Saisonstart in der Premier League Premier League - ein Quartett fürs Titelrennen

Stand: 12.08.2021 22:20 Uhr

Manchester City, Chelsea, Liverpool und Manchester United - in der Premier League werden vor dem Saisonstart gleich vier Teams als ernsthafte Titelanwärter gehandelt.

Englands unglückliche Finalniederlage bei der EURO, steigende Corona-Zahlen, Einkommensausfälle im Zuge der Pandemie - war da was? Die Premier League präsentiert sich vor dem Start der neuen Saison einmal mehr als schillerndste Fußballliga der Welt, mit Blockbuster-Transfers und neuen Rekordsummen. Die Unsummen aus der weltweiten Vermarktung sorgen aber auch dafür, dass die Spitzenteams weiter mit hochgerüsteten Luxus-Kadern an den Start gehen können. Das Titelrennen erscheint in der kommenden Saison offen wie selten zuvor, gleich vier Teams gelten als ernsthafte Titelanwärter und dürfen sich berechtigte Hoffnungen machen, am Ende der Saison die Meisterschaft zu feiern.

Manchester City - Warten auf Kane

Vor dem Saisonstart beschäftigte die Experten auf der Insel vor allem eine Frage: Kommt er oder kommt er nicht? Stürmerstar Harry Kane ist der erklärte Wunschspieler bei Manchester City. Die Verpflichtung von Englands Kapitän wäre der Blockbuster-Transfer des Sommers. Zwar ist Kane nach dem verlängerten EM-Urlaub inzwischen wieder bei Tottenham. Doch nach Medienberichten soll er bei den "Spurs" seinen Wechselwunsch hinterlegt haben, begleitet von Meldungen über einen angeblichen Trainingsstreik. Citys Klubführung mit dem angeschlossenen Geldspeicher aus Abu Dhabi hat in der Vergangenheit bewiesen, dass sie am Ende eigentlich jeden Spieler bekommt, den sie sich auf den Einkaufszettel gesetzt hat.

Kane wäre jedenfalls die ideale Ergänzung für Citys Offensive, vor allem nach dem Weggang des langjährigen Anführers Sergio Agüero. Englands Topstürmer bewegt sich gerne und viel auch außerhalb des Strafraums, dies könnte noch mehr Räume eröffnen für die spielstarken und torgefährlichen Mittelfeldspieler wie Kevin De Bruyne oder Ilkay Gündogan.

Bereits angekommen bei City ist Jack Grealish. Der Sympathieträger von Aston Villa wechselte für die kolportierte Summe von 118 Millionen Euro nach Manchester und gilt seitdem als teuerster Transfer der Premier League. Mit dem Mittelfeld-Allrounder hat Trainer Pep Guardiola im ohnehin schon mit absurd viel Talent ausgestatteten Mittelfeld nun noch eine weitere schlagkräftige Alternative. Dies birgt andererseits aber auch die Gefahr, dass der für Taktiküberraschungen anfällige City-Coach wieder danebengreifen könnte, wie es ihm zuletzt vor allem in den großen Spielen der Champions League passierte. Der Titel in der Königsklasse ist weiterhin das oberste Ziel für Guardiolas City, nachdem es in der Premier League mit drei Meistertiteln in den vergangenen vier Jahren seine Vormachtstellung unterstrichen hat. Auch in der neuen Saison ist der Meister Titelaspirant Nummer eins - mit oder ohne Harry Kane.

Chelsea unter Tuchel - verheißungsvolle Perspektiven

Erster Herausforderer des Titelverteidigers ist der FC Chelsea - nicht nur wegen des Triumphs in der Champions League im rein englischen Finale gegen Guardiolas City. Chelsea-Coach Thomas Tuchel hat es geschafft, die unter Frank Lampard sinnsuchende Mannschaft innerhalb von fünf Monaten zu einem echten Champion zu machen. Seitdem traut man ihm an der Stamford Bridge alles zu. Sogar dass er Kepa, den wohl teuersten Ersatzkeeper der Geschichte, erfolgreich ins Team integriert, wie nun im Supercup-Finale geschehen.

Chelseas Perspektive wirkt umso verheißungsvoller, weil Tuchel bereits eine sehr gute Basis in seinem Team zur Verfügung steht, mit einem vor allem defensiv starken Grundgerüst um Mittelfeld-Maschine N‘Golo Kanté. Obwohl die "Blues" unter Tuchel bereits den wertvollsten Pokal gewonnen haben, wirkt das Team immer noch ausbaufähig, vor allem was die Offensivkraft angeht. Timo Werner konnte sich ebenso wenig als Torjäger auszeichnen wie Kai Havertz, obwohl Havertz das Siegtor im Champions-League-Finale erzielte. In der vergangenen Premier-League-Saison war Mittelfeldmann Jorginho mit sieben Treffern der erfolgreichste Torschütze bei den "Blues".

