Gareth Southgate (r.) mit seinem Torjäger Harry Kane

FIFA WM 2022 Gareth Southgate und das Warten auf den großen Sturm

Stand: 20.11.2022 14:59 Uhr

Die englische Nationalmannschaft will in Katar Weltmeister werden. Für Gareth Southgate wird es vor allem wichtig, den Angriff um Torjäger Harry Kane in Schuss zu bekommen.

Das muntere Jahrezählen in England geht weiter. Angekommen sind sie auf der Insel nun bei 56 Jahren. So lange ist es her, seitdem die "Three Lions" bei der WM 1966 letztmals - und das einzige Mal - ein großes internationales Turnier gewinnen konnten. In Katar startet England am Montag (21.11.2022) gegen den Iran nun den 28. Versuch (Europameisterschaften eingerechnet), endlich wieder den Titel nach Hause zu holen.

Zu wenig Klasse für so viele Stars

Um nicht weniger geht es vor allem für Gareth Southgate. Seit 2016 ist der 52-Jährige bereits Nationaltrainer, und er hat einen Kader zusammen, der ihn zu Titeln verpflichtet. Besonders in der Offensive sind die Engländer gespickt mit Topleuten - doch genau daran ist Southgate bisher gescheitert.

Das Problem: Der ehemalige Verteidiger hat seine taktische Ausrichtigung als Spieler in weiten Teilen ins Trainerleben mitgenommen. Vor allem im eigenen Land häufen sich seit Jahren die Vorwürfe, die englische Nationalmannschaft würde zu defensiv agieren und Southgate die enormen Potenziale nicht ausschöpfen - zumal vor allem die Offensivakteure dem Kader das Weltklasseniveau verleihen und nicht die Verteidiger.

Diskrepanz zwischen Klub- und Länderspielleistungen

Harry Kane ist im Zentrum und als Kapitän gesetzt, um ihn herum stapeln sich die Spieler, die das Zeug haben, Spiele zu entscheiden, dies aber bisher fast ausschließlich in ihren Vereinen gemacht haben - und eben nicht in der Nationalmannschaft. Bukayo Saka ragt bei Premier-League-Tabellenführer FC Arsenal heraus, Phil Foden gehört zu den besten Spielern bei Manchester City, wie Mason Mount und Raheem Sterling vom FC Chelsea können sie sich unter Southgate bisher aber nicht entfalten.

Gareth Southgate (r.) mit seinem Torjäger Harry Kane

Der Trainer wird daher auch als Hauptschuldiger gesehen, dass es noch nicht mit einem Titel geklappt hat. Bei der EM im vergangenen Jahr war erst im Finale gegen Italien Schluss - und Southgate erntete wegen seiner letzten Maßnahmen wieder große Kritik. Kurz vor Abpfiff der Verlängerung hatte er Marcus Rashford und Jadon Sancho (diesmal gar nicht im Kader), die zuvor im gesamten Turnier keine Rolle spielten, eingewechselt, für das Elfmeterschießen eingeteilt - und beide verschossen.

Jadon Sancho im Trikot der englischen Nationalmannschaft

Jadon Sancho im Trikot der englischen Nationalmannschaft

Mehr Erfahrung als weiterer Schlüssel?

Southgate selbst ist es gewöhnt, in seiner Heimat im Kreuzfeuer zu stehen. Entsprechend gelassen geht er in die nächste Herausforderung. "Man lernt immer dazu, aber jedes Turnier hat auch seine eigenen Ansprüche. Wir haben bei der EM das Finale erreicht und das zeigt, was diese Gruppe erreichen kann", sagte der England-Coach.

Southgate weiter: "Wir hatten schon 2018 und 2021 starke Teams, aber da hatten wir weniger Erfahrung. Zudem sind junge Spieler dazugekommen, die eine super Konkurrenzsituation in vielen Bereichen geschaffen haben. Wir haben eine sehr spannende Mannschaft mit extrem viel Talent. Aber die gesamte Gruppe muss zusammenfinden."

England hat alle Möglichkeiten - muss sie aber auch nutzen

Und das gilt vor allem für die Spieler im Offensivbereich. Mit James Maddison hat Southgate dafür noch einen Akteur nominiert, der vor allem für seine Distanzschüsse berüchtigt ist. "Das ist besonders wichtig gegen tiefstehende Gegner", erklärte er mit der Gewissheit, dass so viele Kontrahenten gegen England agieren werden.

Leicester Citys James Maddison

Leicester Citys James Maddison

Southgate hat also das Rüstzeug, um in allen Facetten gefährlichen und erfolgreichen Offensivfußball zu spielen. Ein Überangebot birgt jedoch auch die Gefahr, falsche Entscheidungen zu treffen. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass Southgate das vor allem zuletzt immer häufiger passiert ist. Keines der sechs Nations-League-Spiele hat England gewonnen und blieb viermal torlos. Wird sich daran nicht grundlegend etwas ändern, wird das große Jahrezählen bei den "Three Lions" auch nach dem Katar-Turnier weitergehen.