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Frauenfußball
Entscheidung bei der FIFA: Zwei Bewerbungen für die Frauen-WM 2023
Von Chaled Nahar
Die FIFA entscheidet heute darüber, wo die WM der Frauen 2023 stattfinden wird. Zur Wahl stehen eine gemeinsame Bewerbung aus Australien und Neuseeland sowie eine aus Kolumbien. Der Wahlkampf ist in vollem Gange.
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FIFA-Präsident Gianni Infantino bittet den FIFA-Rat, auch FIFA-Council genannt, am Donnerstag (25.06.2020) um 15 Uhr MESZ zur Videokonferenz. Auf der Tagesordnung des Gremiums steht auch die Vergabe der Weltmeisterschaft der Frauen 2023. Zwei Bewerbungen stehen zur Wahl, nachdem Japan am Montag (22.06.2020) seine Kandidatur zurückgezogen hat:
- Australien und Neuseeland
- Kolumbien
Der japanische Verband begründete den kurzfristigen Rückzug mit der verlegten Austragung der Olympischen Spiele in Tokio ins Jahr 2021 und mit den Folgen der Corona-Pandemie. Zuvor hatte auch Brasilien seine Bewerbung widerrufen. Zu Beginn waren neun Bewerbungen angekündigt, von denen die meisten aber schnell zurückgezogen wurden.
Erstmals 32 Teams dabei
Die neunte Auflage wird die bisher größte WM der Frauen, erstmals werden 32 Teams mitspielen. Beim ersten Turnier 1991 waren zwölf Länder dabei, seitdem war das Turnier zwei Mal vergrößert worden - zunächst auf 16 Teams (1999) und dann auf 24 Teams (2015).
Das Turnier wird bei der Ausrichtung also auch logistisch eine immer größere Herausforderung.
Klare Favoriten: Australien und Neuseeland
"Die Qualität der Bewerbungen zeugt von den neuen Impulsen, die der Frauenfußball geschaffen hat", wird FIFA-Generalsekretärin Fatma Samoura in einer Mitteilung zitiert. In einem 228 Seiten langen Evaluationsbericht reiht die FIFA auf, welche Bewerbung besondere Stärken oder Schwächen beispielsweise bei Stadien, Hotels, Sicherheit oder Verkehr hat.
Das Ergebnis: Die Bewerbung von Australien und Neuseeland liegt bei 5 möglichen Punkten mit einem Wert von 4,1 vorne, während Kolumbien mit 2,8 fast abgeschlagen wirkt. Das ist natürlich ein Hinweis, trotzdem sind beide Bewerbungen zugelassen. Die Mitglieder des FIFA-Rats haben die Wahl - und in ähnlichen Berichten hatten Russland und Katar für die Männer-Weltmeisterschaften 2018 und 2022 ebenfalls die schlechtesten Noten.
Kolumbien beklagt sich, Regierungen versprechen Geld
Der Bericht hat trotzdem Einfluss. Und über Kolumbien steht darin, dass bei den Stadien noch viel zu tun ist: "Da das Turnier bereits in drei Jahren ausgetragen werden soll, besteht eindeutig das Risiko, dass die nötigen baulichen Maßnahmen nicht rechtzeitig realisiert würden." Weitere Schwächen wurden aufgeführt, auch bei der kommerziellen Verwertung des Turniers.
Die südamerikanische Konföderation CONMEBOL und der kolumbianische Verband reagierten empört. In einem gemeinsamen Brief schrieben sie von "falschen und diskriminierenden Schlussfolgerungen". Die UEFA ist seit einiger Zeit eng mit der CONMEBOL verbandelt. Die englische Zeitung "Guardian" berichtete bereits, dass mindestens zwei Stimmen aus Europa an Kolumbien gehen sollen. Die Regierungen aus Australien und Neuseeland versprachen der FIFA derweil eine großzügige finanzielle Beteiligung an dem Turnier, was ein wichtiges Argument werden kann.
Der Wahlkampf läuft also.
FIFA-Rat stimmt ab - nicht der Kongress
Die Vergabe der WM-Turniere der Männer ist bei der Vergabe von fast allen Turnieren der jüngeren Vergangenheit von Korruptionsvorwürfen begleitet worden. Diese betrafen Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees und ihre geheime Wahl. Zur Vergabe der Männer-WM 2026 führte die FIFA deshalb ein neues Verfahren ein: Jeder Mitgliedsverband der FIFA sollte beim Kongress öffentlich abstimmen - was Transparanz schaffen und verlorene Glaubwürdigkeit wiederherstellen sollte.
Das FIFA-Exekutivkomitee gibt es nicht mehr, der FIFA-Rat ist aber sein Nachfolge-Organ. Und bei der Frauen-WM gilt das alte Verfahren der Männer-WM, die Ausrichtung wird im Rat festgelegt. Die 36 gewählten Vertreterinnen und Vertreter der Konföderationen wie beispielsweise der UEFA plus Präsident Infantino haben im FIFA-Rat grundsätzlich eine Stimme.
Wie die Wahl im FIFA-Rat ablaufen soll
Die Bewerber haben bei dem Termin zehn Minuten Zeit, sich nochmal zu präsentieren, heißt es im offiziellen Wahlverfahren. Von den 37 Mitgliedern des FIFA-Rats sind zwei nicht stimmberechtigt. Eine Frau aus Neuseeland sowie ein Mann aus Kolumbien dürfen nicht abstimmen, weil ihre Verbände kandidieren.
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Konföderation | Anzahl Stimmen |
---|---|
Europa | 9 |
Afrika | 7 |
Asien | 7 |
Nord-/Mittelamerika/Karibik | 5 |
Südamerika | 4 |
Ozeanien | 2 |
plus FIFA-Präsident | 1 |
Summe | 35 |
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Eine Bewerbung erhält den Zuschlag, wenn sie im ersten Wahlgang eine einfache Mehrheit der gültigen abgegebenen Stimmen bekommt. Kommt es zu einem Gleichstand, gibt es einen weiteren Wahlgang. Bleibt es auch dann beim Gleichstand, entscheidet die bessere Punktzahl aus dem Evaluationsbericht - wodurch Australien und Neuseeland den Zuschlag bekämen.
Der DFB hat keine Stimme im FIFA-Rat. Seit Reinhard Grindels Rücktritt hält der Franzose Noel Le Graet diesen Sitz.
Neue Transparenz: FIFA will Stimmverhalten veröffentlichen
Während bei den skandalträchtigen Vergaben der Männer-Turniere 2018 und 2022 bis heute weitgehend unklar blieb, wer wofür stimmte, soll nach Angaben der FIFA nun bei der Frauen-WM das Stimmverhalten aller Mitglieder veröffentlicht werden.
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Jahr | Gastgeberinnen | Weltmeisterinnen |
---|---|---|
1991 | China | USA |
1995 | Schweden | Norwegen |
1999 | USA | USA |
2003 | USA | Deutschland |
2007 | China | Deutschland |
2011 | Deutschland | Japan |
2015 | Kanada | USA |
2019 | Frankreich | USA |
Stand: 23.06.2020, 09:46