Fußball | Niederlande Fans des NAC Breda gewinnen Kampf gegen Übernahmeversuch

Stand: 25.05.2022 15:30 Uhr

Die Fans des NAC Breda haben sich erfolgreich gegen die Übernahme ihres Vereins durch eines der reichsten Fußballkonsortien der Welt gewehrt - der City Football Group (CFG). Es ist eine Geschichte, die das Herz von Fußballtraditionalisten höherschlagen lässt.

Von Lukas Stellmach

Am 22. März 2022 sorgte ein offizielles Statement des NAC Breda bei den Fans für Entsetzen: Die Anteilseigner ihres Klubs hätten sich mit der City Football Group (CFG), Besitzer des englischen Meisters Manchester City, auf einen Verkauf geeinigt, hieß es darin. Für sieben Millionen Euro sollte ihr Verein über die Ladentheke gehen. So weit, so normal in der modernen Welt des Fußballs. So unvorstellbar für den traditionsbewussten Anhang des niederländischen Zweitligisten.

Haltung der Fans: "Ein klares Nein"

Doch sowohl NAC als auch die CFG, zwischen denen bis 2021 fünf Jahre lang eine Kooperation bestand, hatten die Rechnung ohne die Anhänger gemacht. Die Haltung vieler Fans war schnell klar. "Wir gehen lieber Pleite, als dass wir an eine solche Gruppe verkauft werden. Das schmutzige Geld aus Abu Dhabi und die dortige Menschenrechtssituation führen zu einem klaren Nein!", erzählt Leon Decker, aktives Fanmitglied bei NAC, Podcaster und Herausgeber des NAC-Fanzines "De Rat" der Sportschau: "Breda hat eine sehr starke Basis von Fans, einen sehr hohen Zuschauerschnitt, mit unserer eigenen typischen Kultur. Darauf sind wir sehr stolz. Wir sind nicht austauschbar wie viele andere Vereine. Das mussten wir unbedingt zeigen."

Die City Football Group

  • Die City Football Group (CFG) ist ein globales Fußballclubnetzwerk, das in elf Vereinen investiert ist. Beim englischen Meister Manchester City, sowie beim MLS-Klub New York CityFC und Melbourne City aus Australien ist die CFG Hauptanteilseigner.
  • Die CFG wurde 2013 gegründet. Sie ist im Besitz der Newton Investment and Development LLC (77 Prozent), des China Media Capital (CMC) Consortium (acht Prozent) und der US-amerikanischen Beteiligungsgesellschaft Silver Lake (15 Prozent).
  • Die Newton Investment and Development LLC ist eine Investmentfirma, die Scheich Mansour Bin Zayed Al Nahyan - Mitglied der Königsfamilie von Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten - gehört. In der Kritik steht die CFG vor allem aufgrund der Menschenrechtssituation in Abu Dhabi
  • Fußballfans, Funktionäre und Wissenschaftler prangern auch die finanziellen Ressourcen der CFG und ähnlichen Konstrukten sowie die dadurch verschobenen Machtstrukturen im Fußball an und erheben den Vorwurf des Sportswashing.

Protest vor dem Stadion von Manchester City

Die Angst, künftig in dem großen Fußballkonsortium nur noch ein Baustein von vielen zu sein, war omnipräsent. Innerhalb weniger Stunden veröffentlichten verschiedene Fangruppen ein erstes Statement, in dem sich die Anhänger klar gegen die Pläne positionierten. Am darauffolgenden Wochenende machten sich Fan-Vertreter auf den Weg nach Manchester und machten dort vor dem Stadion von Man City mit einem großen Banner ihren Unmut über den geplanten Deal deutlich. Ihre Botschaft: "Bleibt aus unserem Gebiet, NAC ist keine City Group Story!"

Zum gleichen Zeitpunkt hängten weitere Fans beim SK Lommel in Belgien und beim ES Troyes AC in Frankreich dieselbe Botschaft auch an deren Stadien. Auch in diese Vereine ist die CFG involviert. Bilder und Videos von den Protesten wurden auf den sozialen Netzwerken verbreitet. Möglichst viel Aufmerksamkeit und Widerstand wollten die Fan-Gruppen erzeugen, um auch die anderen Fans hinter sich zu bringen: "Wir haben geschafft, uns und wofür wir als Fans stehen zu entwickeln, und wussten, wie wir diesen besonderen Charakter schützen können", sagt Decker.

