Fußball | Champions League Manchester City - Jack Grealish als neuer Trumpf

Stand: 14.09.2021 19:09 Uhr

Er war der teuerste Einkauf des Sommers - und der teuerste Engländer aller Zeiten: Mit Jack Grealish hat Manchester City den Kader weiter aufgerüstet. Reicht das für die Krönung in der Champions League?

Von Pep Guardiola heißt es schon mal, dass er am liebsten einen Torwart und zehn Mittelfeldspieler aufstellen würde. Allesamt höchst passsicher, versteht sich. Denn nur Ballkontrolle, so das Credo des Katalanen, führt im Fußball ans Ziel.

Der teuerste Transfer des Sommers

Umso erstaunlicher, dass Manchester City - erster Gegner von RB Leipzig in der Champions League (Mittwoch 21 Uhr) - im Sommer unbedingt den kantigen Torjäger Harry Kane verpflichten wollte. Angeblich lagen Gebote im Bereich von umgerechnet 160 Millionen Euro auf dem Tisch, aber Premier-League-Konkurrent Tottenham Hotspur sah keine Veranlassung, die Freigabe zu erteilen - und der Mittelstürmer sich seinem Arbeitgeber insofern verpflichtet, dass er keinen Streik oder andere Mätzchen inszenierte, um einen Wechsel zu erzwingen.

Im langen Tauziehen um den 28-Jährigen ging unter, dass sich die "Citizens" dennoch den teuersten Transfer dieses Sommers leisteten: Für Jack Grealish von Aston Villa blätterte der Klub mit seinen Besitzern in den Vereinigten Arabischen Emiraten stolze 118 Millionen Euro hin.

Ein Ballschlepper mit genialem linken Fuß

So viel ist noch nie für einen Engländer gezahlt worden. Grealish ist ein Ballschlepper mit hoher Beschleunigung; ein Trickser mit einem genialen linken Fuß. Der 26 Jahre alte Offensivmann hatte bis zu diesem Zeitpunkt für eine besondere Art von Vereinstreue gestanden: Er spielte, seit er sechs Jahre alt war, beim Birminghamer Stadtteilklub Aston Villa. Er wurde in einem Vorort von Birmingham geboren, durchlief bei Villa alle Nachwuchsmannschaften, stieg mit dem Verein ab und drei Jahre später wieder auf.

Grealish hat fast so viele Spiele in der zweiten (89) wie in der ersten Liga (96) im Trikot von Aston Villa absolviert. "Erst als wir abgestiegen waren, hatte ich ein größeres Ziel vor Augen", sagt Grealish zum Abschied. In seinem Abschiedstweet an die Villa-Fans schrieb er: "Jedes Mal, wenn ich das Villa-Trikot anzog, spielte ich mit meinem Herz in der Hand."

Nun soll er in einer der hochkarätigsten Mannschaften der Welt funktionieren. Das 68-Kilo-Leichtgewicht bekam die Nummer zehn im "Citizen"-Ensemble. Der Wechsel erfolgte auch aus dem Antrieb, endlich Stammspieler in der Nationalmannschaft zu werden, für die Grealish erst 15 Länderspiele, aber immerhin schon fünf Tore verbucht hat.

Erst in diesem Sommer bei der EM gelang es dem Flügelmann mit den nach hinten gegelten Haaren, sich für England wirklich tiefer in Erinnerung zu rufen, wofür ihm fünf Teilzeiteinsätze mit gerade 173 Einsatzminuten, also keine zwei vollen Spiele, genügten.

Im Achtelfinale gegen Deutschland machte er den Unterschied

Wenn Grealish für die "Three Lions" eingriff, kam das oft stockende Angriffsspiel auf Touren. Seine Einwechselung war auch der Turnaround im lange verfahrenen Achtelfinale zwischen England und Deutschland, seine Impulse sollten Wembley in ein Tollhaus verwandeln, um den ersehnten Sieg zu feiern.

Interessant, dass der Irrwisch mit den weit heruntergezogenen Stutzen und den fast winzigen Schienbeinschützern sich Inspiration von Kevin De Bruyne geholt hatte, ehemals Deutschlands Fußballer des Jahres und seit Jahren die prägende Figur bei den "Skyblues". Er habe sich zahlreiche Videos von dem belgischen Ausnahmefußballer angesehen, verriet der Engländer, vor allem wie dieser den letzten Pass spiele.

Viel Lob von José Mourinho

Neben sechs Toren gelangen Grealish in der Vorsaison auch zehn Assists; damit war er drittbester Vorlagengeber der Premier League. Von seinen Fähigkeiten schwärmte auch schon José Mourinho, der mal als Tottenham-Trainer sagte: "Der Kerl ist mutig. Er geht Risiken ein, er pokert, er verliert den Ball, er kreiert Chancen, er tritt seine Gegenspieler, sie treten ihn, er destabilisiert den Gegner. Er hat viel Power, ich mag ihn wirklich sehr."

An guten Tagen kann er für den ersten Gegner von RB Leipzig ein Unterschiedsspieler sein. Trotz seines Alters spielt bei ihm noch eine jugendliche Unbekümmertheit mit, die auch der Tatsache geschuldet ist, dass er sich bei Aston Villa einen besonderen Status mit vielen Freiheiten erwarb.

Beim Premierentor hielt er sich die Ohren zu

Spannend wird sein, ob er sich in den Systemfußball von Guardiola mit den schier unendlichen Ballpassagen pressen lässt. Grealish soll vorrangig über außen - im Mittelfeld oder Sturm - kommen, obwohl dort auch Raheem Sterling, Riyad Mahrez, Phil Foden oder zuletzt auch Gabriel Jesus spielen, aber gute Spieler kann sein prominenter Chefcoach nicht genug haben.

Wer die Stafetten veredelt, ist dem Lehrmeister letztlich egal. Grealish kommt bislang auf 16 Treffer in 100 Premier-League-Einsätzen. Viermal stand er für seinen neuen Arbeitgeber in den Ligaspielen in der Anfangsformation, beim 5:0 gegen Norwich City am zweiten Spieltag glückte ihm das Premiertor, danach hielt er sich die Ohren zu, was Raum für Interpretationen ließ. Hat ihn doch das Gerede um Kane gestört?