Die deutschen Nationalspielerinnen Kathrin Hendrich (M.) und Marina Hegering (l.) im Spiel gegen Dänemark.
analyse

Deutsche Defensive gegen Dänemark Abwehrbollwerk statt wackeliger Defensive

Stand: 09.07.2022 13:04 Uhr

Beim klaren 4:0-Sieg gegen Dänemark zum EM-Start bot die DFB-Elf berauschenden Offensivfußball, aber eben auch eine ganz starke Leistung in der Defensive. Die war in dieser Form nicht zu erwarten gewesen.

Von Florian Neuhauss (London)

Klara Bühl startete über den linken Flügel einen ihrer typischen, kraftvollen Tempoläufe. Die Stürmerin zog mit dem Ball am Fuß an einer Dänin vorbei und blieb im Dribbling an der zweiten hängen. Konterchance für Dänemark? Denkste! Sofort kam Lena Oberdorf herangerauscht und machte den Gegenangriff umgehend zunichte. Die Mittelfeldspielerin setzte kompromisslos zur Grätsche an, und der Ball knallte gegen die Bande.

"Das war großartiges Teamworking in alle Richtungen", lobte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg. Oberdorf sagte: "Es sind alle zu 100 Prozent all-in gegangen. Und wenn eine von uns den Ball verloren hat, waren zehn andere da, die versucht haben, den Ball zurückzugewinnen. Da haben sich alle gegenseitig supportet."

MVT: "Ein tolles Paar in der Innenverteidigung"

Die Abwehr war vor der EM eine große Baustelle. Doch die lange Vorbereitungszeit hat sich anscheinend ausgezahlt. "Man muss ganz ehrlich sagen, dass da schon eine Ungewissheit dabei war", erklärte Kathrin Hendrich. Die Wolfsburgerin bildete zusammen mit Marina Hegering die Innenverteidigung - erst zum zweiten Mal überhaupt spielten die beiden zusammen im Abwehrzentrum. "Wir haben viel zusammen trainiert und harmonieren super, aber hatten eben nur das eine Testspiel (Anm.d.Red.: das 7:0 bei der EM-Generalprobe gegen die Schweiz)." Hendrich ist eigentlich gelernte Rechtsverteidigerin, Hegering hat verletzungsbedingt in der abgelaufenen Bundesliga-Saison kaum gespielt.

Man muss ganz ehrlich sagen, dass da schon eine Ungewissheit dabei war.
Innenverteidigerin Kathrin Hendrich

Voss-Tecklenburg war ein gewisses Risiko gegangen, aber vollkommen überzeugt von ihrem Plan. Und der Erfolg gibt ihr Recht: "Wir hatten ein tolles Paar in der Innenverteidigung", freute sich die Bundestrainerin nach dem Sieg. Und Hendrich stellte zufrieden fest: "Wir haben so gut wie nichts zugelassen."

Dänemark mit drei Stürmerinnen

Dabei hatte Dänemarks Coach Lars Søndergaard sein Team mit den Stürmerinnen Rikke Madsen, Signe Bruun und Superstar Pernille Harder eigentlich offensiv aufgestellt. Dazu tauschten die drei fast im Minutentakt ihre Positionen im 4-3-3.

"Wir haben das so erwartet und selbst taktisch genauso gespielt, wie wir uns das vorgenommen hatten", betonte Voss-Tecklenburg. Bedeutete: Die vier deutschen Verteidigerinnen, neben Hegering und Hendrich noch Felicitas Rauch auf der linken Seite und rechts Giulia Gwinn, hielten trotz der dänischen Rochaden ihre Positionen und "übergaben" die Gegenspielerinnen. Dazu zogen sich im Mittelfeld Oberdorf und Sara Däbritz bei Bedarf immer wieder weit zurück. "Wenn man sieht, dass der Plan aufgeht, dann gibt das zusätzliche Sicherheit", unterstrich die Bundestrainerin. Torhüterin Merle Frohms musste im ersten EM-Spiel ihrer Karriere nur zweimal ernsthaft eingreifen - auch das ein Zeichen für die starke Defensive des DFB-Teams.

Däbritz: "Super Energieleistung - einfach überragend"

"Das war eine super Energieleistung von der ganzen Mannschaft - einfach überragend", sagte Däbritz, die besonders das Pressingverhalten lobte. So kam Dänemark nie zur Entfaltung.

Die Spanierinnen dürften am Dienstag (12.07.2022 / 21 Uhr MEZ / live im Ersten und auf sportschau.de) noch mal schwerer zu bespielen sein. "Aber es war erst mal sehr wichtig, gut ins Turnier zu starten - und das ist uns wirklich gelungen", freute sich Däbritz.

Bärenstarke Abwehrleistung überrascht alle

Ärgerlich waren lediglich die drei Gelben Karten für Oberdorf, Hegering und Rauch - die dem Team im Turnierverlauf noch wehtun könnten. Zumal zumindest zwei davon vermeidbar gewesen wären. "Ich war so sicher, dass ich den Ball bekomme. Aber dann bin ich zu spät gekommen", ärgerte sich Oberdorf.

Wie stark Deutschland gegen Dänemark verteidigt hat, kam selbst für "Obi" überraschend: "Die Gelbe Karte war dumm: Als ich mich aufgerichtet habe, standen da vier Leute, die die Szene hätten besser klären können."