Deshalb waren Chelseas Bosse in diesem Sommer verstärkt auf der Jagd nach einem neuen, echten Top-Stürmer - und wurden schließlich fündig in Romelu Lukaku. Lukaku kommt von Inter Mailand - für eine Ablösesumme in Höhe von 115 Millionen Euro. Lukaku spielte bereits zweimal an der Stamford Bridge, konnte sich aber nicht durchsetzen. Dass Chelsea den belgischen Sturmtank nun erneut verpflichtet, verdeutlicht zum einen den weiterhin grassierenden Irrsinn auf dem Transfermarkt. Aber vor allem, dass das Management die größte Baustelle im Kader erkannt hat und beseitigen möchte. Lukaku hatte mit seinen 24 Treffern in der vergangenen Saison großen Anteil an Inters Meistertitel. Mit einem echten Torgaranten wie Lukaku kann auch Chelsea in der Premier League ganz oben angreifen.

Liverpool - Hoffnung auf alte Stärken

Nach dem Champions-League-Triumph und dem ersehnten ersten Meistertitel nach 30 Jahren erlebte der FC Liverpool eine echte Kater-Saison. Nach einer beispiellosen Verletztenserie und daraus resultierenden Umstellungen verlor der Meister des Vorjahres komplett die Stabilität – und schaffte nur dank eines starken Schlussspurts auf den letzten Metern wenigstens noch die Qualifikation zur Champions League. Hoffnung bereitet deshalb auch die Rückkehr der lange verletzten Leistungsträger, allen voran Abwehrchef Virgil van Dijk. Auch Sadio Mané, der wie Roberto Firmino in der Vorsaison in ein Leistungsloch fiel, konnte nach vielen Einsätzen erstmals seit langem wieder einen kompletten Sommer pausieren und will zu alter Stärke zurückfinden. Mo Salah wiederum erledigte auch in Liverpools Seuchen-Saison mit 22 Liga-Treffern weiter zuverlässig seinen Job.

Den Kern seines Meisterteams hat Jürgen Klopp weiter beisammen. Gemeinsam mit Diogo Jota, der in der Vorsaison ebenfalls nur die Hälfte der Spiele absolvieren konnte, hat Liverpool immer noch eine der gefährlichsten Offensivreihen in der Premier League - auch ohne galaktisch teure Neuverpflichtungen. Defensivmann Ibrahima Konaté ist mit vergleichsweise moderaten 40 Millionen Euro der bislang einzige Großeinkauf des Sommers.

Sorgen bereiten dürfte Klopp allerdings schon jetzt, vor allem angesichts der Verletzungsmisere des Vorjahres, der für den kommenden Januar terminierte Africa-Cup in Kamerun – mit Salah, Mané und Naby Keita sind gleich drei tragende Säulen des Teams für ihre Nationalteams unterwegs und fehlen den "Reds" mehrere Wochen. Dies könnte ein möglicher Nachteil werden gegenüber den Konkurrenten im Titelrennen, die weniger afrikanische Profis abstellen müssen.

Manchester United - der neue alte Herausforderer

Der bislang letzte Coach, der Manchester United zum Titel führte, heißt nach wie vor Alex Ferguson. Nach dem Abgang von Sir Alex geriet der Rekordmeister in eine Dürreperiode, die immer noch anhält. Trotz gigantischer Transferausgaben und Meistertrainern wie Louis van Gaal oder Jose Mourinho. Jahr für Jahr kaufte United eine Handvoll unfassbar teurer, schillernder Spieler. Die dann unfassbar schlecht zusammenpassten.

In diesem Sommer aber ist bei den "Red Devils" erstmals seit langem wieder so etwas wie ein echter Plan erkennbar. Mit Raphael Varane kommt ein erfahrener Defensivmann, der bei Real Madrid alle Titel gewonnen hat, er dürfte für Uniteds Defensive um Abwehrchef Harry Maguire eine echte Verstärkung sein. Ebenso wie Jadon Sancho auf der anderen Seite des Felds, erklärter Wunschspieler von Coach Ole Gunnar Solksjaer. Der Flügelflitzer passt perfekt ins schnelle Spiel der Premier League und dürfte die zuletzt oft statische Offensive beleben.

Genau dort, im Angriff, gibt es aber auch die größten Fragezeichen in Uniteds Kader. Die etatmäßige Sturmspitze gibt weiterhin Edinson Cavani. Der 35 Jahre alte Uruguayer sieht zwar immer noch aus wie ein junger Strafraumgott, trifft aber längst nicht mehr so zuverlässig wie zu früheren Zeiten und ist zudem verletzungsanfällig. Als Alternativen stehen der wankelmütige Anthony Martial und der gerade 19 Jahre alte Nationalspieler Mason Greenwood zur Verfügung. Auch im Mittelfeld muss Solksjaer noch ein paar knifflige Rätsel lösen, etwa die richtige Position für Paul Pogba. Der Franzose ist einer jener teuren "Altlasten" aus den ersten, konfusen Post-Ferguson Jahren. Dennoch sieht United vor dem Saisonstart erstmals wieder wie ein ernsthafter Titel-Herausforderer aus, dies darf im Old Trafford schon als Teilerfolg verbucht werden.