Sheriff's Trainer Yuriy Vernydub im Playoffspiel der Europa League gegen Braga

Jurij Wernydub Fußball in der Ukraine - Trainer und Soldat

Stand: 25.08.2022 11:49 Uhr

Jurij Wernydub gewann mit Tiraspol bei Real Madrid. Als der Krieg ausbrauch, meldete sich der Ukrainer zum Dienst in der Armee. Nun trainiert er nebenbei einen Aufsteiger.

Ein 0:0 im Hinspiel bei NK Maribor gibt Sheriff Tiraspol Hoffnung, auch die zweite Qualifikationsrunde zur Champions League 2022/23 zu überstehen. Bei einem erfolgreichen Rückspiel müssten noch zwei weitere Runden bewältigt werden, um wieder auf den ganz großen Bühnen des europäischen Fußballs zu stehen.

In der vergangenen Saison war das gelungen. Es gab sogar mehrmals etwas zu feiern. Historisch wird der 2:1-Sieg im Estadio Santiago Bernabeu bei Real Madrid bleiben, dem späteren Sieger des Wettbewerbs. Die Fotos des belämmerten Real-Trainers Carlo Ancelotti gingen um die Welt. Ein paar Meter neben ihm lag Kollege Jurij Wernydub seinen Spielern in den Armen, der Trainer von Tiraspol aus der autonomen Region Transnistrien, die zu Moldawien gehört.

Inzwischen ist Wernydub Trainer bei einem Aufsteiger in die erste ukrainische Liga, der Premjer-Liha. Das hat rein gar nichts mit sportlichen Aspekten zu tun, sondern ausschließlich mit dem Krieg, mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine.

Morgens Kriegsbeginn, abends Europa League

Sein Sohn habe ihn am 24. Februar 2022 frühmorgens angerufen und von der Invasion berichtet, schrieb Wernydub im März in einem Beitrag für die BBC. Er sei zu dem Zeitpunkt in Portugal gewesen, habe mit Tiraspol abends gegen den SC Braga in der Europa League gespielt.

Sofort habe er den Beschluss gefasst, den Job zu schmeißen, in die Heimat zurückzukehren und zur Waffe zu greifen. Fast seit Beginn des Krieges kämpft der 56 Jahre alte Wernydub für sein Land, die Ukraine, gegen die inzwischen verhassten Russen.

"Frieden wird es nur geben, wenn wir gewinnen"

Er könne an nichts anderes denken als an einen Sieg gegen den Aggressor. "Frieden wird es nur geben, wenn wir gewinnen", schrieb Wernydub im März. Über "mein Leben", das "der Fußball" sei, heißt es: "Ich hoffe, dass dieser Krieg nicht zu lange dauern wird. Ich bin sicher, dass ich wieder als Trainer arbeiten und Pokale gewinnen werde."

Ein Ende des Krieges ist nicht abzusehen. Jurij Wernydub kämpft weiter, und er arbeitet wieder - in Teilzeit. Der FC Krywbas aus der Stadt Kryvyi Rih im Süden der Ukraine hat ihn verpflichtet. Als Zweiter der 2. Liga stieg der Klub auf, derzeit bereitet er sich auf die Saison in der höchsten Klasse vor.

Die Frauenmannschaft des Klubs war im Frühjahr in Deutschland zu Gast, wurde vom 1. FC Köln unterstützt und traf bei der Hilfsorganisation "Blau-Gelbes Kreuz" mit Bundeskanzler Olaf Scholz zusammen.

Symbolträchtiger Start der Premjer-Liha

Die Premjer-Liha soll am Dienstag (23.08.2022) starten, symbolträchtig am Vorabend des ukrainischen Unabhängigkeitstages. Ligafußball in Zeiten des Krieges mit tausenden Toten, Verwundeten, Obdachlosen? Wie steht die Bevölkerung dazu, fragte die Sportschau den Journalisten Andrew Todos, der aus London in seinem Blog "Zorya Londonsk" und über Soziale Netzwerke über den Fußball in der Ukraine berichtet. "Einerseits war es ein Schock, andererseits gibt es auch Verständnis. Die Ukrainer wollen ihr Leben weiterleben, so gut es eben geht", so Todos. Über seinen Account verbreitete er auch am 28. Februar das Foto von Wernydub (Mitte) und zwei Kameraden, die bereit für den Krieg seien.

Jurij Wernydub, der in der Saison 1993/94 sieben Zweitligaspiele für den Chemnitzer FC bestritt, geht mit seinem neuen Klub FC Kryvbas Ende Juli in das dritte Trainingslager der Vorbereitung.

Screenshot der Homepage des FC Kryvbas

"Im Westen der Ukraine" heißt es zum Ort des Trainingslagers auf der Homepage des Vereins, die beim Aufrufen zeigt, unter welchen Umständen Wernydub seine Mannschaft für die Saison präpariert. Mit einem Foto, auf dem Soldaten ihre Gewehre in die Höhe recken, ruft der Fußballklub dazu auf, die Streitkräfte und die Militärpolizei von Kryvyi Rih zu unterstützen.