Im Stadion in Milton Keynes ist der Rücken von Alexandra Popp vor Fans mit deutschen Fahnen zu sehen.

DFB-Kapitänin Alex Popp Popp-Star, "Torminator" und Jägerin des EM-Rekords

Stand: 28.07.2022 17:21 Uhr

Mit sechs Toren in ihren ersten fünf Europameisterschafts-Spielen überhaupt begeistert Alexandra Popp die Fußball-Welt. Im Halbfinale gegen Frankreich traf die deutsche Kapitänin gleich zweimal und lässt Deutschland vom neunten EM-Titel träumen.

Von Florian Neuhauss (Milton Keynes)

Alexandra Popp nahm den Pokal für die "Spielerin des Spiels" entgegen, lächelte für die Fotografen - und dann ging es rund. Angeführt von Ersatztorhüterin Almuth Schult sprengte die gesamte Mannschaft die kleine Siegerehrung am Rande des Spielfelds nach dem deutschen 2:1-Sieg gegen Frankreich. Aus der sonst eher emotionslosen Pflichtveranstaltung wurde so eine Extra-Party des deutschen Teams.

In deren Mittelpunkt stand in der zweifachen Torschützin die Kapitänin des Teams, die als Sinnbild für die Erfolge der DFB-Frauen bei diesem Turnier gelten kann. "Es ist unglaublich!", sagte Lena Oberdorf, die sie auch aus dem Alltag beim gemeinsam Club VfL Wolfsburg kennt. "Niemand hat das hier von ihr erwartet. Aber sie ist so eine Kämpferin - auf und abseits des Platzes." Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg bezeichnete Popp gar als "Phänomen".

Von Verletzungen und Corona nicht stoppen lassen

"Poppis" Klasse steht außer Frage. Im Club-Fußball hat die mittlerweile 31-Jährige längst alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Sogar mehrfach. Und mit den DFB-Frauen feierte sie 2016 den Olympiasieg. Doch in den vergangenen Jahren machte der gelernten Mittelstürmerin immer wieder der Körper einen Strich durch die Rechnung.

Nach Verletzungen vor den Europameisterschaften 2013 und 2017 hätte sie eigentlich auch die EM in England verpasst. Doch ihr kam - was wohl nur sehr wenige Menschen behaupten können - Corona zu Hilfe. Die Pandemie sorgte dafür, dass das Turnier um ein Jahr verschoben wurde. Popp hätte es wieder verletzt verpasst. Durch den unverhofften Aufschub hatte sie dann die nötige Zeit, wieder fit zu werden - und ließ sich auch von einer Corona-Infektion in der finalen Phase der EM-Vorbereitung nicht mehr stoppen.

Popp singt die Hymne mit voller Inbrunst

Wer wissen will, was Popp diese erste EM-Teilnahme bedeutet, muss nur genau hinschauen, wenn die Hymne vor den Spielen erklingt. Mit geschlossenen Augen, den Kopf ein wenig in den Nacken gelegt, singt sie voller Inbrunst mit. "Ich bin hier ein Stück weit emotionaler, als ich es sonst war", gesteht die gebürtige Wittenerin. "Dafür, dass ich hier stehen und so performen kann, dass ich im richtigen Moment fit bin, muss ich so vielen Menschen danken."

Es ist nicht mein erstes Ziel, hier Torschützenkönigin zu werden.
Alexandra Popp

Und wie fit sie ist, und wie sie performt: Im ersten EM-Spiel gegen Dänemark (4:0) war sie noch als Jokerin zum Einsatz gekommen. Was sie allerdings nicht davon abgehalten hatte, in ihrem ersten Auftritt bei einer Europameisterschaft überhaupt auch gleich das Tor zum Endstand beizusteuern.

Nach der Corona-Infektion von Mittelstürmerin Lea Schüller war Popp dann gesetzt und traf in schöner Regelmäßigkeit einmal in jedem Spiel. Erst als der Halbfinal-Traum gegen stärker werdende Französinnen zu platzen drohte, legte sie nach dem 1:0 mit dem 2:1 auch noch einen zweiten Treffer nach. Kaum auszudenken, wie viele Tore sie schon auf dem Konto haben könnte, wenn das deutsche Team in den Spielen zuvor schon mehr gebraucht hätte.

In den Sozialen Medien kursieren bereits einige Spielereien mit ihrem Nachnamen. Der "Popp-Star" trifft es angesichts der Begeisterung, die der Wolfsburgerin in England entgegenschlägt, wohl besonders gut. Bei "Wumms" wurde Popp nun auch zum "Torminator" erklärt und ihr Gesicht wie beim Namensgeber umgestaltet.

Popp gleichauf mit Mead, Grings - und Platini

Aber auch ohne Kräfte aus der Zukunft hat sie schon einen Rekord auf- und zwei andere eingestellt. Nie zuvor ist es einer Spielerin gelungen, in fünf aufeinanderfolgenden EM-Spielen mindestens ein Tor zu schießen. Bei den Männern ist dieses Kunststück bisher auch lediglich dem Franzosen Michel Platini gelungen, der 1984 allerdings in den fünf Spielen bis zum Finale neun Treffer erzielte.

"Ich bin ein wenig sprachlos", sagte Popp nach ihren EM-Treffern fünf und sechs. Mit dem Doppelpack hat sie nach der Engländerin Beth Mead ebenfalls den Rekord von Inka Grings mit den meisten Treffern bei einer EM-Endrunde eingestellt. Und wie Mead hat auch Popp am Sonntag (31.07.2022/18 Uhr MESZ, live im Ersten und bei sportschau.de) noch ein Spiel Zeit, alleinige Rekordhalterin zu werden. "Es ist nicht mein erstes Ziel, hier Torschützenkönigin zu werden", betonte Popp allerdings. "Wenn drei andere uns zum EM-Titel schießen, bin ich auch glücklich."

Hoffnung auf ein "großes Happy End"

Sie hoffe schlicht auf "ein großes Happy End", sagte die deutsche Anführerin, die besonders nach ihrer schweren Verletzung zuletzt nach eigener Aussage "den Fußball mehr zu schätzen gelernt" habe. "Ich kann alles hier viel mehr erleben, die Momente noch mehr genießen." Und am besten ist es noch immer, besondere Momente zu teilen. Die Auszeichnung als "Spielerin des Spiels" gegen Frankreich hat Lust auf mehr gemacht.