Szene aus dem Bundesligaspiel Eintracht Frankfurt gegen Werder Bremen

Vergabe der Medienrechte Ein großer Sprung für die Frauen-Bundesliga

Stand: 12.10.2022 15:26 Uhr

Die Vergabe der Medienrechte von 2023 bis 2027 bringt der Frauen-Bundesliga deutlich mehr Geld und mehr Sichtbarkeit. Dafür werden die Spieltage aber komplett zerstückelt.

Der deutsche Frauenfußball kann sich über einen großen Sprung freuen - und vermutlich hätte es auch keinen besseren Zeitpunkt für die erstmals eigenständige Ausschreibung der Medienrechte der Frauen-Bundesliga geben können als nach der rauschhaften EM in England.

Künftig kommen 5,175 Millionen Euro pro Saison für die Periode von 2023/2024 bis 2026/2027 zusammen. Die Einnahmen aus den Medienrechten erhöhen sich damit um das 16-fache. DFB-Geschäftsführer Holger Blask ist überzeugt, "dass der Frauenfußball hier eine Begeisterung entfachen kann", die sich auch wirtschaftlich in höherer Wertschätzung widerspiegelt. Man habe genau das Ergebnis erzielt, "dass wir uns erhofft haben". Mehr Sichtbarkeit steht ganz oben auf der Agenda.

Mindestens zwei Länderspiele zur Primetime

Die Live-Rechte an allen 132 Spielen der Frauen-Bundesliga teilen sich künftig der Streamingdienst DAZN und MagentaSport. ARD und ZDF haben sich das Recht zur Übertragung von zehn frei empfangbaren Livespielen erworben und zeigen zudem ausführliche Zusammenfassungen auf verschiedenen Kanälen. ARD und ZDF sicherten sich ebenso die Rechte an den Qualifikations- und Freundschaftsländerspielen der DFB-Frauen. Dabei ist vorgesehen, mindestens zwei Begegnungen pro Jahr abends in der Primetime zu zeigen, der Anstoß soll generell nicht mehr vor 18 Uhr erfolgen.

ARD-Vorsitzender und Sportintendant Tom Buhrow sagte nach der Rechtevergabe: "Das großartige Auftreten des Frauen-Teams bei der Fußball-EM hat in diesem Jahr alle überzeugt und begeistert. Deshalb freuen wir uns, die Spiele der Frauen-Nationalmannschaft langfristig im Ersten übertragen zu können. Zusätzlich können wir auch die Frauen-Bundesliga weiterhin intensiv begleiten."

Sechs Spiele, sechs Anstoßzeiten

Der neue Abschluss hilft auch bei der internationale Konkurrenzfähigkeit. Zum Vergleich: Die Women’s Super League (WSL) aus England als die Benchmark wird bei rund zehn Millionen Pfund (umgerechnet 11,4 Millionen Euro) veranschlagt, die über die TV-Verträge erlöst werden. "Die Engländer sind noch ein Stück davor, aber wir reihen uns direkt dahinter ein", sagte Blask, der mit seiner Crew ganz bewusst das EM-Turnier abgewartet hatte, um die Aufbruchsstimmung zu nutzen. Noch immer gibt der Markt für den Frauenfußball zwar nur Bruchteile von den Summen her, die im Männerfußball ausgegeben werden, aber die neue wirtschaftliche Dimension ist nicht zu verachten.

Völlig neu ist die Einführung eines Montagsspiel. Hier kommt neuerdings wieder der Sender Sport 1 ins Spiel, der diesen Termin über viele Jahre exklusiv dem Topspiel der 2. Bundesliga der Männer gewidmet hatte. Weil künftig aber alle drei männlichen Profiligen diesen Termin meiden, bekommen nun die Frauen jeden Montag um 19.30 Uhr eine Partie im Free-TV. Alle sechs Begegnungen eines Spieltags werden von Freitag bis Montag eine eigene Anstoßzeit haben. An den vier Wochenend-Terminen wird Samstag um 12 und 14 Uhr gespielt, Sonntag vermutlich um 14, 16 oder 18 Uhr.

