Ole Gunnar Solskjaer

Fußball | Premier League Manchester United: Solskjaer muss gehen, die Probleme bleiben

Stand: 21.11.2021 14:45 Uhr

Das Aus von Ole Gunnar Solskjaer bei Manchester United war überfällig. Die Probleme sind damit aber nicht gelöst. Der Klub hat sich mit seinem Zögern in der Trainerfrage in eine komplizierte Lage manövriert.

Von Hendrik Buchheister

Bruno Fernandes versuchte noch, seinen Trainer zu schützen, doch es war zu spät. Nach dem 1:4 bei Premier-League-Aufsteiger FC Watford wurde Manchester Uniteds Coach Ole Gunnar Solskjaer von einigen der mitgereisten Fans ausgebuht.

Der Norweger hob beide Hände, als Zeichen der Entschuldigung. Für Mittelfeldspieler Fernandes allerdings lag die Verantwortung für die Misere nicht bei Solskjaer. Er gestikulierte in Richtung der Mannschaft und wollte damit sagen: Wir Spieler sind Schuld! Lasst den Trainer in Ruhe!

Nachfolgelösung für Solskjaer wirkt chaotisch

Fernandes dürfte klar gewesen sein, dass seine Geste verpuffen würde. Nicht nur der bislang loyale Anhang brach nach der Demontage an der Vicarage Road mit Solskjaer, auch die Vereinsführung in Person von Miteigentümer Joel Glazer und Geschäftsführer Ed Woodward sah sich zum Handeln gezwungen und beendete die Zusammenarbeit mit dem Schützen des Siegtreffers im legendären Champions-League-Finale von 1999.

Die Nachfolgelösung wirkt chaotisch. Ex-Profi und Co-Trainer Michael Carrick soll die Mannschaft betreuen, ehe ein Interimscoach bis zum Ende der Saison installiert wird. Danach soll ein neuer Trainer übernehmen. Trotz dieser Absichtserklärung ist nicht auszuschließen, dass Carrick den Job langfristig bekommt. Denn auch Solskjaer hatte sein Amt im Dezember 2018 nach dem Aus von José Mourinho unter der Prämisse angetreten, die Trainerbank im Old Trafford nur so lange warm zu halten, bis eine geeignete Dauerlösung gefunden ist.

Solskjaer konnte die Zweifel nie zerstreuen

Weil der beliebte Ex-Stürmer allerdings mit einer Erfolgsserie startete und den Sinn des Publikums für Nostalgie befriedigte, ließ sich Manchester United zu der Annahme verleiten, Solskjaer sei der richtige Mann für die Zukunft. Diese Auffassung bekräftigte der Klub in diesem Sommer noch einmal mit einer vorzeitigen Vertragsverlängerung bis 2024. Und auch wenn sich der Verein tabellarisch unter dem Norweger in jeder Saison verbesserte – die Zweifel der Öffentlichkeit konnte der Trainer nie zerstreuen. Das lag nicht nur daran, dass Manchester United unter Solskjaer keine einzige Trophäe gewann.

Während Pep Guardiola (Manchester City), Jürgen Klopp (FC Liverpool) oder Thomas Tuchel (FC Chelsea) für eine Philosophie stehen, war bei Solskjaer keine übergeordnete Idee zu erkennen, keine spielerische Identität. Seine Mannschaft hielt sich lange mit Konterfußball und dank der Klasse von Einzelspielern wie Bruno Fernandes, Marcus Rashford oder seit dieser Saison Cristiano Ronaldo über Wasser.

Wer füllt die Fußstapfen von Sir Alex Ferguson?

Zuletzt war der Verfall allerdings selbst für wohlwollende Betrachter offensichtlich. Von den vergangenen sieben Spielen in der Premier League gingen fünf verloren. Als Tabellensiebter droht der Klub die Qualifikation zur Champions League zu verpassen. Das ist nicht einmal für eine Vereinsführung zu tolerieren, die nach dem 0:5 vor knapp einem Monat gegen Erzfeind FC Liverpool noch an Solskjaer festgehalten hatte.

Das Aus des Trainers war alternativlos, doch das bedeutet nicht, dass die Probleme bei Manchester United gelöst sind. Der Klub ist immer noch auf der Suche nach jemandem, der die Fußstapfen des ewigen Sir Alex Ferguson nach dessen Abschied vor acht Jahren adäquat füllt. David Moyes erwies sich als eine Nummer zu klein, Louis van Gaal und José Mourinho hatten ihren Zenit längst überschritten, Solskjaer ist nie über das Format des Interimstrainers hinausgekommen, auch wenn ihn der Verein opulent unterstützte.

Solskjaers Umgang mit Zugängen rätselhaft

Mehr als 450 Millionen Euro gab Manchester United unter dem Norweger für Transfers aus. Doch sein Umgang mit den teuren Zugängen war teilweise rätselhaft. Als Beleg dafür dienen Jadon Sancho (kam für 85 Millionen Euro von Borussia Dortmund) und Donny van de Beek (kam für 39 Millionen Euro von Ajax Amsterdam). Beide spielen praktisch keine Rolle im Old Trafford. Trotzdem war es van de Beek, der in Watford das letzte United-Tor in Solskjaers Amtszeit schoss.

Der Verein hat lange an Solskjaer festgehalten, zu lange, und sich damit in der Trainerfrage in eine komplizierte Lage manövriert. Einen offensichtlichen Nachfolger gibt es nicht. Mauricio Pochettino war nach Mourinhos Aus eigentlich die präferierte Lösung und wurde immer wieder auch als Ersatz für Solskjaer diskutiert. Seit Anfang des Jahres ist er allerdings bei Paris Saint-Germain unter Vertrag. Antonio Conte, der sich Manchester United nach dem 0:5 gegen Liverpool angeboten hatte, löste kurz darauf bei Tottenham Hotspur den unglücklichen Nuno Espírito Santo ab.

Spur zu Zinédine Zidane nur Taktik?

Ironischerweise sahen sich die Nord-Londoner nach einer Niederlage gegen Manchester United zum Trainerwechsel gezwungen. Der angesehene Brendan Rodgers hat sich gerade öffentlich zu seinem aktuellen Arbeitgeber Leicester City bekannt, außerdem dürfte er dem Publikum im Old Trafford schwer vermittelbar sein wegen seiner Vergangenheit beim FC Liverpool.

Der profilierteste Trainer im Weltfußball, der sofort verfügbar wäre, ist Zinédine Zidane. Wie glaubhaft die Spekulationen um ihn sind, ist allerdings schwer einzuschätzen. Laut "Manchester Evening News" ist die Spur zum Ex-Coach von Real Madrid nur Taktik, um den frustrierten Cristiano Ronaldo bei Laune zu halten.

Manchester United hat offensichtlich keinen Plan für die Zeit nach Solskjaer. Das ist an der Absicht zu erkennen, einen Interimstrainer bis zum Ende der Saison zu ernennen. So will der Verein Zeit gewinnen. Verkompliziert wird die Trainersuche dadurch, dass Geschäftsführer Woodward sein Amt Ende des Jahres niederlegt. In dieser Gemengelage droht die nächste Verlegenheitslösung auf der Bank.