Frauen-Bundesliga Ausgliederung der Frauen-Bundesliga rückt mehr in den Fokus

Stand: 06.10.2021 09:21 Uhr

Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger beantragt die Ausgliederung der Frauen-Bundesliga. Die Initiative erhöht den Druck auf den DFB.

Wenn das mal kein Statement war: Mit 5:0 fegte die Talentschmiede der TSG Hoffenheim zum Auftakt der neuen Gruppenphase der Women’s Champions League den dänischen Meister HB Køge am Dienstagabend (05.10.2021) vom Platz. Die dritte Kraft aus Deutschlands höchster Spielklasse hätte im Dietmar-Hopp-Stadion die Leistungsstärke der Frauen-Bundesliga nicht besser untermauern können.

Auch wenn Meister FC Bayern am selben Abend trotz drückender Überlegenheit über ein 0:0 bei Benfica Lissabon nicht hinauskam. Das Ausrufezeichen zum Startschuss der neu verpackten weiblichen Königsklasse erfreute auch TSG-Abteilungsleiter Ralf Zwanziger.

Dessen Vater Theo hat indes noch viel hochtrabendere Pläne. Der ehemalige DFB-Präsident steht hinter einem Vorstoß, der erhebliche Unruhe im Verband ausgelöst hat.

Beim DFB-Bundestag am 11. März 2022 hat der Fußballverband Rheinland (FVR), in dem Zwanziger stimmberechtigter Ehrenpräsident ist, die Ausgliederung der Frauen-Bundesliga beantragt. Das kann durchaus als Misstrauensvotum gewertet werden.

Frauen-Profi-Teams sollen selbst vermarktet werden

Zwanziger wünscht sich neue Strukturen, um letztlich auch mehr Geld hereinzuholen. Die meisten Klubs werden unter einem Männer-Dach quersubventioniert: Einnahmen von im Schnitt 1,1 Millionen Euro stehen Ausgaben von 2,1 Millionen entgegen.

Und ein Gehaltsbudget von durchschnittlich knapp 1,2 Millionen ermöglicht bis heute längst nicht jeder Spielerin eine professionelle Basis. Der Plan: Ähnlich wie bei den Männern sollen die Profis in Zukunft selbst vermarktet werden.

Genau dies hatte auch schon der Präsident des FC Bayern, Herbert Hainer, vorgeschlagen: "Ein Modell, analog zu den Männern, deren Profivereine über die DFL organisiert sind, ist sicher eine ernsthafte Überlegung wert."

Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) plant so schnell keine Aufnahme der Frauen-Bundesliga, auch wenn der bald scheidende Liga-Chef Christian Seifert solche Gedankenspiele mal öffentlich gemacht hat und ihm mit Donata Hopfen eine Frau folgt.

Zwanziger als Förderer von Frauen- und Mädchenteams

Zwanzigers Engagement ist nicht überraschend: Als der streitbare 75-Jährige 2006 in einer Doppelspitze ins oberste DFB-Amt aufstieg, war eines seiner wichtigsten Ziele, den Frauen- und Mädchenfußball weiter voranzubringen.

Er war daran beteiligt, Silvia Neid zur Bundestrainerin zu befördern, die Frauen-WM 2011 nach Deutschland zu holen oder einfach mit seiner Anwesenheit dem Frauen-Nationalteam seine Wertschätzung zu erweisen.

Eng an seiner Seite war stets auch Siegfried Dietrich, der Strippenzieher beim inzwischen in Eintracht Frankfurt aufgegangenen Rekordmeister 1. FFC Frankfurt. Der 64-Jährige fungiert heute als Sportdirektor der Eintracht-Frauen und Vorsitzender des Ausschusses Frauen-Bundesliga.

Dietrich bestätigt den Eingang des Antrags und sagt: "Wir werden uns bei der nächsten Sitzung intensiv damit beschäftigen." Das wird Anfang November sein. Vorgespräche sind geführt. Ralf Zwanziger gehört genau wie Karin Danner (FC Bayern) oder Tobias Trittel (VfL Wolfsburg) dem 13-köpfigen Ausschuss an.

Tendenz: Schnelle Abspaltung eher unwahrscheinlich

Die Tendenz: Man kann nicht viele Gründe erkennen, warum die Liga so schnell abgespaltet werden soll, zumal wichtige Verträge noch weiterlaufen. Und Holger Blask, Geschäftsführer Marketing & Vertrieb der DFB GmbH, kann bestimmt nicht vorgeworfen werden, er setze sich nicht für höhere Erlöse im weiblichen Segment ein.

Doch vieles ist eben noch ein Zuschussgeschäft  – Dietrich nennt es daher lieber "lohnendes Investment". Man will Sponsoren überzeugen, den Fußball gleichberechtigter zu fördern.

Die ehemalige Nationalmannschaftsmanagerin Doris Fitschen arbeitet im Hinblick auf die gemeinsame Bewerbung für die Frauen-WM 2027 derzeit an genau solchen Strategien: "Wir wollen zu mehr Gleichberechtigung in der Gesellschaft beitragen."

Geht das ohne den DFB besser und schneller? Die stellvertretende Generalsekretärin Heike Ullrich sieht den Verband sehr wohl als den "richtigen Ligaträger", der die Verbindung zur 2. Frauen-Bundesliga, Talentförderung oder dem Nationalteam am besten managt.

Dass England mit viel Rückenwind durch die kommende Europameisterschaft andere Beträge generiert, steht außer Frage, doch die rund 300.000 Euro, die jeder Frauen-Bundesligist aus der zentralen Vermarktung erhält, können sich im internationalen Vergleich durchaus sehen lassen.

Mediale Präsenz hat sich stetig verbessert

Auch die Zuschauerzahlen waren am jüngsten Wochenende für deutsche Verhältnisse nicht so schlecht: 1311 beim SC Freiburg, 1111 beim 1. FC Köln, 1258 bei Turbine Potsdam. Seit dieser Saison werden alle Spiele für eine Live-Übertragung produziert, was einen erheblichen Mehrwert bedeutet. Auch DFB-Pokalspiele sind vermehrt im Live-Angebot, die Länderspiele sowieso.

Wer die mediale Präsenz mit den Bildschirmzeiten im Handball, Basketball oder Volleyball der Frauen vergleicht, stellt fest: Da wird auf hohem Niveau geklagt. Dass es immer noch genug zu verbessern gibt, weiß auch Dietrich. "Es ist schon viel auf Weg gebracht, es muss aber auch noch viel passieren. Vereine und Verbände sind ständig gefordert."

Der Antrag aus eigenen Reihen erhöht auf jeden Fall den Handlungsdruck innerhalb des DFB, die Kampagnen und Lippenbekenntnisse für die Förderung des Frauenfußballs mit Leben zu füllen. Wenn das geschieht, so ist zu hören, wäre das nicht der erste Antrag, der noch kurz vor einer Abstimmung auf einem Bundestag wieder zurückgezogen wird.