Mannschaftsfoto der australischen Natioinalmannschaft

Ausbeutung von Arbeitsmigranten Vor WM - Australisches Nationalteam kritisiert Katar

Stand: 27.10.2022 18:59 Uhr

Das australische Fußballnationalteam hat WM-Ausrichter Katar für den Umgang mit Arbeitsmigranten und sexuellen Minderheiten kritisiert.

Australien hat vor dem Start der Fußball-WM Menschenrechtsverletzungen in Katar verurteilt. Die Ausbeutung von Arbeitsmigranten sei "mit viel Leid verbunden", heißt es in einem Statement, das der australische Fußballverband veröffentlicht hat. Das dürfe man nicht ignorieren.

In Zusammenarbeit mit der Spielergewerkschaft Professional Footballers Australia (PFA) und den Nationalspielern habe man sich deshalb an einem "Aufklärungs- und Dialogprozess" unter anderem mit der FIFA und verschiedenen NGOs beteiligt. Ein Ziel müsse außerdem eine "Entkriminalisierung aller gleichgeschlechtlichen Beziehungen" sein.

Neben dem Statement existiert auch ein dreiminütiges Video, das die PFA veröffentlicht hat. Mehrere australische Nationalspieler, darunter Jackson Irvine vom deutsche Zweitligisten FC St. Pauli, äußern sich darin zur WM in Katar.

Sie seien natürlich keine Experten in Sachen Menschenrechten, hätten aber Menschenrechtsorganisationen, NGOs und auch Arbeitsmigranten in Katar zugehört. Es seien Reformen eingeleitet worden, doch deren Umsetzung sei "uneinheitlich" und müsse verbessert werden.

Immer wieder Kritik an Katar

Dass die WM in Katar stattfindet, wird seit Jahren kritisiert. Im Mittelpunkt stehen dabei die Umstände der Vergabe der Endrunde, die Menschenrechtslage, die Situation der Arbeitsmigranten und die Bedingungen für LGBT-Personen. Die drei letztgenannten Punkte thematisieren nun auch Australiens Nationalspieler.

Epsiode 1 - Die Vergabe

Benjamin Best, Robert Kempe, Jochen Leufgens, Katar - WM der Schande (Staffel 1), 07.10.2022 11:00 Uhr

Episode 2 - Die Toten

Benjamin Best, Robert Kempe, Jochen Leufgens, Katar - WM der Schande (Staffel 1), 07.10.2022 11:15 Uhr

Episode 3 - Der Plan

Benjamin Best, Robert Kempe, Jochen Leufgens, Katar - WM der Schande (Staffel 1), 07.10.2022 11:30 Uhr

Episode 4 - Der Schein

Benjamin Best, Robert Kempe, Jochen Leufgens, Katar - WM der Schande (Staffel 1), 07.10.2022 11:45 Uhr

Katar steht vor allem wegen des Umgangs mit Gastarbeitern in der Kritik. Beim Bau der Stadien und anderer Infrastruktur für die WM wurden massive Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. Es gab Tote, doch Katar streitet einen Zusammenhang mit der Arbeit auf WM-Baustellen ab. Und der Umgang mit Todeszahlen ist weiter intransparent. Laut FIFA sind lediglich drei Arbeiter explizit aufgrund von Arbeitsunfällen beim Stadionbau gestorben.

Wie die ARD-Doku "Kater - WM der Schande" zeigt, wurde offenbar bei vielen Arbeitern die Todesursache nicht untersucht: Im August 2021 veröffentlichten Amnesty international und andere Organisationen neue Vorwürfe gegen Katar, wonach Totenscheine für Gastarbeiter routinemäßig ohne angemessene Untersuchungen der Todesursachen ausgestellt worden sein.

Stattdessen seien die Todesfälle auf "natürliche Ursachen" oder vage definierte "Herzfehler" zurückgeführt worden. Laut Amnesty könnte die Quote der ungeklärten Todesfälle bei fast 70 Prozent liegen. Die katarische Regierung widerspricht: Unfall- und Sterbestatistiken entsprächen internationalen Standards.

Die FIFA und Katar haben immer wieder Besserung gelobt und auf Reformen verwiesen, doch die werden oft nur in der Theorie umgesetzt und nicht in der Praxis.

Homosexuelle Handlungen sind in Katar strafbar

Ein weiterer Kritikpunkt ist der Umgang mit sexuellen Minderheiten. Der Emir von Katar hatte im Mai nach einem Besuch bei Bundeskanzler Olaf Scholz gesagt, dass bei der WM "alle Menschen willkommen seien", auch Homosexuelle.

Tamim bin Hamad al Thani sagte aber zugleich: "Wir erwarten Respekt für unsere Kultur." Homosexuelle Handlungen sind in Katar strafbar.

Australiens Nationalspieler fordern, es müssten in Katar alle Menschen akzeptiert werden, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung. In dem Video sagen sie: "Als Spieler unterstützen wir voll und ganz die Rechte von LBGBTI+ Menschen, aber in Katar ist es den Menschen nicht erlaubt, die Person ihrer Wahl zu lieben." Das müsse sich ändern, und gleichgeschlechtliche Beziehungen "entkriminalisiert" werden.

Australiens Traum von einem Vermächtnis

Das Video endet mit einem Appell. Es müsse "wirksame Rechtsmittel" geben, gerade für all "diejenigen, denen ihre Rechte verweigert wurden." Gemeint sind natürlich die Arbeitsmigranten.

Der Verband, die Nationalmannschaft und die australische Spielervereinigung PFA fordern die Einrichtung eines Zentrums für Arbeitsmigranten, das deren Rechte auch nach dem Ende der Fußball-WM vertrete.

Nur so könne man für ein "Vermächtnis sorgen, das weit über den Abpfiff der FIFA-Weltmeisterschaft 2022 hinausreicht. Eines, auf das der Fußball wirklich stolz sein kann."

Katar weist Vorwürfe zurück

Die WM-Organisatoren wiesen die Kritik am Donnerstagabend zurück. Kein Land sei "perfekt", sagte ein Sprecher des Turniers.

"Wir haben alle Anstrengungen unternommen, um sicherzustellen, dass diese Weltmeisterschaft einen transformativen Einfluss auf die Verbesserung des Lebens hat", teilte das Komitee für Organisation und Nachhaltigkeit mit: "Der Schutz der Gesundheit, der Sicherheit und der Würde aller Arbeiter, die zu dieser Weltmeisterschaft beitragen, ist unsere Priorität."