Ghanas Nationaltrainer Otto Addo in der Coachingzone

FIFA WM 2022 - Teamcheck Ghana - alles kommt auf Otto Addo an

Stand: 15.11.2022 12:50 Uhr

Ghana ist wahrscheinlich der größte Talentepool im afrikanischen Fußball. Die Nationalmannschaft konnte selten davon profitieren. Bringt Otto Addo die "Black Stars" bei der WM auf Kurs?

Von Olaf Jansen

Der Trainer

Chancen, die sich bieten, sollte man nutzen. Diese Regel gilt auch und vor allem für Fußballtrainer. Und so musste Otto Addo nicht lange überlegen, als Ghanas Fußballverband an ihn herantrat und anfragte, ob er womöglich bereitstünde, die Nationalmannschaft in den Qualifikationsspielen für die WM 2022 zu betreuen. Im Hauptberuf ist der gebürtige Hamburger Addo bei Borussia Dortmund als Verbindungsmann zwischen Nachwuchs- und Profiabteilung beschäftigt - man schätzt ihn dort wegen seiner authentischen Art und seinem guten Zugang zur Jugend.

In Ghanas Nationalteam hatte Addo lange quasi nebenberuflich als Gegner-Scout gearbeitet, ehe man seine Qualitäten für das höchste Traineramt erkannte. Addo führte das Team erfolgreich durch die beiden schweren Quali-Spiele gegen den großen Nachbarn Nigeria und ist nun tatsächlich bei der WM an vorderster Stelle dabei. Eine Geschichte, an die er vor zwei Jahren selbst sicherlich noch keinen Gedanken verschwendet hätte. Man muss die Chancen nutzen.

Der Star

Ob André Ayew bei der WM tatsächlich noch einmal die Rolle des ghanaischen Stars wird einnehmen können, mag fraglich sein. Groß ist die Kritik an dem ältesten Sohn von Abedi Pele nach einigen durchwachsenen Spielen in der Nationalmannschaft, die der 32-Jährige bis zuletzt doch stets als Kapitän aufs Feld geführt hat.

Ghanas Kapitän Andre Morgan Rami Ayew im Nationaltrikot

Taktgeber - wie lange noch? Andre Ayew

Ayew wird nicht jünger, zudem spielt er nun seit einigen Jahren Klubfußball auf eher niedrigem Niveau in der katarischen Liga bei Al Sadd. Ayew war schon 2010 in Südafrika und 2014 in Brasilien dabei, gemeinsam mit seinem Bruder Jordan Ayew hat er in den letzten Jahren die Struktur und Hierarchie bei den Black Stars geprägt. Es wird spannend sein zu beobachten, ob und wie weit Trainer Otto Addo diese Hierarchie schon bei der WM brechen wird. Oder ob Jungs wie Daniel Amartey (Leicester) und Thomas Partey (Arsenal) mit ihrer Erfahrung aus der englischen Premier League übernehmen. 

Players to watch

Der 22 Jahre alte Mittelfeldmann Mohammed Kudus wechselte 2020 für rund neun Millionen Euro vom FC Nordsjaelland zu Ajax Amsterdam und befindet sich nach zwei auch wegen mehrerer Verletzungspausen durchwachsenen Jahren aktuell auf dem besten Weg, den Durchbruch zu schaffen. Borussia Dortmund soll schon die Angel ausgeworfen haben, möglich erscheint ein Wechsel in die Bundesliga bereits im Winter-Transferfenster. Wenn er nach der WM für den BVB noch bezahlbar ist…

Besonderes

Otto Addo hat seit seiner Amtsübernahme eine ganze Menge bis dato kaum im Fokus stehender Profis auf dem Radar, die aufgrund ghanaischer Wurzeln für sein Team spielberechtigt sind. Auch in den deutschen Ligen ist er dabei fündig geworden. Daniel Kyereh, der letzte Saison für den FC St. Pauli groß aufspielte und heute beim SC Freiburg unter Vertrag steht, war quasi der Erste, den er holte.

WM-Chancen

Es war schon immer so und ist auch diesmal nicht anders: In Ghanas Fußball finden sich einige der größten afrikanischen Fußballtalente. Das kleine westafrikanische Land ist bekannt dafür, Jahr für Jahr einen ganzen Schwall von natürlichen Fußballbegabungen in den Fußballmarkt zu spülen. Nur: Für das Nationalteam ist bisher viel zu wenig an greifbaren Erfolgen dabei herausgesprungen.

Die "Black Stars" scheiterten gerade bei großen Turnieren stets an administrativen Problemen und oft daraus folgenden Streitigkeiten innerhalb des Teams. Es wird entscheidend sein, ob Otto Addo derlei Schwierigkeiten von seinen Jungs fernhalten kann und sie zu einem funktionierenden Team zusammenschweißt. Denn mit den Gruppengegnern Portugal, Südkorea und Uruguay scheint man auf Teams auf Augenhöhe zu treffen. Alles ist hier vorstellbar: Souveränes Weiterkommen ebenso wie sang- und klangloses Ausscheiden nach den Gruppenspielen.

Der Kader

Tor: Abdul Nurudeen (KAS Eupen), Danlad Ibrahim (Asante Kotoko), Lawrence Ati Zigi (FC St. Gallen)

Abwehr: Joseph Aidoo (Celta Vigo), Daniel Amartey (Leicester City), Alexander Djiku (Racing Straßburg), Tariq Lamptey (Brighton and Hove Albion), Gideon Mensah (AJ Auxerre), Denis Odoi (Club Brügge), Abdul-Rahman Baba (FC Reading), Mohamed Salisu (FC Southampton), Alidu Seidu (Clermont Foot)

Mittelfeld: Andre Ayew (Al Sadd), Daniel-Kofi Kyereh (SC Freiburg), Mohammed Kudus (Ajax Amsterdam), Thomas Partey (FC Arsenal), Elisha Owusu (KAA Gent), Salis Abdul Samed (RC Lens)

Angriff: Jordan Ayew (Crystal Palace), Osman Bukari (Roter Stern Belgrad), Abdul Fatawu-Issahaku (Sporting Lissabon), Kamaldeen Sulemana (Stade Rennes), Inaki Williams (Athletic Bilbao), Daniel Afriyie Barnieh (Hearts of Oak), Kamal Sowah (Club Brügge), Antoine Semenyo (Bristol City)