Die isländische Fußballspielering Sara Björk Gunnarsdottir in Aktion

Duell mit Belgien Island - mit Mut und "Isi"-Tugenden zur Überraschung

Stand: 10.07.2022 09:08 Uhr

Island ist einer der Außenseiter bei der EM. In Sara Björk Gunnarsdottir hat das Team aber eine starke Persönlichkeit in seinen Reihen. Auf und neben dem Rasen. Am Sonntag treffen die Skandinavierinnen in ihrem ersten Gruppenmatch auf Belgien.

Sara Björk Gunnarsdottir ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Die Kapitänin der isländischen Frauen-Nationalmannschaft knöpfte sich denn auch gleich die englischen Turnierorganisatoren vor, nachdem sie vom Spielort des isländischen EM-Auftakts heute (10.07.2022 / 18 Uhr MESZ / live auf sportschau.de) gehört hatte: Die Partie findet im kleinen Stadion der Manchester City Academy statt - eine Arena, in die gerade einmal 4.400 Zuschauer dürfen.

Gunnarsdottir nennt Mini-Stadion "respektlos"

"Das ist respektlos gegenüber dem Frauenfußball, weil er so viel größer ist, als die Leute denken", sagte die 31-Jährige dem Podcast "The Pitch" im Frühjahr. Der Unmut der ehemaligen Wolfsburgerin fand viel Gehör und hallt bis heute nach: "Du denkst, Frauenfußball macht zwei Schritte vorwärts, aber dann kommt so was." Dass in einem so kleinen Stadion gespielt wird, überrascht vor allem deshalb, weil der englische Fußball-Verband FA seit Jahren an der Weiterentwicklung des Frauenfußballs arbeitet und damit auch schon wirklich großen Erfolg hatte.

Gunnarsdottir möchte einfach mehr Anerkennung und Respekt für ihren Sport. Sie hat in den vergangenen Monaten eine Menge Opfer gebracht, um überhaupt bei der EM auflaufen zu können. Im vergangenen November ist Gunnarsdottir Mutter geworden - die zweifache "Sportlerin des Jahres" Islands setzte in ihrer Doppelrolle als Mutter und Leistungssportlerin in den vergangenen Wochen und Monaten alles daran, um sich noch rechtzeitig fit zu bekommen. Beim Champions-League-Sieg ihres Clubs Olympique Lyon gegen den FC Barcelona (3:1) saß sie immerhin wieder auf der Bank.

TV-Dokumentation - "Mutter und Leistungssportlerin"

Über ihren Weg zurück aufs Fußballfeld ließ Gunnarsdottir sogar eine TV-Dokumentation drehen. "Ich wollte öffentlich zeigen, dass es möglich ist, nach einer Schwangerschaft in den Leistungssport zurückkehren zu können", erklärt sie.

Es hat geklappt. Trainer Thorsteinn Halldórsson hat seither das Luxusproblem, die Regisseurin wieder ins Team einzubauen. Möglicherweise löst er es, indem er Karólína Lea Vilhjálmsdóttir, die Gunnarsdottir in der Mittelfeldzentrale sehr gut vertreten hatte, auf einen der beiden Flügel versetzt. Die ebenfalls sehr schnelle Sveindis Jane Jónsdóttir vom VfL Wolfsburg - ein großes Talent - könnte den anderen Flügel bearbeiten.

Trainer Halldórsson: "Jeder kann jeden schlagen"

Grundsätzlich freut sich der Coach der Isländerinnen enorm auf sein erstes großes Turnier. "Das Lustige am Fußball ist. dass jeder jeden schlagen kann", sagt er. Natürlich weiß Halldórsson ganz genau um die Außenseiterrolle seines Teams. Er hat eine klare Strategie: "Wir werden alles dafür tun und unsere typischen isländischen Kämpferqualitäten bringen, um das erste Spiel zu gewinnen. Gelingt uns das, ist alles möglich."

Die Taktik der "Isis" ist dabei kein Geheimnis: Es wird viel mit langen Bällen gearbeitet, um auf schnellstem Weg das Mittelfeld zu überbrücken. Chefin in dieser Angelegenheit ist Perla Viggósdóttir. Die Innenverteidigerin schlägt durchschnittlich in den 90 Minuten etwa neun lange Bälle ins gegnerische Abwehrdrittel. Das ist rekordverdächtig.

"Isi"-Spezialität sind weite Einwürfe

Ein beliebtes Mittel, um Torszenen heraufzubeschwören, ist auch eine besondere Island-Spezialität: weite Einwürfe. Schon die Männermannschaft überraschte damit in der Vergangenheit ihre Gegner. Auch die Frauen greifen gern auf dieses Mittel zurück, um Überzahlsituationen im gegnerischen Strafraum zu generieren.

Belgische Mannschaft ist krasser Außenseiter

Dass die "Isis" im ersten Spiel auf einen Dreier spekulieren, ist nicht unrealistisch. Treffen sie doch in Vorrundengruppe D zunächst auf das Team aus Belgien - einen noch größeren Außenseiter als sie selbst. Die "Red Flames", die in der FIFA-Weltrangliste auf Platz 19 liegen, sind erst zum zweiten Mal bei einer EM dabei. Vor fünf Jahren gab die Frauen-Nationalmannschaft ihr Debüt bei der Endrunde in den Niederlanden. Große Erfolge konnte das Team von Cheftrainer Ives Serneels dort aber nicht feiern: Für die Belgierinnen war die EM bereits nach der Gruppenphase beendet.

Die Vorbereitungsspiele in diesem Jahr liefen unterschiedlich. Neben zwei Siegen gegen Nordirland (4:1) und Luxemburg (6:1) gab es auch zwei Niederlagen: 0:3 gegen England und 0:1 gegen Österreich.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau | 09.07.2022 | 17:45 Uhr