Fußball | Champions League Salzburgs Adeyemi: Nächster Stresstest für Bayerns Abwehr

Stand: 08.03.2022 07:49 Uhr

RB Salzburgs Karim Adeyemi beherrscht das Spiel mit dem Tempo, Tore macht er auch. Der FC Bayern wird vor dem Champions-League-Achtelfinal-Rückspiel gewarnt sein. Auch der BVB schaut interessiert zu.

Da saß nun also Thomas Müller und sah einigermaßen vergnügt aus, als er nach Karim Adeyemi gefragt wurde. Müller, der Routinier des FC Bayern, und Adeyemi, der noch immer sehr junge und zuletzt oft gelobte Angreifer von RB Salzburg, sind sich in den vergangenen Monaten manchmal bei der Nationalmannschaft begegnet. Mitte Februar haben sie sich in der Champions League wiedergesehen. Im Achtelfinal-Hinspiel hatten Adeyemi und Salzburg die Bayern und Müller schon sehr genervt.

Weiterkommen entscheidend für Saisonbewertung

Am Dienstag (08.03.2022) steht das Rückspiel in München an. Es ist vielleicht das wichtigste Spiel der Saison für die Bayern: Ein Aus gegen Salzburg würde der Bewertung von Julian Nagelsmanns Premierenjahr als Bayern-Cheftrainer einen gehörigen Dämpfer verpassen. "Wenn das nicht positiv ausgeht, dann ist es keine besondere Saison", unterstrich Nagelsmann auf der Pressekonferenz vor dem Duell das Selbstverständnis des Rekordmeisters.

Thomas Müller (32) sprach über Adeyemi (20) und lobte dessen "enormen Speed" - eine Überraschung war das nicht. Tatsächlich ist Adeyemi schnell, für viele Abwehrspieler zu schnell. Wenn Adeyemi antritt, und er tut das oft, dann ist ihm die Aufmerksamkeit der Salzburger Anhänger sicher. In Salzburg erzählen sie gerne, wie Adeyemi mal über 30 Meter gesprintet ist und jemand die Zeit nahm. Am Ende war er schneller als Usain Bolt, so zumindest geht die Geschichte.

Ein Sprinter, der auch kicken kann

Es hat auch mit dieser Geschwindigkeit zu tun, dass über Adeyemi gerade oft berichtet wird. Natürlich geht es dabei früher oder später immer auch darum, wann er Salzurg verlassen wird und ob er dann nach Dortmund wechselt oder nicht. Und es geht um Statistiken, denn die von Adeyemi machen was her: Für RB Salzburg hat er in dieser Saison 33 Pflichtspiele bestritten, 19 Tore erzielt und vier vorbereitet.

Nun ist das Tempo im Fußball sicher ein wichtiges Kriterium, doch wenn einer nicht kicken kann, nützen ihm auch die unwahrscheinlichsten 30-Meter-Zeiten nichts. Adeyemi kann kicken, man hat das schon oft beobachten können. Als er im September sein erstes Tor für die deutsche Nationalmannschaft erzielte, hatte er es selbst mit einem Steckpass per Hacke eingeleitet. Das Tor war kein wichtiges, aber man wird sich daran erinnern.

Adeyemi und das Gespür für das Spiel mit dem Tempo

Doch die Geschichte über den sprintenden Fußballer Adeyemi ist dann doch etwas komplexer. Was ihn von vielen anderen schnellen Fußballern unterscheidet, ist der Sinn für Raum und Zeit, vor allem aber sein Gespür für das Spiel mit dem Tempo. Adeyemi weicht gerne auf die Flügel aus, er ist kein Angreifer, der sich nur im Strafraum aufhält. Und er ist sehr geschickt darin, das Tempo zu variieren.

Oft sprintet er in höchtem Tempo auf einen Gegenpieler zu, nur um dann abzubremsen, sich den Ball von einem auf den anderen Fuß zu legen und anschließend wieder schneller zu werden. Für Abwehrreihen ist das wie ein Stresstest. In der Champions League hat Adeyemi in sieben Spielen in dieser Saison nicht nur drei Tore erzielt und zwei vorbereitet, sondern auch vier Elfmeter herausgeholt.