"Goldene Aktie" als Ass im Ärmel

Die Fans von Breda waren nicht so naiv, um zu glauben, dass Proteste allein die Übernahme verhindern würde. Zu viele Vereine wurden schon gegen den Willen der Anhänger verkauft. Doch in Breda hatten die Fans ein Ass im Ärmel: Sie sind im Besitz einer so genannten "Goldenen Aktie". Deren Inhaber verfügen über Rechte, die über die der übrigen Aktionäre hinausgehen. Beim NAC Breda ermöglicht die "Goldene Aktie" ein Vetorecht bei wichtigen Entscheidungen, wie z.B. der Übernahme durch Investoren.

Seit 2011 besitzen die Breda-Fans eine "Goldene Aktie" ihres Klubs. Damals konnte der Verein die Pleite nur durch den Einstieg von Investoren verhindern. Und durch die Hilfe der Fans. Sie sammelten über 400.000 Euro, die sie dem Club für das Lizensierungsverfahren unter einer Bedingung in Aussicht stellten: Die Fans sollten die "Goldene Aktie" erhalten. Nach harten Verhandlungen stimmte der Verein den Bedingungen der Anhänger zu. Die Fans gründeten in der Folge die NOAD-Stiftung, die die "Goldene Aktie" offiziell hält. Die Führung der NOAD-Stiftung setzt sich aus einem Fanvertreter, dem Leiter des NAC-Museums, einem ehemaligen Spieler und dem Leiter der Nachwuchsakademie zusammen.

Lokale Investoren als Alternative

Damit die Fans das Vetorecht der Goldenen Aktie jetzt tatsächlich anwenden konnten, um die CFG-Übernahme zu verhindern, mussten sie ein Alternativangebot vorlegen. Wieder sammelten sie viel Geld – insgesamt 15 Millionen Euro. Die Beteiligten gründeten die Investorengruppe "NAC=Breda", die aus lokalen Unternehmen und Personen mit Bezug zur Stadt und zum Verein besteht. Mit der Investorengruppe wurde vereinbart, dass diese nach und nach ihre Anteile wieder an den Verein abtreten. So soll der Verein nachhaltig vor unliebsamen Übernahmen geschützt werden.

Nur wenige Wochen nach der Vereinbarung zwischen NAC und der CFG verkündete der Verein auf seiner Website am 20. Mai, dass sich "die Aktionäre der NAC auf die Übernahme durch das Investorenkollektiv NAC=Breda geeinigt" hätten. Bei den Fans war die Freude riesig. "Wir haben erfahren, wie viel Macht wir haben, nicht nur als Fans. Wir waren der erste Verein, der die City Football Group abgelehnt hat. Dies könnte ein Wendepunkt sein", sagt Leon Deckers nicht ohne Stolz über den Erfolg.

Balsam für die Seele vieler Fußballtraditionalisten

Die Ereignisse sorgten im In- und Ausland für großes Interesse. Viele Fangruppen anderer Vereine meldeten sich bei Deckers und seinen Mitstreitern. In Zeiten von Vereinsübernahmen und Sportswashing durch höchst umstrittene Investorengruppen ist die Geschichte aus Breda Balsam für die Seele vieler Fußballtraditionalisten. "Wir hoffen, dass wir allen gezeigt haben, dass es möglich ist", sagt Deckers. Wichtig sei, "ein gesunder Verein zu sein und Investoren gar nicht nötig zu machen".

Deckers denkt sogar schon einen Schritt weiter und will die Stimme der Fans im Fußball insgesamt stärken: "Die Diskussion sollte auf einer höheren Ebene, wie die der UEFA oder der FIFA geführt werden. Wir versuchen den Rückenwind zu nutzen."

Die Klubführung des NAC Breda reagierte auf eine Anfrage der Sportschau nicht. Auch von der City Football Group gab es keine Antwort. Dort hat man nur wenige Wochen nach dem Scheitern der Übernahme in Breda einen neuen Investment-Case aufgespürt. Der traditionsreiche FC Palermo, aktuell in der italienischen Serie C beheimatet, soll kurz vor dem Verkauf an die CFG stehen. Es wäre der zwölfte Verein weltweit. Kostenpunkt: zehn Millionen Euro. Von einer "Goldenen Aktie" ist in Palermo nichts bekannt.