Frauenfußball | USA Missbrauchsvorwürfe im US-Frauenfußball - nächster Rücktritt

Stand: 06.10.2021 11:15 Uhr

Der Skandal um Missbrauchsvorwürfe im US-Frauenfußball weitet sich aus. Der Haupteigner von Washington Spirit erklärte seinen Rückzug, die Spielerinnen fordern aber weitergehende Maßnahmen.

Wie der NWSL-Klub aus Washington am Dienstag (05.10.2021, Ortszeit) mitteilte, verabschiedete sich Steve Baldwin als geschäftsführender Gesellschafter bei Spirit. Baldwin war zuvor für seinen Umgang mit Anschuldigungen gegen Ex-Coach Richie Burke in die Kritik geraten. Burke war nach Ermittlungen wegen Vorwürfen der Belästigung und einer toxischen Arbeitskultur entlassen worden.

Washington-Spielerinnen: Kein Vertrauen in den Besitzer

Baldwins Rücktritt reichte den Spielerinnen aber nicht: Sie forderten ihn in einem auf dem Twitter-Account von Nationalspielerin Andi Sullivan veröffentlichten Brief dazu auf, seine Anteile an die Mitbesitzerin Y. Michele Kang zu verkaufen. In den von Baldwin selbst noch installierten Nachfolger Ben Olsen gebe es kein Vertrauen.

Liga-Verband NWSL mit neuem Führungsgremium

Nach den in der vergangenen Woche bekanntgewordenen schweren Vorwürfen wegen sexuellen Missbrauchs und unterlassener Hilfeleistung durch die frühere Verbandsspitze hatte die amerikanische Frauenfußball-Profiliga NWSL bereits am Sonntag eine neue Führungsspitze eingesetzt. Wie die NWSL auf ihrer Homepage mitteilte, soll ein neues Führungstrio mit Amanda Duffy, Angie Long und Sophie Sauvage die weitere Untersuchung des Skandals leiten und überwachen.

Duffy ist Vizepräsidentin bei Orlando Pride, Long ist Besitzerin des NWSL-Klubs aus Kansas City, Sauvage ist Vorstandsmitglied bei OL Reign. Die drei Managerinnen sollen den Ligaverband kommissarisch führen, die Suche nach einer dauerhaften Besetzung des Commissioner-Postens sei angelaufen, teilte die NWSL mit. Die Vorwürfe sollen auch zur Untersuchung an das US-Zentrum für SafeSport weitergeleitet werden, so der Ligaverband.

US Soccer beauftragt Ex-Bundesanwältin Yates mit Ermittlungen

Nach einem Bericht des Magazins "The Equalizer" hat die US-Frauenliga zudem eine Anwaltsfirma mit einer unabhängigen Untersuchung beauftragt. Die Privatermittler sollen auch Reformvorschläge für die Liga und die Klubs erarbeiten sowie Richtlinien, wie Spielerinnen gegen Übergriffe geschützt werden können.

Auch der nationale Fußballverband US Soccer brachte eine eigene Untersuchung auf den Weg, wegen der "Anschuldigungen über Missbrauch und sexuellen Übergriffen im Frauen-Profifußball", hieß es in der Mitteilung. Geleitet werden sollen die Ermittlungen von der hochrangigen Juristin Sally Q. Yates, ehemalige stellvertretende Generalstaatswanwältin am US-Justizministerium.

Liga-Chefin Baird zurückgetreten

Zuvor war am Samstag die bisherige Liga-Chefin Lisa Baird nach Bekanntwerden der massiven Vorwürfe gegen North Carolinas Coach Paul Riley zurückgetreten. Auch die langjährige Generalsekretärin Lisa Levine ist nicht mehr im Liga-Vorstand.

Im Zuge der ersten Untersuchungen der Vorwürfe gegen North-Carolina-Trainer Riley wurde bekannt, dass die NWSL unter Beard Hinweise darauf ignoriert und unter den Teppich gekehrt hatte.

Liga steht nach Skandal still

Riley war in der vergangenen Woche von NWSL-Klub North Carolina Courage entlassen worden. Nach "sehr schwerwiegenden Vorwürfen wegen Fehlverhaltens", hieß es in einer Mitteilung. Der US-Verband entzog Riley die Lizenz, das beschriebene Verhalten sei "abstoßend, inakzeptabel und hat keinen Platz im Fußball oder in der Gesellschaft." Die für dieses Wochenende angesetzten Spiele wurden allesamt abgesagt.

Schwere Vorwürfe wegen sexueller Nötigung

Die beiden ehemaligen Spielerinnen Sinead Farrelly und Mana Shim hatten gegenüber dem Portal "The Athletic" über ihre Erlebnisse mit dem Trainer Riley berichtet, demnach erstreckten sich die sexuellen Belästigungen über viele Jahre. Der Engländer war seit 2017 Headcoach von North Carolina Courage, zuvor im Zeitraum zwischen 2010 und 2015 bei verschiedenen NWSL-Klubs tätig. Der 58-Jährige wies die meisten der Vorwürfe laut "The Athletic" als "völlig unwahr" zurück.

Fälle von Missbruch und Übergriffen im US-Fußball

Schon im vergangenen August war Christy Holly als Trainer bei Racing Louisville gefeuert worden, nachdem Spielerinnen über ein "toxisches Umfeld" geklagt hatten.

Prominente US-Fußballerinnen wie Megan Rapinoe und Alex Morgan zeigten sich solidarisch mit den betroffenen Spielerinnen und zugleich schockiert über die Ausmaße von sexueller Nötigung, Machtmissbrauch und allgegenwärtiger Erniedrigung im US-Frauenfußball.