Einmal, als Salzburg in der Vorrunde gegen den FC Sevilla spielte, eine Mannschaft also, deren Abwehr keine ganz schlechte ist, war Adeyemi innerhalb von 35 Minuten dreimal nur durch ein Foul im Strafraum zu stoppen.

Ein Spieler für die Fantasie

Adeyemi ist ein spannender Spieler, er bringt vieles mit, was sie im Fußball heute gerne sehen. Doch noch sind da Schwächen: Sein erster Kontakt misslingt mitunter, er verliert zu oft den Ball und gewinnt selten Zweikämpfe, auch beim Torabschluss kann er sich verbessern. Er vergibt auch noch zu viele Großchancen.

Matthias Jaissle (33) ist der Trainer von Salzburg, auch über ihn wird gerade oft berichtet. Er gilt als Figur eines Erfolgs, den auch Adeyemi mit seinen Toren ermöglicht. Über Adeyemi hat Jaissle einmal gesagt: "Karim ist noch jung, aber er ist bereit, sich ständig zu verbessern. Er ist wissbegierig. Das sind gute Voraussetzungen, damit seine Reise noch weitergeht."

Adeyemi ist ein Spieler für die Fantasie, man kann ihm heute beim Fußballspielen zuschauen und dabei an die Erfolge von morgen denken. Es ist eher keine Überraschung, dass in der Bundesliga einige Entscheider offenbar die Fantasie haben, dass die Reise von Karim Adeyemi noch lange nicht vorbei ist. Die Bayern und auch der BVB sollen großes Interesse an einer Verpflichtung haben.

Schwabl über Adeyemi: "Das Herz am rechten Fleck"

Adeyemi und die Bayern, das wäre schon eine besondere Kombination. Als sehr junger Nachwuchsspieler hat er schon einmal für den Klub gespielt, er galt als großes Talent, nur das mit der Disziplin war eher nicht so seins. Was genau damals dazu geführt hat, dass die Bayern Adeyemi weggeschickt haben, wird die Öffentlichkeit nicht mehr erfahren. Aber man darf den Verantwortlichen schon unterstellen, dass sie diese Entscheidung eventuell mal kurz bereut haben.

Über seinen Jugendverein TSV Forstenried München kam Adeyemi irgendwann zur Spielvereinigung Unterhaching, sie können dort gut mit Talenten. Der Präsident ist Manfred Schwabl, ein ehemaliger Profi, gar Nationalspieler. Schwabl hat einmal erzählt, wie er mit Adeyemi gesprochen habe, wie der nur noch zum Training durfte, wenn es in der Schule lief - und wie es dann in der Schule lief.

Adeyemi war 16, als ihn RB Salzburg verpflichtete, von der Ablösesumme von angeblich drei Millionen Euro zehrt die klamme Spielvereinigung Unterhaching noch immer. Kürzlich ist Schwabl mal wieder auf Adeyemi angesprochen worden, er hat dem Sender "DAZN" ein Interview gegeben. Schwabl sagte, Adeyemi sei ein "Bazi", ein Schlingel, es klang beinahe wie ein Kompliment: "Er hat es faustdick hinter den Ohren, aber das Herz am rechten Fleck."

Adeyemi auf den Spuren von Haaland

Nicht undenkbar ist, dass Adeyemi irgendwann beim BVB landet, womöglich schon im Sommer. In Dortmund haben sie schon einmal einen Angreifer aus Salzburg geholt und damit gute Erfahrungen gemacht: Erling Haaland (21) kam vor zwei Jahren, nun würden sie ihn am liebsten gar nicht mehr gehen lassen. Doch daraus wird wohl nichts.

Natürlich ist Adeyemi ein anderer Spielertyp als Haaland, nicht so kopfballstark und auch nicht so abgezockt im Abschluss. Doch einen gleichwertigen Ersatz für den Norweger werden sie beim BVB sowieso kaum finden, warum also nicht Adeyemi?

Vor einigen Tagen ist Adeyemi auf seine Zukunft angesprochen worden, ihm passiert das gerade öfter. Er sagte: "Mein Fokus ist in Salzburg. Es ist nichts klar. Was im Sommer passiert, passiert im Sommer."