Nathalie Björn (l.) und Filippa Angeldal umarmen sich nach dem Sieg gegen Belgien.

Später Sieg gegen Belgien Der 33. Schuss sitzt - Schwedens Leiden lohnt sich

Stand: 23.07.2022 16:48 Uhr

Das große Leiden im Regen von Leigh: Es brauchte insgesamt 33 Versuche und viel Frust, bis Schweden gegen Außenseiter Belgien endlich das ersehnte Halbfinal-Ticket gebucht hatte. Am Ende war's auch ein Triumph der Erfahrung.

Von Olaf Jansen

Eigentlich lief alles nach Plan: In der 25. Spielminute spielte Kosovare Asllani einen ganz feinen Pass in den Lauf von Stina Blackstenius und die 26-jährige Torjägerin vom WFC Arsenal tat, was von ihr erwartet wurde: Sie traf zum 1:0 für Schweden. Das Viertelfinalspiel der Skandinavierinnen gegen Außenseiter Belgien schien den erwarteten Verlauf zu nehmen. Allein: Der Treffer zählte nicht. Blackstenius hatte im Abseits gestanden. Ganz knapp. Das entschied jedenfalls das Unparteiischen-Team inklusive VAR.

Kompliziertes schwedisches Angriffsspiel

Es war eine umstrittene Entscheidung - und im kalten, verregneten Stadion von Leigh irgendwie vorbei mit dem schwungvollen Angriffsspiel. Das Gefühl, dass bald ein Tor fallen würde, war dahin. Schweden blieb überlegen - klar. Aber es fehlte nun irgendwie die absolute Überzeugung.

Zur Halbzeit hatten die Schwedinnen 15 Torschüsse zu Buche stehen, im Schnitt hatte man vor jedem dieser Torschüsse 20-mal den Ball berührt. Das ist viel. Und hört sich nach kompliziertem Fußball an. Am Ende waren es 33 Schüsse, von denen zehn aufs Tor gegangen waren. Belgiens überragende Keeperin Nicky Evrard hatte sieben Paraden gezeigt. Und ihr Team hatte nur dreimal in Richtung des schwedischen Kastens gezielt. Kein einziger davon war aufs Tor gekommen.

Chaotische Szene bringt den Sieg

Bezeichnend, dass am Ende eine chaotische Szene die Entscheidung brachte: Nach Asllanis Flanke faustete Evrard das Spielgerät in der Nachspielzeit vor die Füße Nathalie Björns, deren Schuss abgeblockt wurde und irgendwie bei Linda Sembrant landete. Und die Verteidigerin schmetterte die Kugel schließlich ins belgische Netz.

Nach der Partie wurde Keeperin Evrard zur Spielerin des Spiels gekürt. Ihre Leistungen bei diesem Turnier insgesamt waren enorm stark. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die 27-Jährige nicht hauptberuflich Fußball spielt. Sie verdient sich ihren Lebensunterhalt mit der Vermietung von Hüpfburgen. Das Verleihgeschäft gibt ihr finanzielle Stabilität. Zumindest ein interessantes Konzept für eine Nationalspielerin.

Sorgen um Blackstenius

Am Ende muss sie aber wie ihre Teamkolleginnen die Heimreise nach Belgien antreten. Verdientermaßen - Schweden war einfach eine Nummer zu groß für das defensivstarke, aber im Spiel nach vorn schlicht zu harmlose belgische Team.

Sorgen macht man sich beim Sieger allerdings um die Fitness von zum Beispiel Stürmerin Blackstenius. Die musste nach dem Spiel intensiv behandelt werden, hat schon während des gesamten Turnierverlaufs mit mehr oder weniger schweren Wehwehchen zu tun. Neben Blackstenius wird im Halbfinale gegen England am Dienstag (26.07.2022) viel auch auf eine Spielerin wie Fridolina Rolfö ankommen. Auch sie wird sich steigern müssen, um gegen Englands Abwehr um die stabile Millie Bright irgendetwas ausrichten zu können.

Triumph der Erfahrenen

Für Schweden soll der Halbfinal-Einzug nur ein Zwischenschritt gewesen sein. Am Ende war's auch ein Triumph der Erfahrung. Mit Sembrant erzielte eine Spielerin das Tor, die wie etliche ihrer Kolleginnen schon eine Menge Erfahrung auf dem Buckel hat. Für die Schwedinnen sind gleich ein halbes Dutzend Spielerinnen beim Turnier dabei, die schon 120 oder mehr Länderspiele aufzuweisen haben.

Allen voran Caroline Seger, die schon weit über 200-mal für Schweden gespielt hat. Ihr Stern sinkt so langsam, bei der Euro ist sie seit dem zweiten schwedischen Turnierspiel nur noch Ersatz. Aber diesen einen großen Triumph, den Gewinn der EM, den haben die Erfahrenen bei Schweden jetzt noch im Blick.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau | 15.07.2022 | 20:15 Uhr