Fußball Champions League: Ein neuer Sheriff ist in der Stadt

Stand: 29.09.2021 07:34 Uhr

Der krasse Außenseiter Sheriff Tiraspol hat das Stadion Bernabéu erobert und Real Madrid schwer blamiert. Gefeiert wird nicht nur in der Heimat Moldau, sondern auch in Luxemburg.

Der ukrainische Trainer Jurij Wernydub sank auf die Knie, die Spieler von Sheriff Tiraspol umarmten sich, andere rannten nur noch auf Socken über den Rasen des legendären Estadio Santiago Bernabéu.

Mit ihrem Sensationssieg bei Real Madrid hat der krasse "Underdog" von Sheriff Tiraspol sogar noch das Traum-Tordebüt von Lionel Messi im Trikot von Paris Saint-Germain in den Schatten gestellt.

Sportzeitung "As": "Totaler Schock"

Tiraspol habe Real "ins Verlies" gesperrt, befand "Marca": "Sheriff hat das Bernabéu als Gruppenerster verlassen, als es seinen illustren Gegner mit zwei Toren erledigt hatte. Ohne Mitleid für Madrid."

"Sheriff beendet die Flitterwochen von Ancelottis Mannschaft, die erst schläft und dann ziellos ist", kommentierte die spanische Sportzeitung "As", der Chefredakteur meinte: "Totaler Schock im Bernabéu. Unerklärlich."

Matchwinner aus Luxemburg

In der 90. Minute sorgte ein gewisser Sébastien Thill, 27 Jahre alter Luxemburger, für die Entscheidung, die in der Fußballwelt so schnell nicht vergessen werden dürfte. Mit einem satten Linksschuss in den Winkel hatte Thill Madrids Torwart Thibaut Courtois überwunden. Thill war im Januar vom FC Progrès Niederkorn an Tiraspol ausgeliehen worden.

"Der Luxemburger Fußballprofi Sébastien Thill hat am Dienstagabend wohl eines der wichtigsten Tore seiner Karriere geschossen", schrieb umgehend das "Tageblatt" aus der Heimat des Matchwinners, der erst im Sommer des vergangenen Jahres Voll-Profi geworden war.

Finanziert vom mächtigen Großkonzern

Sein Verein war als einer der großen Unbekannten in die Gruppenphase der Champions League gestartet, nachdem er sich erfolgreich durch die Qualifikation - mit Siegen gegen Roter Stern Belgrad und Dinamo Zagreb - gekämpft hatte.

Unterhalten wird der Klub aus Tiraspol, der Hauptstadt Transnistriens, vom Großkonzern Sheriff, der quasi alles in dem kleinen Landstrich Moldaus in der Hand hält und 60 Prozent des Bruttosozialprodukts Transnistriens erwirtschaftet.

Trainer Wernydub: "Nichts zu verlieren"

Tiraspol führt die Gruppe nun mit sechs Zählern vor Real Madrid an, Inter Mailand und Schachtjor Donezk kommen jeweils auf nur einen Punkt. Gegen die Mannschaft aus der Ukraine hatte Tiraspol zum Auftakt 2:0 gewonnen.

Gegen Madrid kamen sie nun der K.o.-Runde einen weiteren Schritt näher. "Ich sage meinen Leuten ständig: Wir sind schon in der Champions League, ihr habt doch nichts zu verlieren, sondern könnt euch auf der größten Bühne präsentieren", hatte Trainer Jurij Wernydub dem "Kicker" vor der Partie gesagt.

Zwei Jahre nach seinem erstmaligen Besuch der Kultstätte in Madrid als Zuschauer verließ er das Bernabéu um eine unvergessliche Trainer-Erfahrung reicher und mit drei Punkten mehr in der Bilanz.