Fußball | Bundesliga Die Bundesliga und ihre Mittelstürmer - eine importierte Elite

Stand: 28.10.2021 19:30 Uhr

In den vergangenen Jahren wurde Robert Lewandowski nahezu ohne Konkurrenz Torschützenkönig in der Bundesliga. In dieser Saison sind dem Angreifer gleich vier Mittelstürmer auf den Fersen - ein deutscher Knipser wird jedoch vergeblich gesucht.

Es ist noch gar nicht so lange her, da schien es, als sei der klassische Mittelstürmer nicht mehr gefragt im Fußball. Pep Guardiola hatte eine sogenannte "falsche Neun" etabliert, eine hängende Spitze anstatt eines Stoßstürmers. Statt Größe und Torinstinkt waren vor allem technische Aspekte en vogue.

Doch in den vergangenen Jahren gab es einen Wandel zurück zur alten Tradition. Ein echter Torjäger ist wichtiger denn je - und die Bundesliga ist das beste Beispiel dafür.

Es ist nicht mehr nur Lewandowski

In den vergangenen Jahren war Robert Lewandowski recht einsam an der Spitze der Torschützenliste. Viermal in Folge wurde der Bayern-Stürmer bester Knipser in der Bundesliga, und das jedes Mal mit großem Vorsprung - 2017 war er 14 Tore besser als der zweitbeste Torjäger, dann vier, dann sechs und vergangene Saison 13 Treffer.

Doch in dieser Saison hat Lewandowski große Konkurrenz bekommen. Erling Haaland liegt mit neun Ligatoren nur einen Treffer hinter dem Polen. Dass der von den europäischen Topklubs umworbene BVB-Stürmer das Zeug dazu hat, mit Lewandowski Schritt zu halten, wurde von vielen Experten erwartet - doch es ist bei weitem nicht mehr nur ein Zweikampf zwischen den beiden Angreifern.

Viele gute Torjäger, aber keiner für das DFB-Team

Patrik Schick (acht Saisontore), Taiwo Awoniyi (sieben) und Anthony Modeste (sechs) haben ebenfalls einen starken und torreichen Saisonstart hingelegt - und sind vor allem für ihre Mannschaften enorm wertvoll. Unter den Top 5 in der Tabelle ist der SC Freiburg das einzige Team, das keinen Spieler in der Mannschaft hat, der nicht auch zur Spitzengruppe der Torjäger gehört. Und dass der 1. FC Köln in dieser Saison bislang zu den Überraschungsteams gehört, hängt zu großen Teilen mit der Personalie Modeste zusammen.

Die erfolgreichsten Mittelstürmer in der Bundesliga
Spieler Team Nationalität Tore
Robert Lewandowski Bayern München Polen 10
Erling Haaland Borussia Dortmund Norwegen 9
Patrik Schick Bayer Leverkusen Tschechien 8
Taiwo Awoniyi Union Berlin Nigeria 7
Anthony Modeste 1. FC Köln Frankreich 6
Jonathan Burkardt 1. FSV Mainz 05 Deutschland 4
Eric-Maxim Choupo-Moting Bayern München Kamerun 3
Wout Weghorst VfL Wolfsburg Niederlande 3
Branimir Hrgota Greuther Fürth Schweden 3
Lucas Höler SC Freiburg Deutschland 3

Das "deutsche Problem" dabei: Die Torjäger in der Bundesliga sind eine importierte Elite, deutsche Mittelstürmer mit Topformat sucht man im Oberhaus vergeblich. Dieses Problem hat auch Jürgen Klopp längst erkannt. "England hat mindestens sieben klassische Mittelstürmer, die in der Nationalmannschaft spielen könnten. Warum haben wir das nicht?", fragte der Liverpool-Coach vor einigen Wochen mit Blick auf die Nationalmannschaften bei "RTL".

In der zweiten Liga dominieren deutsche Mittelstürmer

Im deutschen Ligaalltag spiegelt sich sein Eindruck wider. Der Mainzer Jonathan Burkardt ist mit vier Toren der erfolgreichste deutsche Mittelstürmer in der Bundesliga. Erst in der zweiten Liga findet man mit Simon Terodde (elf Tore), Luca Pfeiffer, Phillip Tietz (beide acht Treffer), Robert Glatzel und Rouwen Hennings (je sechs Tore) sehr erfolgreiche deutsche "Neuner". Für das DFB-Team dürfte aber keiner dieser Spieler eine ernsthafte Option sein.

Im Fußball gibt es wieder mehr erfolgreiche Mittelstürmer, aber wer soll das Sturmzentrum von Bundestrainer Hansi Flick besetzen? Er hat mit Serge Gnabry, Marco Reus, Leroy Sané, Thomas Müller und Jamal Musiala torgefährliche Bundesligaspieler, mit Kai Havertz, Timo Werner und Karim Adeyemi treffsichere Profis, die im Ausland spielen. Keiner davon ist jedoch klassischer Mittelstürmer. Auf den wartet Flick noch vergeblich.

Es sei "die gemeinsame Aufgabe des gesamten deutschen Fußballs und seiner Talentförderung, dass wir uns dieses Themas annehmen", forderte der 56-Jährige zuletzt. Doch aktuell muss sich Flick bei seinen Besuchen in deutschen Stadien damit begnügen, dass die besten Mittelstürmer in der Bundesliga keine Option für seinen DFB-Kader sind.