Ungleiches Erfolgs-Duo bei der EURO 2020 Bonucci und Chiellini - die Senatoren Italiens

Stand: 12.07.2021 08:25 Uhr

Nicht zuletzt wegen ihres herausstechenden Abwehrduos Leonardo Bonucci und Giorgio Chiellini hat sich Italien den EM-Titel gesichert. Beide Verteidiger prägen eine Ära - und haben sich in einen besonderen Stand im italienischen Calcio erhoben.

Senatoren waren im alten Rom die mächtigsten Politiker - nach den Kaisern. Eine Bezeichnung für den besonderen Status quo, der auch im italienischen Calcio eine wichtige Rolle spielt. Wer der Imperator bei diesem italienischen Sommermärchen bei der EURO 2020 war, steht außer Frage. Der Trainer, Roberto Mancini, hatte die Zügel der "Squadra Azzurra" fest in der Hand. Aber die Entscheidungen auf dem Platz trafen andere: Leonardo Bonucci (34 Jahre) und Giorgio Chiellini (36).

Zusammen sind diese beiden Abwehr-Veteranen 70 Jahre alt. Und sie tragen diesen von den Tifosi respektvoll vergebenen, imaginären Ehrentitel, den nur Spieler erhalten, die sehr lange dabei und auf dem Rasen besonders einflussreich sind. Bonucci trägt seit elf Jahren das azurblaue Nationaltrikot, Chiellini gar schon seit 17 Jahren. Wer hätte diese Würdigung also mehr verdient?

Feingeist und Abwehrrecke

Die beiden spielen so gegensätzlich - und doch sind sie ein sich gegenseitig befruchtendes Innenverteidiger-Pärchen, wie es im internationalen Fußball kein zweites gibt. Das zeigen sie seit vielen Jahren bei Juventus Turin. Das haben sie ganz Europa nun auch bei dieser EM bewiesen - die Krönung dieser außergewöhnlichen Beziehung. 327 Spiele haben sie jetzt zusammen gespielt für Juventus Turin und die Nazionale. "Ich kenne ihn besser als meine Frau", sagt Chiellini über seine besondere Beziehung zu seinem Nebenmann.

Bonucci ist der Feingeist, beidfüßig, zweikampfstark, routiniert, zuständig für den Spielaufbau, für die Organisation seiner Mannschaft, für die Disziplin seiner Mitspieler. Chiellini ist der Verteidiger der alten Schule. Hart, robust, zupackend, stets respektvoll im Umgang mit seinen Mitspielern, ein studierter Wirtschaftswissenschaftler. Ein wenig wacklig, wenn es darum geht, technische Feinheiten mit dem Ball zu zeigen. Aber Chiellini ist stets kompromisslos, klärt mit Kopf, Bein, Fuß. Mit allen Körperteilen, wann immer nötig.

Nochmal bei der WM in Katar?

Und wenn im Angriff mehr Wucht, mehr Kopfballstärke gebraucht wird, ist der Kapitän auch im gegnerischen Strafraum zu finden. Genau dort, wo er eben gerade gebraucht wird. Genau wie Bonucci. Es ist kein Zufall, dass zum Ausgleich der Italiener gegen England nach einem Eckball Bonucci traf - und Chiellini einen kraftvollen und mitentscheidenden Zweikampf im Zentrum führte. Dort, wo es wehtut, ist Chiellini zuhause.

"Chiellini ist der Gigant", schrieb die italienische Zeitung "Libero" bereits nach dem erfolgreichen Viertelfinale gegen Belgien, als es in der Endphase nur noch darum ging, den Ball möglichst weit aus der Gefahrenzone zu befördern. Der "alte Weise“ nannte ihn die "Gazzetta dello Sport".

Ein Jahr wird der derzeit noch vertragslose Chiellini bei Juventus wohl noch dranhängen. Bonucci ist noch bis 2024 im Piemont verpflichtet. Bei der WM in Katar im kommenden Jahr dürften beide noch einmal ein nur äußerst schwer zu überwindendes Abwehrduo in Mancinis Team bilden. Bei der EM haben die Italiener gerade einmal vier Gegentore in den sieben Partien hinnehmen müssen.

Doch jetzt ist erstmal Freizeit angesagt. "Wir gehen am 12. Juli auseinander und am 14. fahren wir zusammen in den Urlaub", sagte Bonucci auf die Frage, wie das Verhältnis der beiden Senatoren zueinander sei. "Ich glaube, das sagt alles."