Frauen-Nationalmannschaft Der doppelte Auftrag der DFB-Frauen in der WM-Qualifikation

Stand: 20.10.2021 11:47 Uhr

Noch nie haben sich die Frauen-Nationalteams von Israel und Deutschland gegenübergestanden. Im WM-Qualifikationsspiel am Donnerstag (18 Uhr, im Livestream bei sportschau.de) geht es insbesondere für die DFB-Auswahl darum, die sportlichen und gesellschaftlichen Aspekte bei dieser Reise zusammenzubringen.

Giulia Gwinn ist schon ein bisschen herumgekommen in ihrer jungen Karriere. Aber in Israel war die nach einem Jahr Verletzungspause wieder in den Kreis der deutschen Frauen-Nationalmannschaft zurückgekehrte Allrounderin vom FC Bayern noch nie.

"Es wird etwas Besonderes sein, dorthin zu reisen und etwas vom Land zu sehen und außerhalb des Platzes als Botschafterin aufzutreten", sagte die 22-Jährige in der digitalen Pressekonferenz am Tag vor dem Abflug nach Tel Aviv zum WM-Qualifikationsspiel der DFB-Frauen in Israel. So wie der in den sozialen Medien besonders gefragten Persönlichkeit geht es den meisten ihrer Mitspielerinnen, die erstmals nach Israel reisen.

Die Bundestrainerin betont den gesellschaftlichen Auftrag

Das Aufeinandertreffen der beiden Frauen-Nationalteams im HaMoshava Stadion in Peta Tikva in der Nähe von Tel Aviv als auch das Rückspiel fünf Tage später in Essen (26.10.2021, 16 Uhr live bei der Sportschau) sind besondere Begegnungen, "die über das Sportliche hinausgehen", wie Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg sagt. Während es bei den Männern immerhin schon vier Begegnungen zwischen den Ländern gab – die erste im März 1987, die bislang letzte im Mai 2012 – kommt es bei den Frauen zur Premiere.

Die DFB-Trainerin wird im Vorlauf nicht müde, diese Partie daher auf eine höhere Ebene zu heben. "Spiele gegen Israel stehen für deutsche Teams immer in einem übergeordneten Kontext. Es wird für uns alle und vor allem für die, die Israel noch nie besucht haben, eine beeindruckende Reise." Es gelte, geschichtsreiche Erfahrungen und religiöse Eindrücke zu sammeln. Beides ließe sich "gut miteinander verbinden".

Deshalb hat es bereits am Montag (18.10. 2021) in Düsseldorf im Teamhotel einen Vortrag gegeben, bei dem auch in Israel lebende Personen gegenüber den Spielerinnen referierten. Es ging um einige Grundbegriffe Hebräisch, eine virtuelle Rundreise durch "ein Land mit vier, fünf Klimazonen, das aber nicht viel größer als Hessen ist", wie Voss-Tecklenburg aus der Fortbildungsstunde berichtete.

Besuch an der Gedenkstätte Yad Vashem für Freitag geplant

Man habe sich mit der Geschichte der Stadt Jerusalem und dem jungen Staat Israel befasst – und natürlich war auch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem ein Thema, "ein besonderer Ort, den viele nur aus Geschichtsbüchern und Filmen kennen", so die 53-Jährige. Sie selbst wird zur DFB-Delegation gehören, die am Freitag nach derzeitigem Stand mit vier, fünf Spielerinnen ("abhängig von der Belastungssteuerung") die Gedenkstätte besuchen. Der andere Teil des Teams werde in Jerusalem auf Erkundungstour gehen.

Die Scheuklappen aufzusetzen und nicht nach rechts und links zu schauen – wie es die Männer bei ihrem Danzig-Aufenthalt bei der EM 2012 leider vorgemacht haben – kommt für die DFB-Frauen nicht infrage. Voss-Tecklenburg verspricht voller Überzeugung: "Wir wollen unserem gesellschaftlichen und sozialen Auftrag Rechnung tragen." Nach den Pflichtsiegen gegen Bulgarien (7:0) und Serbien (5:1) sollen eben nicht nur die nächsten drei Punkte auf dem Weg zur WM 2023 in Australien und Neuseeland folgen, sondern es soll auch der kulturelle Austausch gefördert werden.

Israel gilt als physisch starke Mannschaft

Womöglich wäre vor Ort in Israel auch noch mehr möglich gewesen, doch die Verhaltensregeln sind außerordentlich streng. "Wir sind in einem sehr strengen Testreglement", betont Teammanagerin Maika Fischer. PCR-Tests sind bei Ein- und Ausreise verpflichtend. Insgesamt drei Nächte verbringt der DFB-Tross in Israel.

Sportliche Vorgabe ist, in beiden Spielen dominant aufzutreten. Voss-Tecklenburg verortet den Gegner von der Leistungsstärke "irgendwo zwischen Bulgarien und Serbien". Israel sei eine "sehr stolze Mannschaft und physisch starke Mannschaft – wenn wir den Ball zu lange am Fuß haben, wird es wehtun".

Auffälligste Figur ist die Deutsch-Israelin Sharon Beck, die sich erst 2018 entschied, für Israel aufzulaufen. Die 26-Jährige ist eine der ganz wenigen Akteurinnen beim Gastgeber, die Fußball auf professionellem Niveau betreiben. Die inzwischen für den Bundesliga-Aufsteiger 1. FC Köln spielende Beck hat einst beim SC Freiburg zusammen mit Gwinn zusammengespielt.

"Eine technisch versierte Spielerin mit einem starken linken Fuß und guten Auge." Auch auf dieses Wiedersehen freut sich die Rückkehrerin am Rande eines besonderen Länderspiels.