußen, hängende Spitze, Spielmacher - überall dort, wo er gerade gebraucht wurde. Beim FC Nordsjaelland hatte der Rechtsfuß im Jahr zuvor in 25 Saisonspielen neun Tore erzielt und vier weitere vorbereitet. Genua war das die Ablösesumme von 6,75 Millionen Euro wert.

Aktuell sieht es so aus, als könnte das ein guter Deal für die Italiener gewesen sein. Denn während Damsgaard gegen Belgien zwar auffiel, aber nicht ganz so deutlich im Schaufenster stand, änderte sich das gegen die Russen. Die Hjulmand-Elf tat sich im ersten Durchgang schwer, die Leichtigkeit zu finden, um den russischen Riegel zu knacken. Es brauchte Unbekümmertheit und den Mut, Fehler zu machen. Wer also hätte für den Dosenöffner sorgen können, wenn nicht der quirlige und risikobereite Damsgaard. Einige Szenen waren ihm in der Anfangsphase schon missglückt, ein paar Dribblings endeten in Ballverlusten, der ein oder andere Pass kam nicht an.

"Damsinho"

Doch als er in der 37. Minute mit dem Rücken zum Tor einige Meter vor dem Strafraum angespielt wurde, fackelte Damsgaard trotzdem nicht lang. Ballannahme in der Drehung mit links, einmal auf rechts gelegt und am Gegner vorbei gespielt - und dann drauf! Und rein. Der Rechtsschuss war nicht genau im Eck, fiel aber wie ein Stein vom Himmel und zappelte schließlich im Netz. Die Initialzündung, die am Ende in einem 4:1 (1:0) mündete und den Achtelfinaleinzug bedeutete. Sportschau-Experte Bastian Schweinsteiger war begeistert und fühlte sich schon an den jungen Eriksen erinnert.

Was Eriksen und Damsgaard eint, sind der Zug zum Tor, die Beidfüßigkeit und der Mut, auch mal das Besondere zu versuchen. Während Eriksen inzwischen natürlich schon deutlich weiter entwickelt ist als sein fast neun Jahre jüngerer Landsmann, ist der Vergleich vor allem deshalb passend, weil beide einem Team aus physisch starken und disziplinierten Spielern das gewisse sportliche Etwas geben können. In seiner Dribbelstärke hat der Youngster seinem Spielmacher möglicherweise sogar etwas voraus. "Damsinho" nennt Trainer Hjulmand ihn inzwischen.

Der FC Barcelona, Tottenham Hotspur, der AC Milan oder Bayer Leverkusen sind einige Kandidaten, die gerüchtehalber die Fühler nach der dänischen Entdeckung ausstrecken könnten. Erst einmal steht aber das Achtelfinale gegen Wales an (18 Uhr, live im Ersten), in dem "Damsinho" wieder etwas für seine Landsleute und seinen Marktwert tun kann.