Fußball | DFB Neuer DFB-Präsident Neuendorf - der Quereinsteiger

Stand: 11.03.2022 15:45 Uhr

Bernd Neuendorf ist der neue Präsident des DFB. In die Welt der Fußballfunktionäre stieg er quer ein, wie in die Politik. Ein Porträt.

Es war ein Heimspiel. Bernd Neuendorf wohnt in Bonn. Nur ein paar Kilometer musste er am Freitag (11.03.2022) zurücklegen, um in das World Conference Center zu kommen. Früher tagte dort der Bundestag, das Parlament der Bundesrepublik Deutschland.

Am Freitag tagte der Bundestag des Deutschen Fußball-Bundes am Ufer des Rheins. Er wählte Bernd Neuendorf mit 193:50 Stimmen zum Präsidenten des riesigen Verbandes mit mehr als sieben Millionen Menschen.

"Vielen Dank für das Vertrauen und das überwältigende Ergebnis", begann Neuendorf seine Dankesrede. Es war ein großer Erfolg für ihn, denn sein Konkurrent Peter Peters war der Kandidat des Profifußballs, und der hatte über die Deutsche Fußball Liga 74 Delegierte nach Bonn entsandt. Auch aus diesem Lager bekam Neuendorf, der Kandidat der Amateure, eine erkleckliche Zahl an Stimmen.

Schwarz-Gelb nur im Fußball

Bernd Neuendorf war bis Freitag einer von 21 Präsidenten eines Landesverbandes. Seit 2019 führte er den Verband Mittelrhein. Er sei dazu gekommen, weil es "irgendwie passte". Seinen aufwändigen Job war er zwei Jahre zuvor losgeworden.

Neuendorf war von 2012 bis 2017 Staatssekretär im nordrhein-westfälischen Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport. Dann wechselte die Regierungskoalition von Rot-Grün zu Schwarz-Gelb.

Neuendorf ist im Herzen Schwarz-Gelb, das gilt allerdings nur für den Fußball. Etliche Spiele habe er auf dem alten Tivoli gesehen, mit seiner Alemannia aus Aachen gelitten und gejubelt.

Politisch aber ist der 1961 in Düren geborene Neuendorf ein Roter. Weder Willy Brandt noch Helmut Schmidt haben ihn zur SPD gebracht. "Ich bin ein Quereinsteiger", sagt er, "ich habe nicht die Tour über die Jusos gemacht."

Tür an Tür mit Grindel

Bernd Neuendorf, verheiratet, zwei Kinder, machte die Tour über das Tulpenfeld in Bonn. So heißt ein Gebäudekomplex in der ehemaligen Bundeshauptstadt. Dort waren auch die Bundespressekonferenz und die Büros der politischen Hauptstadtkorrespondenten angesiedelt.

"Auf einem Flur, Tür an Tür", so der ehemalige DFB-Präsident Reinhard Grindel, habe er Anfang der 1990er Jahre neben Neuendorf gearbeitet: "Wir haben uns verstanden."

Dabei hätten seine Auftraggeber, unter anderem das "Flensburger Tageblatt", in hartem Konkurrenzkampf zu denen von Neuendorf gestanden, in diesem Fall den "Kieler Nachrichten". Politisch waren sie zu den bewegten Zeiten nach der Wiedervereinigung auch nicht auf einer Wellenlänge. Grindel ist Christdemokrat, Neuendorf ein Sozialdemokrat, der nach eigener Aussage "ganz unverhofft" in die Politik gekommen sei.

Bis 1999 blieb er alledings in Bonn, dann wechselte er zur "Mitteldeutschen Zeitung" nach Halle in die Chefredaktion. Sein Netzwerk war in all den Jahren seit dem 1989 bei der Nachrichtenagentur Reuters begonnenen Volontariat groß geworden, wohl deshalb sei 2003 ein Anruf aus dem Willy-Brandt-Haus gekommen, der den Seitenwechsel einleitete.

Neuendorf wurde Sprecher des Parteivorstands der SPD in Berlin. Gerhard Schröder war damals Vorsitzender der SPD, und auch Bundeskanzler. Knapp zwei Stunden bevor Neuendorf zum Präsidenten des DFB gewählt wurde, entzog der Verband dem Altkanzler wegen dessen Nähe zu Russland und Freundschaft zu Wladimir Putin die Ehrenmitgliedschaft. Neuendorf hatte sich schon zuvor eindeutig gegen seinen ehemaligen Chef ausgeprochen.

Nach der nur kurzen Station als Vorstandssprecher ging es für Neuendorf 2004 zurück in den Westen. Er wurde Pressesprecher der nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten, später Landesgeschäftsführer der Partei in Düsseldorf, 2012 dann Staatssekretär.

Studium in Bonn und Oxford

Als Neuendorf nach seinem Studium der Neueren Geschichte, Politologie und Soziologie in Bonn und Oxford in den Beruf einstieg, hatte er seine aktive Zeit als Fußballer beim FC Grenzwacht Hürtgen ("Ich bin heute noch stolzes Mitglied.") schon hinter sich. Eine schwere Knieverletzung zwang ihn noch bei den Junioren zum Aufhören: "Aber ich habe mich für alles weiter interessiert."

Zunächst sei er in den 1970er Jahren "wie alle" begeistert von Borussia Mönchengladbach und der "Fohlenelf" gewesen, als er dann aber erstmals auf dem Aachener Tivoli gewesen sei, "war es um mich geschehen".

Bernd Neuendorf wird nun noch seltener die Spiele seines Lieblingsklubs sehen können. Vielleicht nimmt er zumindest das große Foto mit in die DFB-Zentrale nach Frankfurt, das in seinem Büro beim Fußballverband Mittelrhein hängt. Es zeigt in Schwarz-Weiß eine jubelnde Mannschaft der Alemannia

Am Main wird der neue Präsident vor vielfältigen Aufgaben und großen Problemen stehen. Das Image des DFB könnte nach vielen Skandalen kaum schlechter sein.

Neuendorf ist weniger an Aufklärung gelegen. Er will nach vorne blicken. "Der Fußball muss seine gesellschaftliche und politische Verantwortung wieder wahrnehmen", sagte er in Bonn. Auch die "Zugänge zur Politik" müssten wieder besser werden. Die alten Kontakte dürften dabei helfen.