DFB-Geschäftführer Holger Blask verteidigt das Montagsspiel

Unumstritten ist speziell das Montagsspiel nicht, wie Äußerungen einiger Nationalspielerinnen zuletzt zeigten. Frankfurts Stürmerin Laura Freigang wies auf den Umstand hin, "dass viele Bundesligaspielerinnen gerade zu Beginn der Woche" noch arbeiten müssten. Wolfsburgs Verteidigerin Felicitas Rauch gab zu bedenken, dass "die beiden Topvereine selten montags antreten können", da sie in der Champions League gefordert seien, und Münchens Mittelfeldspielerin Lina Magull sagte der Süddeutschen Zeitung: "Das sollte keine Regelmäßigkeit sein. Für den Fußball ist das Wochenende da."

Der zuvor bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) tätige Blask erwiderte nun: "Der Montag hat ein Alleinstellungsmerkmal, das bietet sich extrem an - wenn wir den nächsten Schritt machen wollen." Dabei hilft die EM in England enorm, bei der die Protagonisten die Sehnsucht nach ehrlichem Fußball mit einer hohen Identifikation und großen Leidenschaft bedienten, die ein größeres Publikum beeindruckte.

Highlight-Spiele in den Arenen liegen im Trend

18 Millionen Fernsehzuschauer beim Finale gegen England waren Höhepunkt eines unerwartet großen Zuspruchs. Den Rückenwind nahm die Frauen-Bundesliga zuletzt auf: Die Highlight-Spiele in den Männer-Arenen, erst das Eröffnungsspiel Eintracht Frankfurt gegen Bayern München vor einer Rekordkulisse von 23.200 Fans, dann TSG Hoffenheim gegen den VfL Wolfsburg als ARD-Liveübertragung, haben eine Aufbruchsstimmung erzeugt.

Das stimmungsvolle Länderspiel der DFB-Frauen gegen Frankreich am vergangenen Freitag in Dresden vor fast ausverkauftem Haus zur Primetime unterstrich das Potenzial im deutschen Frauenfußball. Die bisherigen Erlöse aus der medialen Verwertung betrugen laut DFB-Saisonreport in der Saison 2020/2021 gerade einmal 154.000 Euro pro Klub, in der Spielzeit zuvor waren es gerade 89.000 Euro. Über die zentrale Vermarktung, den Namenssponsor (Flyeralarm) eingeschlossen, überwies der DFB rund 300.000 Euro seinen zwölf Bundesligisten, die bei weitem bislang nicht kostendeckend arbeiten.

Frauen-Bundesligisten arbeiten nicht kostendeckend

Gerade für Lizenzvereine ist das Engagement ein Investment: Erträgen von durchschnittlich 1,26 Millionen Euro standen 2020/2021 im Schnitt Aufwendungen von knapp 2,5 Millionen Euro gegenüber, wobei allein der Personalaufwand (1,35 Millionen) die Gesamteinnahmen überstieg. So hilft der neue TV-Vertrag immens, so manche Etatlücke zu schließen, wie Florian Zeutschler als Geschäftsführer der SGS Essen versicherte: "Nach dem fast perfekten Sommermärchen ist das ein sehr wichtiger Tag für den Frauenfußball."

Und Siegfried Dietrich, der Generalbevöllmächtige der Eintracht Frankfurt Fußball AG und Vorsitzender des Ausschusses Frauen-Bundesligen, teilte mit: "Für uns ergeben sich durch die erhöhte Zahl an attraktiven TV-Partnern viele neue Möglichkeiten der Vermarktung und damit auch eine größere wirtschaftliche Stabilität für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Vereine im europäischen Vergleich."

Gleichwohl bleibt es bei den Unterschieden, dass sich der VfL Wolfsburg und FC Bayern für die Topspielerinnen fünfstellige Monatsgehälter leisten können, während Ausbildungsklus wie Essen oft nicht mehr als Aufwandsentschädigungen im teils noch dreistelligen Bereich zahlen können.