Interview mit Gaby Papenburg Gaby Papenburg: "Brauchen ein gemischtes Doppel an der DFB-Spitze"

Stand: 18.11.2021 13:00 Uhr

Die Frauen-Initiative "Fußball kann mehr" gibt im Kampf um mehr Gleichberechtigung im DFB nicht auf. Mitgründerin Gaby Papenburg fordert im Interview massive Strukturänderungen.

Gaby Papenburg ist Mitgründerin der Initiative "Fußball kann mehr", die sich für mehr Geschlechtergerechtigkeit im Fußball einsetzt. Die Fernsehmoderatorin wollte im August Präsidentin des Berliner Fußball-Verbandes werden, unterlag bei der Wahl aber. Sie wäre die erste Frau an der Spitze eines deutschen Landesverbandes gewesen.

Sportschau: Frau Papenburg, wir haben gehört, dass sich die Amateurverbände offensichtlich schon auf zwei Kandidaten für den kommenden DFB-Präsidenten festgelegt haben: Peter Peters und Bernd Neuendorf. Das Thema "Mehr Frauen in DFB-Gremien" scheint in diesem Zusammenhang keines mehr zu sein. Sind die Frauen geschlagen?

Gaby Papenburg: Nein, keineswegs sind wir geschlagen. Es gibt ja unsere Initiative "Fußball kann mehr" nach wie vor, und diese Initiative ist höchst lebendig. Wir sind fest davon überzeugt, dass mehr Diversität dem deutschen Fußball sehr gut tun würde. Also: Mehr Frauen, mehr junge Leute in die Ämter. Und: Strukturen aufbrechen, die Dinge moderner gestalten, moderner miteinander kommunizieren.

Sportschau: Inwieweit ist die Initiative im Moment aktiv? Was tut sie?

Papenburg: Wir beobachten sehr genau, was im Moment gerade beim DFB passiert und stärken im Hintergrund unsere Strukturen. Wir werden uns institutioneller aufstellen. Und es wird im Dezember ein neues Papier von uns geben, in dem wir unsere Gespräche mit den Verbänden und Vereinen auswerten und einen möglichen zukünftigen Weg aufzeigen.

Ich bin im Übrigen überrascht von der scheinbaren Festlegung der Amateurverbände auf Peters und Neuendorf und die kolportierte Deadline 15. November. Diese Deadline gab es nie offiziell. Viele Vereinsvertreter haben mir gesagt, sie fühlen sich eigentlich alle ein wenig überrannt. Oder: mal wieder nicht gefragt.

Neuer DFB-Präsident - "Man müsste die Meinung der Basis einholen"

Sportschau: Aber die Vereine haben ja ihre Regionalverbände, deren Vertreter von ihnen gewählt und daher ihre Stimme bei derlei Entscheidungen sind…

Papenburg: Das ist eines der großen Probleme beim DFB: diese verkrusteten Strukturen. Ja, diese Leute wurden irgendwann einmal gewählt. Mit diesem Mandat verlassen sie aber sozusagen die Basis und fragen dort nicht mehr nach. In Sachen künftiger DFB-Präsident würde es dem deutschen Fußball aktuell sehr gut tun, wenn er mal wirklich die Meinung der Basis einholen würde.

Stattdessen gibt es endlose abendliche Versammlungen von Delegierten, die alle personellen Entscheidungen im Grunde schon vorher im Hintergrund besprochen und abgesichert haben. Diese Form der Kommunikation und Entscheidungsfindung muss dringend aufgebrochen werden, wenn der DFB irgendwann einmal moderner aufgestellt sein will.

Sportschau: Sie persönlich haben negative Erfahrungen mit derlei Versammlungen und Wahlen gemacht. Sie wären vor einem halben Jahr gern Berliner Fußball-Verbandsvorsitzende geworden. Wiedergewählt wurde aber mit Bernd Schultz einer, der das schon seit vielen Jahren macht.

Papenburg: Ja, dieser Wahlabend war dann auch schon fast ein traumatisches Erlebnis für mich. Ich musste erkennen: Ich war von vornherein chancenlos. Die Delegierten wollten keine Frau. Und schon gar keine, die nicht eine Laufbahn in einem Verein vorweisen kann. Dabei hatte ich ein interessantes Team zusammengestellt. Junge Leute, dynamische Leute, die viel Schwung gebracht hätten.

Für das Thema Steuern und Finanzen hatte ich - zum Beispiel - eine junge Mutter am Start, eine Fachfrau, die das mit mir gern gemacht hätte. Dann stand an dem Abend ein 80-jähriger Revisor auf und warf meinem Team vor, zu jung zu sein, keine Erfahrung und schlichtweg keine Ahnung von den zu bewältigenden Aufgaben zu haben. Und die Mehrheit hat ihm applaudiert. Das war bezeichnend.

"Endlose Versammlungen abends in der Kneipe - das macht kein junger Mensch mehr mit"

Sportschau: Ist der deutsche Fußball möglicherweise einfach noch nicht bereit für Veränderungen?

Papenburg: Das habe ich mich auch schon gefragt. An den entscheidenden Stellen wird auf jeden Fall darauf hingearbeitet, dass es möglichst immer so weitergeht wie bisher. Aber die Strukturen sind verkrustet. Endlose Versammlungen abends in der Kneipe - das macht kein junger, ansonsten viel moderner kommunizierender Mensch mit. Wir müssen kürzere Entscheidungswege finden, digitale Kommunikationsformen nutzen, viel flexibler, schneller und beweglicher werden.

Sportschau: Wird es noch eine Kandidatin für den im Februar zu wählenden DFB-Präsidenten-Job geben?

Papenburg: Das glaube ich eher nicht! Dafür sind die Beharrungskräfte beim DFB einfach zu stark. Aber eine Doppelspitze wäre doch genau das, was dem DFB im Moment sehr guttun würde. Es gibt so viele gravierende Probleme, die der Verband in Zukunft zu bewältigen hat - diese Last wäre an der Spitze doch auf zwei Schultern viel besser verteilt, als nur auf einer. Und hier ein gemischtes Doppel zu haben - das wäre total passend. Aber das aktuelle Präsidium hat einer solchen Doppelspitze ja schon eine Abfuhr erteilt, hat sie ja schon ausgeschlossen. Leider.

Das Gespräch führte Olaf Jansen