Frankreichs Wendie Renard

Abwehrchefin führt Frankreichs Team Wendie Renard - endlich soll der Titel her

Stand: 20.07.2022 13:41 Uhr

"Kontrollturm" sagen sie zu ihr - Wendie Renard ist die Konstante inmitten all der jungen französischen Himmelsstürmerinnen. Die Abwehrchefin will das Team endlich zu einem Titel führen.

Von Olaf Jansen

Wer Wendie Renard und ihren verbissenen Ehrgeiz kennt, weiß, wie sehr der verschossene Elfmeter gegen Belgien an der seit Mittwoch (20.07.2022) 32-Jährigen nagt. "Es liegt an meiner Teamkollegin in Lyon, Janice Cayman. Die hat ihrer Torhüterin offenbar einen Tipp gegeben, in welche Ecke sie fliegen soll", grummelte die erfahrene Abwehrchefin des französischen Teams nach dem Abpfiff der zweiten Gruppenpartie Frankreichs gegen Belgien.

Beim Spielstand von 2:1 hatte Renard die große Chance, mit einem Strafstoß das 3:1 und damit alles klar zu machen. Aber Belgiens Torhüterin Nicky Evrard parierte. Den Nachschuss setzte Renard am Kasten vorbei.

Der "Kontrollturm" soll das Team führen

Renard war sichtlich angefressen - kein Wunder. Schließlich will der 1,87 Meter große "Kontrollturm", wie Renard von den Kolleginnen gern genannt wird, beim Turnier in England alles richtig machen. Das ist nicht alles: Sie will als Beispiel für ihre weitgehend jüngeren Kolleginen vorangehen und dafür sorgen, dass Frankreichs Nationalteam endlich einmal einen großen Titel gewinnt.

Renard ist so etwas wie ein "Überbleibsel" aus den (ersten) großen Zeiten des französischen Teams. Schon 2011 lief sie als erst 20-Jährige erstmals für die französische Nationalmannschaft auf. Anschließend war sie bei allen großen Turnieren und Events dabei: WM 2011, 2015 und 2019, EM 2013 und 2017, Olympische Spiele 2012 und 2016.

Die große Titel-Leere im Nationaldress

Große Turniere, große Spiele, doch es war vertrackt: Während Renard mit ihrem Klub Olympique Lyon Titel in Serie gewann (unter anderem 15 französische Meistertitel seit 2007, und acht Champions-League-Siege), ging sie mit dem Nationalteam bislang komplett leer aus.

Platz vier bei der WM 2011 war der bisher größte Erfolg von "Les Bleues". Bei den letzten drei EM-Turnieren 2009, 2013 und 2017 sowie den Weltmeisterschaften 2015 und 2019 schieden sie sogar jeweils im Viertelfinale aus, und bei den Olympischen Spielen in Tokio im vergangenen Sommer waren sie gar nicht dabei.

Abwehrstark und torgefährlich

Immer mitten drin: Die torgefährliche Verteidigerin, die bei jedem Standard mit nach vorn geht, um ihre Kopfballstärke in Richtung gegnerisches Tor einzusetzen.

Renard, die im französischen Übersee-Department Martinique geboren wurde, kam als Teenagerin nach Frankreich, wurde in einem Fußball-Leistungszentrum aufgenommen und hatte schon bald das Interesse von Olympique Lyon auf sich gezogen. Schon als 16-Jährige kam sie am Saisonende zu zwei Einsätzen in Frankreichs Erster Liga. Seither haben sie ihre Abwehrstärke, ihre Seelenruhe am Ball und ihre Torgefahr zu einer der besten Abwehrspielerinenn der Welt gemacht.

Versöhnung mit Diacre

2019, nach der WM, schien Renards Nationalmannschaftskarriere allerdings beendet zu sein. Sie hatte sich mit Nationaltrainerin Corinne Diacre, die das Amt 2017 übernommen hatte, überworfen. Erst ein Versöhnungsgespräch, das Verbandspräsident Noel de Graet organisiert hatte, brachte die beiden wieder zusammen.

Die französischen Nationalspielerinnen Wendie Renard und Marie-Antoinette Katoto.

Versöhnt: Renard und Trainerin Diacre

Seither sind sie nicht nur versöhnt - sie sind schier unzertrennlich. Während Diacre verdiente Spielerinnen wie Eugenie Le Sommer und Amandine Henry vor der EM 2022 aussortierte, nominierte sie Renard nicht nur - sie machte sie auch zur Kapitänin. Renard gilt seither als verlängerter Arm der Trainerin auf dem Spielfeld.

Viertelfinale gegen die Niederlande

Als solche möchte sie unbedingt bei dieser Euro weiter kommen als üblich. Im Viertelfinale wartet die Niederlande. Der Titelverteidiger. Ein gefährlicher Gegner. Wendie Renard hat schon einmal festgehalten: Kommt wieder ein Elfmeter, wird es nur eine Ausführende geben: Wendie Renard.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau | 15.07.2022 | 20:15 Uhr