Fußball | Premier League Hintergründe zu Abramowitschs Chelsea-Verkauf - und zur Nachfolgersuche

Stand: 03.03.2022 11:52 Uhr

Der russische Oligarch Roman Abramowitsch verkauft den FC Chelsea - wohl auch, weil ihm staatliche Sanktionen drohen. Ein Schweizer Milliardär könnte sein Nachfolger werden.

Es ist nicht weniger als das Ende einer Ära: Am Mittwochabend (02.03.2022) kündigte Roman Abramowitsch an, den FC Chelsea nach fast 20 Jahren verkaufen zu wollen. Mit dem finanziellen Engagement des russischen Oligarchen war Chelsea zu einem der erfolgreichsten Klubs der Welt aufgestiegen und gewann zuletzt unter Trainer Thomas Tuchel zum zweiten Mal die Königsklasse sowie die Klub-Weltmeisterschaft.

Abramowitsch steht seit Wochen in Großbritannien wegen seiner angeblichen Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin im Fokus der Aufmerksamkeit. Immer wieder forderten Abgeordnete im Unterhaus, ihn auf die Sanktionsliste zu setzen. Unter anderem könnte sein Vermögen in Großbritannien eingefroren werden - darunter Luxus-Immobilien und eben der FC Chelsea sowie mögliche Gelder aus einem Verkauf des Klubs.

Abramowitsch handelt "im besten Interesse des Klubs"

Womöglich auch deshalb plant Abramowitsch laut seiner schriftlichen Botschaft, die der FC Chelsea veröffentlichte, seinen Abschied so: Er verzichtet auf die Rückzahlung aller Darlehen - sie sollen sich auf 1,5 Milliarden Pfund summieren. Und auch der Netto-Erlös des Verkaufs - der Wert des Klubs wird auf 2 Milliarden Pfund geschätzt - soll nicht direkt an Abramowitsch gehen, sondern an eine neu zu gründende Wohltätigkeitsorganisation.

"Die Organisation wird dem Wohle aller Opfer des Krieges in der Ukraine dienen", schreibt Abramowitsch in seiner Botschaft. Bemerkenswert ist, dass er zum einen "alle Opfer" des Krieges adressiert, nicht nur die Ukrainer, aber auch, dass er das Wort "Krieg" benutzt - was russischen Medien derzeit staatlich untersagt ist. Ein klares Statement gegen den Angriffskrieg vermeidet der 55-Jährige jedoch weiterhin.

Abramowitsch als Vermittler im Ukraine-Krieg?

Dem britischen Oppositionschef Keir Starmer von der Labour-Partei zufolge geht aus einem Dokument des Innenministeriums hervor, dass der Oligarch nach Kriegsbeginn wegen seiner Verbindungen zu Putin und Korruptionsvorwürfen ins Visier der Behörden geriet. Der erste Vorwurf ist nicht neu: Zeit seines Engagements beim FC Chelsea war Abramowitsch mit dem Kreml in Verbindung gebracht worden.

Zuletzt behauptete seine Sprecherin, der 55-Jährige sei von ukrainischer Seite kontaktiert worden, um sich als Vermittler einzubringen. Abramowitsch versuche zu helfen - man könne aber mit Blick darauf, was auf dem Spiel stehe, keine weiteren Details nennen, hieß es.

Gesamtvermögen von 13 Milliarden Dollar

In der vergangenen Woche hatte Abramowitsch bereits angekündigt, die Verwaltung des Klubs an die Wohltätigkeitsstiftung des Vereins abzugeben. Allerdings muss noch geklärt werden, ob dies rechtens ist, da Abramowitsch weiterhin alleiniger Besitzer ist.

Der "Bloomberg Billionaires Index" schätzt sein Gesamtvermögen auf 13 Milliarden Dollar. Reich geworden ist er unter anderem damit, in der zerfallenden Sowjetunion in den 90er-Jahren Ölfirmen günstig zu kaufen - und später wieder mit immensem Gewinn an den Staat zu veräußern.

Den FC Chelsea nun abzugeben, sei in der aktuellen Situation, "sowohl im besten Interesse des Klubs, der Fans, der Mitarbeiter als auch der Sponsoren und Partner". Er hoffe nun, dass er noch ein letztes Mal die Stamford Bridge besuchen und sich verabschieden könne.

Wyss will übernehmen - aber nicht alleine

Schon vor der endgültigen Rückzugsankündigung von Abramowitsch hatte ein Schweizer Milliardär Interesse an dem Verein angemeldet. "Ich habe mit drei weiteren Personen am Dienstag ein Angebot erhalten, um Chelsea von Abramowitsch zu kaufen", sagte Hansjörg Wyss der Schweizer Zeitung "Blick". Ob er kaufen werde, stehe noch nicht fest, schrieb die Zeitung am Mittwoch.

"Abramowitsch fordert derzeit viel zu viel", zitiert die Zeitung Wyss. "Wenn ich Chelsea kaufe, dann mit einem Konsortium bestehend aus sechs bis sieben Kapitalgebern."

Wyss, 86, ist einer der reichsten Männer der Welt. Das US-Magazin Forbes schätzt sein Nettovermögen zur Zeit auf 5,1 Milliarden Dollar. Er lebt seit Jahrzehnten in den USA. Dort leitete er eine Firma für Medizintechnik, die er 2012 für einen Milliardengewinn an das US-Unternehmen Johnson & Johnson verkaufte. Er fördert und finanziert zahlreiche Bildungsinstitutionen und Umweltschutzprojekte.