Deutschland für WM 2022 qualifiziert Die Nationalmannschaft bleibt noch ein Rätsel

Stand: 12.10.2021 07:34 Uhr

Wie wettbewerbsfähig ist die DFB-Elf? Das weiß man trotz der geglückten WM-Quali nicht so recht. Ein besseres Abschneiden in der Nations League hätte geholfen.

Das Phänomen ist bekannt. So ist ein Spiel um den dritten Platz bei einer Weltmeisterschaft schon immer komplett überflüssig. Nur 2006, beim so genannten Sommermärchen, war es von nationalem Interesse, weil die deutsche Nationalmannschaft dabei war - und das Spiel gewann!

Gleiches gilt für den Confederations Cup, der 2017 in die Vitrine des DFB gelangte.

Große Freude über die Nations League

Die Nations League ist in sehr vielen Nationen eine sehr große Nummer, und wer gesehen hat, wie sich Frankreich über den Gewinn und zuvor Spanien über den Erfolg im Halbfinale gegen Italien freute, der wird merken, dass das nicht nur für die so genannten kleinen Fußballnationen gilt.

Am Montag (11.10.2021) wurde Hansi Flick nach dem 4:0-Sieg in Nordmazedonien gefragt, in welchen Bereichen er seine Nationalmannschaft nach wenigen Wochen im Job schon auf dem Niveau der großen Nationen sehe und in welchen Bereichen es noch Defizite gebe.

Flick - der motivierende Chef

Um die Antwort nach den Defiziten drückte sich der Bundestrainer geschickt, zu den Topnationen sagte er: "Von der Qualität unserer Spieler, wenn man sich mal anschaut, wo sie spielen, muss man einfach sagen, haben sie auch die Qualität, gegen Italien, Spanien, Frankreich, Belgien zu bestehen. Ich bin da sehr zuversichtlich."

In einem Seminar für Mitarbeiterführung würde Flick mit dieser Antwort die volle Punktzahl erreichen. Der Bundestrainer weiß es, seine Spieler zu motivieren, stark zu reden, Optimismus vorzuleben.

Keine Demut mehr

Immerhin sprach auch sein Kapitän Manuel Neuer davon, dass "der WM-Titel realistisch" sei, Kai Havertz stellte in Skopje zumindest den Anspruch, nächstes Jahr in Katar den fünften Stern aufs Trikot zu packen.

Das ist bemerkenswert für die Eliteauswahl eines Verbandes, die 2018 schmählich in der Vorrunde der WM scheiterte und bei der Fußball-EM 2020 das Achtelfinale gegen England verlor.

Die selbst verordnete und gebotene Demut wurde jeweils schnell vergessen. Dabei wäre sie angemessen, und es würde auch niemandem schaden, schon gar nicht Hansi Flick, den Kurs Demut beizubehalten.

Wie wettbewerbsfähig ist das DFB-Team?

Die Statistiken sind glänzend, und auch beim Spiel in Nordmazedonien zeigte sich wieder, dass die deutsche Mannschaft nur geduldig bei ihrem Plan bleiben muss, um erfolgreich zu sein. Aber das gilt für Nordmazedonien, einen Gegner auf dem Niveau von Armenien, Rumänien und Island, gegen die Deutschland ebenfalls unter Flick schon gewann. Dazu kam ein 2:0 gegen Liechtenstein, das die Statistik schmückt, aber nichts aussagt über die Wettbewerbsfähigkeit der Auswahl des DFB.

Die wird sich vermutlich erst im Juni 2022 zeigen, wenn die neue Saison in der Nations League beginnt. Am 16. Dezember wird gelost, und Deutschland sollte hoffen, sehr starke Gegner zu bekommen.

Im Juni 2022 wird es ernst - hoffentlich!

Dann, und erst dann, wird sich zeigen, ob David Raum und Lukas Klostermann Außenverteidiger von höchstem Niveau sind, ob sich ein Innenverteidigerpaar auf bestem Level findet, ob Timo Werner ein Mittelstürmer ist, wie ihn große Fußballnationen haben.

Hansi Flick hat die deutsche Nationalmannschaft nach dem ernüchternden Aus bei der EURO 2020 wieder in Schwung gebracht, hat gute Personalentscheidungen getroffen, hat Spieler und Fans zu seinen Fans gemacht. "Jeder hat Bock auf die Nationalmannschaft", sagte Kapitän Manuel Neuer in Skopje, Aber das geht auch, ohne sofort wieder von einem Titel zu reden.

Wirtz, Musiala, Adeyemi, auch Havertz sind noch so jung, dass sie nicht mit Erwartungen überfrachtet werden sollten. Die Qualifikation zur WM ist eine schnöde Pflicht für eine deutsche Mannschaft. Der erste Platz in der höchsten Division der Nations League wäre eine andere Hausnummer - auch wenn der Wettbewerb in Deutschland immer noch belächelt wird.