Fußball | Deutscher Fußball-Bund Hausdurchsuchung beim DFB - der nebulöse Vertrag

Stand: 03.03.2022 22:59 Uhr

Untreue, Hausdurchsuchung, Scheinvertrag - gut eine Woche vor dem wieder mal geplanten Neuanfang auf dem Bundestag gerät der Deutsche Fußball-Bund wieder mal in die negativen Schlagzeilen. Es geht um einen nebulösen Vertrag

Am 11. März tritt der Bundestag in Bonn zusammen. Die Fleißigen unter den 262 Delegierten dürften mit der Lektüre der "Jahresberichte 2019 bis 2022" schon durch sein, die öffentlich zum Download bereit stehen. In der Begrüßung durch den 1. Vizepräsidenten Rainer Koch und die stellvertretende Generalsekretärin Heike Ullrich haben sie dann folgenden Satz gelesen: "Der DFB steht nun vor einem Neuanfang, wobei das häufig gezeichnete schlechte Bild des DFB aus unserer Sicht den realen Gegebenheiten nicht gerecht wird."

Die realen Gegebenheiten am Donnerstag (03.03.2022) sahen so aus, dass die Staatsanwaltschaft die Zentrale des DFB durchsuchen ließ, dazu die Privatwohnung eines früheren Funktionärs und Geschäftsräume fünf weiterer Unternehmen.

"Ein ehemaliger Verantwortlicher des DFB soll im Namen des DFB einen Dienstleistungsvertrag mit einer Kommunikationsagentur geschlossen haben. Aufgrund dieses Vertrags soll der DFB insgesamt 360.000 Euro an die Kommunikationsagentur gezahlt haben", teilte die Staatsanwaltschaft mit. "Bei dem Vertrag soll es sich um einen bloßen Scheinvertrag gehandelt haben." Der DFB ließ schleunigst wissen, dass er bei dem "Verdacht der Untreue" nicht beschuldigt sei.

Wer die Beschuldigten sind, der "ehemalige Verantwortliche" und "Dritte", ließ die Staatsanwaltschaft offen.

"Äußerst sensible Gesamtsituation"

Auch die betroffene Medienagentur blieb namenlos. Aber die Vermutung, dass es sich um die Kommunikationsagentur von Kurt Diekmann handelt, ist naheliegend. Viele Medienberichte, in der auch explizit die Summe von 360.000 Euro genannt wird, deuten darauf hin.

Indizien sind auch in den Jahresberichten des DFB zu finden, vor allem im Bericht des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses. Auf Seite 45 heißt es: "In Anbetracht der äußerst sensiblen rechtlichen und äußerungsrechtlichen Gesamtsituation des 'Diekmann-Komplexes' verzichtet der Prüfungsausschuss darauf, in seinem Rechenschaftsbericht auf konkrete Details einzugehen."

Grußwort konterkariert

Die anschließenden Sätze konterkarieren gerade das Grußwort, nach dem das schlechten Bild des DFB den realen Gegebenheiten nicht gerecht wird. "Eines muss jedoch ausgesprochen werden dürfen: Wenn ein DFB-Ausschuss vom DFB-Präsidium beauftragt wird, einen bestimmten Sachverhalt zu prüfen, ihm daraufhin von Mitgliedern des Präsidialausschusses persönliche und rechtliche Konsequenzen angedroht werden, er selbst für die erforderliche rechtliche Vertretung seiner Interessen eine Anwaltskanzlei beauftragen muss und die Kostenübernahme durch den DFB monatelang verweigert wird, dann ist das auch für jahrzehntelang in der Führung von Verbänden und Vereinen erfahrene Menschen ein beispielloser Vorgang."

Wäre ein Jahresbericht ein Comic, wären die Sätze mit "Rumms", "Bäm", "Knall" und "Peng" versehen.

Erhebliche Zweifel

Die Zusammenarbeit zwischen der Agentur Diekmann ist durch den DFB verbrieft, auch in diesem Statement aus dem Mai 2021. Wie die Zusammenarbeit aber genau aussah, wofür der in der Öffentlichkeit nie auftauchende Diekmann so üppig bezahlt wurde, ist nebulös. Der DFB behauptet, es sei um die Krisenkommunikation im Zug der Trennung vom langjährigen Rechtevermarkter Infront gegangen. An dieser Darstellung gibt es Zweifel, am Mittwoch (03.03.2022) wurden sie in aller Ausführlichkeit und mit Neuigkeiten versehen in der Süddeutschen Zeitung ausgebreitet.

Fragen zum Vertrag mit Diekmann hatte auch Fritz Keller. Der ehemalige Präsident des DFB wollte sich das Papier genau ansehen, bekam es aber laut seiner Darstellung nicht ausgehändigt, obwohl er doch der Chef des Verbandes war.

Es kam zum großen Streit, Kellers Büroleiter wurde sogar entlassen. Die Klage dagegen ist vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main immer noch anhängig.

Keller auf der einen, Trio auf der anderen Seite

Keller stand nahezu allein auf der einen Seite, Rainer Koch, Schatzmeister Stephan Osnabrügge und Generalsekretär Friedrich Curtius auf der anderen Seite.

In einer Sitzung verlor Keller die Nerven und verglich den Juristen Koch mit einem der schlimmsten Nazi-Richter. Der Rücktritt war unausweislich. Aber er war nicht der Einzige, der ging. Auch Friedrich Curtius verließ den DFB.

"Auch wenn sie schon einige Monate nicht mehr in Funktion sind, möchten wir uns an dieser Stelle bei Fritz Keller und Dr. Friedrich Curtius für ihren Einsatz und ihr großes Engagement für den DFB bedanken", heißt es im Grußwort des Jahresberichts. Da dürften viele Delegierte beim Lesen gezuckt haben, vermutlich sogar gelacht.