Finanzielle Regeln in Europas Fußball Financial Fairplay: Messis Wechsel und die Folgen

Stand: 11.08.2021 13:30 Uhr

Lionel Messi verließ Spanien auch deshalb, weil für Barcelona finanzielle Regeln gelten, die in Frankreich derzeit nicht angewendet werden. Das Financial Fairplay der UEFA ist zudem gelockert - und steht bald komplett zur Debatte.

Dass Lionel Messis Vertrag beim FC Barcelona nicht verlängert wurde, lag nach Angaben des Klubs an den finanziellen Regularien der spanischen Liga. Selbst kostenlos hätte Messi nicht spielen dürfen, sagte Präsident Joan Laporta. Der Hintergrund ist nach dessen Angaben, dass in Spanien die Ausgaben für Spielergehälter nicht größer als 70 Prozent der Einnahmen sein dürfen. Selbst ohne Messi betrage das aktuelle Gehaltsgefüge immer noch 95 Prozent der Einnahmen, sagte Laporta. Die Trennung von Messi war deshalb auch ein erster Schritt, denn mit dem großen Star wären es laut Laporta 110 Prozent gewesen.

Der Präsident hat den Klub in einem desaströsen Zustand von Vorgänger Josep Bartomeu übernommen. Der FC Barcelona hat jahrelang über alle Verhältnisse gelebt und nach eigenen Angaben mehr als eine Milliarde Euro Schulden. Erst kürzlich nahm er einen Kredit von 500 Millionen Euro auf, um die dringendsten Schulden zu begleichen. Bei Paris Saint-Germain, wo Messi nun spielen wird, hat man diese Probleme nicht.

PSG: Finanziert aus Katar, (noch) befreit von der 70-Prozent-Regel

PSG befindet sich seit Jahren im Besitz von Katars Staatsfonds. PSG-Präsident Nasser Al-Khelaifi aus Katar bedankte sich nach dem Transfer bei den Partnern des Klubs. "Sie haben vom ersten Tag an unser Projekt geglaubt", sagte er. Unter den Sponsoren des Klubs befinden sich die Tourismusbehörde Katars, ein Mobilfunkanbieter aus Katar, die staatliche Fluggesellschaft "Qatar Airways", Katars Nationalbank, Katars Sportsender BeIN Sports und eine sportmedizinische Klink aus Katar. Geld für Messi ist genug da.

Für PSG gelten aber derzeit keine vergleichbaren Regeln wie für Barcelona. In Frankreich gibt es die in Spanien derzeit häufig zitierte 70-Prozent-Regel noch nicht. Die französischen Kontrolleure der Fußballfinanzen der DNCG wollten sie nach spanischem Vorbild zwar einführen, nahmen aber angesichts der Coronakrise aus Rücksicht auf die Lage der Klubs wieder Abstand davon. Erst 2023/24 statt zur aktuellen Saison soll die Regel nun kommen. Laut der französischen Sporttageszeitung "L'Équipe" stand PSG 2019/20 bereits bei 100 Prozent Gehaltsausgaben im Vergleich zu den Einnahmen. Und die Ausgaben wachsen mit Messi.

Paris muss Spieler loswerden

Denn ablösefrei heißt nicht kostenlos, Messi soll Medienberichten zufolge 40 Millionen Euro netto pro Jahr verdienen. Wohl auch deshalb versucht PSG nun, andere Spieler abzugeben. "The Athletic" berichtet von zehn Akteuren - darunter Thilo Kehrer - die von PSG angeboten werden. Der Transfermarkt ist unterhalb der Spitze seit Corona allerdings abgekühlt, die teure zweite Reihe aus Paris können sich nur wenige Klubs leisten.

Doch mittelfristig muss auch Paris offiziell seine Bilanzen ausgleichen, um die französischen Regeln einzuhalten - und die der UEFA.

Das Financial Fairplay der UEFA ist kaum eine Gefahr für PSG

Die UEFA reguliert die Fußballfinanzen mit ihrem sogenannten "Financial Fairplay". Vereinfacht gesagt darf ein Klub in den zurückliegenden drei Jahren ein Defizit von maximal 30 Millionen Euro aufweisen, dass durch externe Geldgeber ausgeglichen werden kann, ansonsten kommt es zu Sanktionen. Angesichts der Pandemie kam es auch hier zu Lockerungen: Die UEFA gestattet beispielsweise, dass die Jahre 2020 und 2021 zusammengefasst in die Bilanzen fließen, außerdem wurde der zu prüfende Zeitraum vorübergehend auf vier Jahre erweitert.

Für PSG ist es dadurch zumindest aktuell leichter, die Regeln einzuhalten. Die Durchsetzung der Regeln bleibt ohnehin schwierig: Als Manchester City in der Vorsaison wegen Verstößen aus der Champions League ausgeschlossen wurde, hielt dieser Beschluss einer Verhandlung vor dem internationalen Sportgerichtshof CAS nicht stand, Man City drang anschließend bis ins Finale gegen Chelsea vor.

Im Rahmen der "Football Leaks"-Recherche wurde 2018 bekannt, dass PSG die Regeln der UEFA trickreich und mit einflussreicher Hilfe umgangen haben soll. Die Zukunft des Financial Fairplay steht aber ohnehin in Frage, und PSG-Präsident Al-Khelaifi spielt bei der künftigen Gestaltung eine wichtige Rolle.

Neue Regeln für das Financial Fairplay: Al-Khelaifi an allen Hebeln

Al-Khelaifi ist nach dem Debakel von zwölf Klubs um die Super League zum Amt des Vorsitzenden der Europäischen Klubvereinigung ECA gewählt worden. Er sitzt im mächtigsten Gremium der UEFA, dem Exekutivkomitee. Al-Khelaifi ist Chef des Sportsenders BeIN Sports, der regelmäßig TV-Rechte bei der UEFA erwirbt und er stand treu an der Seite der UEFA und von deren Präsident Aleksander Ceferin, als es den Angriff der Super League abzuwehren galt. Al-Khelaifis Einfluss in der UEFA ist also groß, sein Interesse an finanziellen Einschränkungen für PSG ist eher klein. Transfers wie der von Messi sind nützlich für Katars Prestigeprojekt Paris Saint-Germain.

UEFA-Präsident Ceferin kündigte vor der Europameisterschaft an, dass man sich im September mit dem Financial Fairplay beschäftigen werde. Es müsse modernisiert und angepasst werden, sagte er der französisichen Nachrichtenagentur AFP. Ob Großklubs wie PSG engere Grenzen gesetzt werden, sagte Ceferin nicht. "Wir werden die Lücke zwischen den Spitzenklubs und den kleinen Vereinen nicht schließen und wir werden sie nicht mal verkleinern. Aber wir können zumindest das Wachstum der Lücke etwas verlangsamen", so Ceferin.

Über Al-Khelaifi sagte Ceferin bei dessen Wahl zum ECA-Chef laut UEFA: "Ich freue mich darauf, mit ihm zusammenzuarbeiten, um die Zukunft des Klubfußballs auf europäischer Ebene zu gestalten. Er ist ein Mann, dem ich vertrauen kann." Der Auftakt zu harten Verhandlungen klingt wohl anders.