Fußball | Champions League Kommentar: Pep Guardiola - doch nicht der Weltbeste

Stand: 05.05.2022 20:11 Uhr

Pep Guardiola von Manchester City zählt zu den besten Fußballtrainern der Welt. Seit elf Jahren aber wartet er vergeblich auf den Gewinn der Champions League. Nach dem erneuten Aus stellt sich die Frage: Ist Guardiola wirklich Weltklasse? Ein Kommentar.

Vielleicht ist alles ganz anders. Vielleicht hat es gar nichts mit dem Treiben auf dem grünen Rasen zu tun. Vielleicht kann Pep Guardiola die Champions League aus ganz anderen Gründen nicht mehr gewinnen.

Vielleicht verfolgt Guardiola einfach nur ein alter Streit. Sein damaliger Spieler Yaya Toure warf ihm vor einigen Jahren vor, Guardiola habe ein Problem mit afrikanischen Spielern. Toures Berater erklärte später, afrikanische Schamanen würden fortan verhindern, dass Guardiola noch einmal die Champions League gewinnen könne.

Guardiola - Anspruch auf Perfektion

Es gibt aber auch plausiblere Gründe dafür, dass Guardiola seit nunmehr elf Jahren vergeblich dem Titelgewinn in der Königsklasse nacheilt. Es ist vor allem sein Hang zum Perfektionismus, der den Trainer immer wieder scheitern lässt.

Nichts weniger als Perfektionismus ist sein Ziel. Diesen Eindruck kann man bekommen, wenn man Guardiolas Mannschaften Fußball spielen sieht. Und bei Manchester City, das finanziell mit schier grenzenlosen Mitteln ausgestattet ist, in den vergangenen Jahren weit über eine Milliarde Euro in neue Spieler investiert hat, hat Guardiola auch das optimale Spielermaterial dafür.

Kahn über Guardiola: "Vom Typ her eher ängstlich"

Manchester zerlegt die Abwehrreihen vieler Gegner mit fast chirurgischer Präzision und Abläufen, die sein spanischer Trainer bis ins kleinste Detail ausgeklügelt hat. Aber im Streben nach genau dieser Perfektion, vernebelt Guardiolas Blick manchmal.

Dazu wirkt der Trainer zuweilen von Angst geleitet. Bayern-Vorstand Oliver Kahn erklärte vor Jahren auch einmal, Guardiola sei "von seinem Habitus und Typ her eher ängstlich". Und tatsächlich verfolgt den 51-Jährigen schon seit Jahren der Vorwurf, in entscheidenden Champions League-Spielen zu mutlos zu agieren.

Guardiola und das Streben nach Perfektion

Mehrfach wich Guardiola dort von seiner Taktik und spielerischen Linie ab und scheiterte spektakulär. Zuletzt im Finale des Vorjahres, als er unerklärlicherweise ohne defensives Mittelfeld spielen ließ und so Chelsea den Sieg ermöglichte. Es wirkt, als wolle der Trainer unbedingt vermeiden, etwas zu übersehen, etwas falsch zu machen.

Diesmal war es kein taktischer Bock, der City gegen Madrid scheitern ließ. Aber wieder einmal wichen Guardiola und seine Spieler von ihrer Linie ab. Die Meister der Spiel- und Ballkontrolle überließen Real in den Schlussminuten das Kommando.

Gescheitert beim Versuch, alles richtig zu machen

Madrid spielte dabei auch mit purem Willen und der Kraft der Überzeugung. Eigenschaften, die im Streben nach fußballerischer Perfektion vielleicht einfach unterdrückt werden.

Beim Versuch, wieder alles richtig zu machen, scheiterte Guardiola einmal mehr. Wohl auch, weil er nichts mehr fürchtet, als beim Streben nach Perfektion zu versagen. So ändert er zu oft vorschnell den Kurs und entfernt sich unbemerkt immer weiter vom perfekten Spiel. Die Einsicht kommt dann erst, wenn es zu spät ist.

Guardiola gilt allgemein als bester Trainer der Welt. Und doch gelingt es ihm Jahr für Jahr nicht, die Champions League zu gewinnen. Das Streben nach Perfektion verhindert es. Der Charakterzug, der ihn in die Weltspitze hat aufsteigen lassen, lässt nicht zu, dass er der Beste seines Fachs wird.