Die Abseitstechnik der FIFA in Benutzung

Fußball | Technik Medien: Halb-automatische Abseitserkennung für WM 2022 einsatzbereit

Stand: 26.10.2021 19:10 Uhr

Nach Torlinientechnik und Videobeweis steht im Fußball möglicherweise die nächste technische Neuerung an: Die Firma Hawk-Eye hat laut englischen Medienberichten der FIFA erklärt, dass die halb-automatische Abseitserkennung einsatzbereit ist und bei der WM 2022 verwendet werden kann.

Das berichtete die englische Zeitung "Times" am Dienstag (26.10.2021). Demzufolge seien die letzten Tests erfolgreich gewesen. Die FIFA wollte sich auf Anfrage der Sportschau nicht zum Thema äußern. FIFA-Entwicklungsdirektor Arsène Wenger sprach zuletzt davon, dass die Technik bei der WM zum Einsatz kommen könnte. "Es gibt eine große Chance, dass dies schon im kommenden Jahr passiert. Mehr kann ich jetzt nicht sagen, aber das wird die nächste große Entwicklung bei den Schiedsrichtern", sagte Wenger bei einem Pressegespräch in Paris.

Abseitstechnik schickt ein Signal, Schiedsrichterteam entscheidet

Die Technik würde die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter sowie den Video Assistant Referee (VAR) von der grundsätzlichen Frage nach einer Abseitsstellung befreien. So funktioniert es: Die Technik würde dem Schiedsrichterteam ein Signal geben wie bei der Torlinientechnik. Das Schiedsrichterteam müsste dann nur noch entscheiden, ob eine Abseitsstellung strafbar ist, beispielsweise bei der Bewertung nach passiver oder aktiver Abseitsstellung.

Das System könnte den Streit um knappe Abseitsstellungen beenden, das Anlegen von Linien wäre bei der Erkennung von Abseitsstellungen nicht mehr nötig. Zudem würde die Überprüfung von Abseitsszenen durch den Video-Assistenten schneller gehen.

Regelhüter müssen dem System nicht zustimmen

Am Mittwoch sitzen Beratungsgremien des International Football Association Boards (IFAB) zusammen, wobei auch die halb-automatische Abseitserkennung Thema sein könnte. Aber wohl nur informativ: Die Spielregeln müssten nicht geändert werden, da die Technik Teil des VAR-Protokolls, nicht aber der Spielregeln wäre.

Eine Veränderung der Technik kann die FIFA vornehmen, solange sie die Regeln nicht verändert und auch das VAR-Protokoll grundsätzlich unverändert bleibt. Die FIFA hatte im Juli 2020 die weitgehende Kontrolle über die VAR-Angelegenheiten vom IFAB übernommen.

Ein Test wäre beim "FIFA Arab Cup" möglich, der in diesem Jahr den gestrichenen Confed Cup als Testlauf für die WM ersetzt. Das Turnier mit 16 arabischen Nationalmannschaften (30. November bis 18. Dezember 2021 in Katar) könnte einen Test für die Technik darstellen.

Zwei Themen besonders wichtig

Bei der Entwicklung der Technik gibt es vor allem zwei wichtige Aspekte:

1. Die Technik soll den möglichst genauen Zeitpunkt des Abspiels identifizieren, was bislang ein Streitpunkt war. Der Hintergrund: Fernsehbilder liefern pro Sekunde eine bestimmte Anzahl an Einzelbildern, sogenannte Frames. Zwischen zwei Frames liegt eine kurze Zeit, wodurch sich in engen Situationen umstrittene Abseitsstellungen ergeben können. Die Technik soll das lösen.

2. Die Abseitslinie muss automatisiert am richtigen Körperteil angelegt werden, um die Position des Spielers korrekt zu bestimmen. Die Fußball-Regelhüter des IFAB hatten zuletzt den oberen Teil des Oberarms beim Handspiel als nicht strafbar festgelegt. Hier muss das System also erkennen, ob sich die zur Torerzielung erlaubten Körperteile im Abseits befinden. Alle Spieler müssten vom System vermessen werden, denn die Körper sind logischerweise unterschiedlich lang und groß.

Ein Fall für die Bundesliga? Wohl auch eine Kostenfrage

Dass die Technik - sofern sie eingeführt wird und sich bewährt - bald nach der WM auch in der Bundesliga zum Einsatz kommen wird, ist allerdings nicht sicher. Denn mit der Technik wären weitere Kosten für Kameras verbunden. Die Klubs der 2. Bundesliga entschieden sich zuletzt beispielsweise aus Kostengründen gegen die Torlinientechnik. Die Bundesligaklubs müssten einer Einführung zustimmen.