Fußball | Bundesliga Wolfsburgs Traumstart und der Absturz - kein Einzelfall

Stand: 01.02.2022 14:30 Uhr

Die Negativserie beim VfL Wolfsburg wird zusehends bedrohlich. Seit November 2021 hat die Mannschaft von Trainer Florian Kohfeldt kein Spiel mehr gewonnen. Ein Sportpsychologe erklärt, was dem Team jetzt Mut machen sollte.

Von Erik Rönicke

Aktuell macht der Blick auf die Tabelle wohl keinem Fan des VfL Wolfsburg viel Freude: Nur noch zwei Punkte trennen die "Wölfe" vom Relegationsplatz 16, die Abstiegszone ist nach neun Spielen ohne Sieg gefährlich nah. Am letzten Tag der Winter-Transferperiode verließ dann auch noch sein zweitbester Torjäger den VfL. Wout Weghorst stürmt ab sofort in England. Für Ersatz sollen Max Kruse und Jonas Wind sorgen.

Vielversprechender Saisonstart

Eigentlich hatte die Saison der Niedersachsen vielversprechend begonnen. Noch unter Trainer Mark van Bommel, der im Sommer den Posten von Oliver Glasner übernommen hatte, war man mit vier Siegen in Folge gestartet, stand zwischenzeitlich auf Tabellenplatz 1. Es folgte eine Niederlagenserie - und van Bommel wurde durch Florian Kohfeldt ersetzt.

Die Geschichte wiederholte sich: Auch Kohfeldt legte einen vielversprechenden Start hin: zwei Siege aus drei Spielen. Doch seitdem gab es in neun Liga-Spielen nur zwei Punkte. Und darüber hinaus noch das Aus in der Champions League - sang- und klanglos auf dem letzten Gruppenplatz. Der einzige Trainer, der in dieser Saison einen noch schlechteren Punkteschnitt aufweist als Kohfeldt ist Fürths Stefan Leitl.

Kein Einzelfall in der Bundesliga-Geschichte

Wolfsburg ist nicht das erste Team in der Bundesliga, das nach einem überragenden Saisonstart derart abstürzt. Das wohl bekannteste Beispiel für so einen Fall ist Eintracht Frankfurt in der Saison 2010/11. Am 11. Spieltag stand das Team vom damaligen Trainer Michael Skibbe auf dem vierten Tabellenplatz, träumte vom internationalen Geschäft.

Dann folgte der Absturz ins Bodenlose. In der Rückrunde holte die Mannschaft nur noch einen Sieg. Auch der Trainerwechsel zu Christoph Daum kurz vor Ende der Saison brachte nichts mehr. Die Eintracht verabschiedete sich am Ende auf Platz 17 in die 2. Bundesliga.

Ein Fall aus der jüngeren Bundesliga-Geschichte ist Borussia Dortmund. Das startete 2017/18 unter dem damaligen Trainer Peter Bosz furios in die Saison. Doch nach fünf Siegen aus sechs Spielen zum Saisonstart folgten acht Spiele ohne Sieg, mit dabei das unvergessliche 4:4-Unentschieden im Derby gegen Schalke 04, als der BVB eine 4:0-Führung verspielte. Bosz musste gehen und unter Interimstrainer Peter Stöger wurde der Absturz abgefedert - der BVB landete am Ende der Spielzeit auf Rang vier.

Der Fall Alemannia Aachen

Zuversicht geben könnte den Wolfsburgern ein Beispiel aus früherer Bundesliga-Zeit. Alemannia Aachen rutschte nach gutem Saisonstart im Jahr 1968 nach fünf Niederlagen in Folge zwischenzeitlich auf Platz 16 ab. Doch die Alemannia berappelte sich und beendete die Saison sogar auf Platz zwei.

Und so weit entfernt die Europapokalplätze derzeit entfernt zu sein scheinen: Platz sechs ist derzeit "nur" zehn Punkte entfernt - die Bundesliga ist insgesamt zusammengerückt.

Sportpsychologe: "Kurvenbewegungen überraschen nicht"

Solche Kurvenbewegungen in den Leistungen einer Mannschaft überraschen den Sportpsychologen Prof. Markus Raab von der Deutschen Sporthochschule in Köln nicht. "Wir wissen aus Analysen von Sequenzanalysen von Mannschaften, dass es immer wieder Phasen mit starken und schlechten Spielen gibt", sagt der Wissenschaftler im Gespräch mit der Sportschau. So ein Einbruch sei erstmal nichts Ungewöhnliches, und im Regelfall pendele sich die Leistung eines Teams im weiteren Saisonverlauf dann auch wieder auf ihr normales Niveau ein.

Möglicher Lösungsansatz: Abwechslung

Ob es den Wolfsburgern helfen würde, Florian Kohfeldt zu entlassen, bezweifelt Raab. "Nur wenn man im Trainer die Quelle der schlechten Leistungen sieht, kann man über einen Trainerwechsel nachdenken", sagt er. Meist hätten Trainerwechsel aber nur kurfristige Auswirkungen auf die Leistung des Teams.

Helfen könnten beispielsweise ein Ortswechsel für die Trainingseinheiten, ein Trainingslager oder auch aufbauende Testspiele gegen unterklassige Gegner. Dadurch könnten negative Verknüpfungen im Kopf gelöst und neues Selbstbewusstsein aufgebaut werden.

Sportpsychologe sicher: Wolfsburg schafft es

Möglicherweise ist dafür der nächste Gegner genau der richtige: Greuther Fürth ist nach der Pause zu Gast in Wolfsburg. Die Franken liegen trotz zuletzt deutlich verbesserter Leistung abgeschlagen am Tabellenende.

Raab prognostiziert dem VfL Wolfsburg für den weiteren Saisonverlauf einen Aufwärtstrend: "Der VfL wird am Ende der Saison den Klassenerhalt schaffen. Die Qualität der einzelnen Spieler reicht dafür auf jeden Fall aus."