Fußball | Europa League Rangers im Finale - auch Nostradamus wäre überrascht

Stand: 06.05.2022 14:45 Uhr

Die Glasgow Rangers stehen nach dem Sieg gegen Leipzig erstmals seit 2008 wieder in einem Europapokal-Finale - und können sich von ihrer sorgenvollen Vergangenheit befreien.

Die Glasgow Rangers haben eine bewegte Woche hinter sich. In der Premiership verpassten sie im Derby gegen Celtic den dringend benötigten Sieg - und damit wohl auch die letzte Chance, dem Erzrivalen noch den Meistertitel zu entreißen. Am Montag erschütterte die Rangers die Nachricht, dass ihr Zeugwart Jimmy Bell, seit mehr als 30 Jahren im Klub und auch noch beim Old-Firm-Derby auf der Bank, plötzlich verstorben war.

"Wir werden alles daran setzen, ins Finale zu kommen, für Jimmy", hatte Kapitän James Tavernier vor dem Europa-League-Rückspiel gegen RB Leipzig angekündigt. Die Rangers setzten dies eindrucksvoll und willensstark beim 3:1-Sieg gegen den Favoriten aus der Bundesliga um und schafften erstmals seit 2008 wieder den Einzug in ein europäisches Endspiel. Damals unterlagen sie im UEFA-Cup-Finale Zenit St. Petersburg mit 0:2.

1972 hatten die Rangers im Finale des Pokalsieger-Wettbewerbs sogar gegen Dinamo Moskau triumphiert. Es war nicht der einzige Europapokal-Titel für eine schottische Mannschaft: Celtic hatte 1967 den Landesmeister-Pokal gewonnen, der FC Aberdeen unter der Regie von Sir Alex Ferguson 1983 den Europapokal der Pokalsieger. In der Europa League und ihrem Vorgänger, dem UEFA-Pokal, hatte es neben den Rangers nur Celtic 2003 ins Endspiel geschafft – auch deshalb wird der unerwartete Coup der Rangers auf der britischen Insel als besonderes Ereignis gefeiert: "Nostradamus mag das Große Feuer in London und die Französische Revolution richtig vorhergesagt haben – aber diese verblüffende Rangers-Erfolgsgeschichte hätte auch er niemals kommen sehen", hieß es bei der BBC.

Insolvenz und Zwangsabstieg im Jahr 2012

Mit dem Finaleinzug haben sich die Rangers auch ein Stück mehr von ihrer wechselhaften, sorgenvollen jüngeren Vergangenheit befreit: Vor zehn Jahren war Schottlands Rekordmeister am Boden und musste Insolvenz anmelden. Nach von Misswirtschaft und Größenwahn geprägten Jahren, als man auch international den Erfolg suchte und teure Stars wie Ronald de Boer an den Ibrox Park lockte. Nach dem Neustart in der vierten Liga, mit neuer Betreibergesellschaft, aber dem alten, traditonsreichen Namen, kämpften sich die Rangers wieder zurück in die nationale Spitze und gewannen in der vergangenen Saison die erste Meisterschaft nach dem Zwangsabstieg.

Finale gegen Frankfurt - "Spiel des Jahrhunderts"

In der Liga haben die Rangers nach dem Jahreswechsel einen großen Vorsprung verspielt und müssen die Titelverteidigung wohl abschreiben - die Chance auf den Triumph in der Europa League dürfte aber mehr als ein Trostpflaster sein. Mit einem Sieg im Endspiel von Sevilla wären die Rangers sogar direkt für die Champions League qualifiziert. Gegen Frankfurt gelten die Rangers nun sogar als leicht favorisiert, nachdem sie nach dem BVB nun auch Leipzig ausgeschaltet haben - zwei Teams, die zumindest von der Besetzung her deutlich stärker erscheinen als die Eintracht.

Für die Rangers ist es das "Spiel des Jahrhunderts", kommentierte die BBC und entdeckte bei der beeindruckenden Leistung gegen den nächsten deutschen Spitzenklub auch eine "Renaissance als Offensivkraft", neben der gewohnten Kampfstärke. "Vergesst, was die Buchmacher sagen. Die Rangers scheint niemand aufhalten zu können."