Schalkes Trainer Frank Kramer spricht mit den Einwechselspielern Latza und Larsson

Gründe für das 1:6-Debakel Union Berlin als Schalkes Bundesliga-Lehrmeister

Stand: 28.08.2022 12:06 Uhr

Schalke hat gegen Union Berlin öfter den Ball, gewinnt mehr Zweikämpfe - und geht doch unter. Das sorgt für Frust, aber auch für Erkenntnisse.

Schalkes Saisonstart war für einen Aufsteiger ganz okay: Nur eine Niederlage in drei Spielen, noch dazu eine unglückliche beim 1. FC Köln in Unterzahl. Doch nach der bitteren 1:6 (1:3)-Heimpleite vom Samstag (27.08.2022) gegen Union Berlin fällt die Zwischenbilanz deutlich düsterer aus. Mit weiterhin zwei Punkten fielen die Schalker auf Platz 16 zurück. Vor allem aber sorgte die Leistung in der zweiten Hälfte für Unmut.

"Du kannst dich nicht so abschlachten lassen", sagte Torwart Alexander Schwolow im WDR-Interview. "Die Reaktion nach der Halbzeit geht gar nicht. Wir hatten zusammengesessen und gesagt: Wenn du jetzt noch ein Tor machst, mit den Zuschauern im Rücken, ist alles möglich. Dann kommst du raus, kriegst das 4:1 - und das ist wie ein Nackenschlag, das hat man uns brutal angemerkt. Das müssen wir ansprechen und nächste Woche gegen Stuttgart besser machen."

Union mit drei Toren aus fünf Schüssen

Den ersten Rückschlag, das frühe 0:1 durch Morten Thorsby (6. Minute) bei dessen Startelf-Debüt, hatten die Schalker noch gut weggesteckt. "Schalke war wacher, aggressiver und spritziger", sagte Unions Trainer Urs Fischer. Der Aufsteiger dominierte das Geschehen, Marius Bülter (31.) glich per Handelfmeter aus.

Doch dann kamen etwas Pech und Unions gnadenlose Effektivität ins Spiel. Sheraldo Beckers abgefälschter Schuss trudelte ins Netz (36.) und Janik Haberer würde seinen Dropkick aus 25 Metern nicht jede Woche so versenken (45.+3). Fischer nannte Unions 3:1-Pausenführung "eher glücklich". Die Berliner machten ihrem Ruf als Effizienzkönige alle Ehre: Mit fünf Schüssen erzielten sie drei Tore.

Schalke öfter am Ball

Dass Beckers 4:1 direkt nach der Pause (46.) Schalke dann "den Stecker" zog, sah auch Trainer Frank Kramer so. Der Glaube sei verloren gegangen. Die Folge: Union hatte kaum Probleme, die Schalker Angriffsversuche zu verteidigen, und erhöhte durch den Doppelpack von Joker Sven Michel (87., 90.) noch auf 6:1.

Mitentscheidend war, dass Union dank der fast durchgehenden Führung seine bewährte abwartende Grundhaltung durchziehen konnte. Im Duell der beiden Teams mit dem bisher geringsten Ballbesitz kamen die Berliner am Ende nur auf 42 Prozent Ballbesitzphasen - das liegt sogar einen Prozentpunkt unter dem bisherigen Saisonschnitt. Die Schalker konnten keinen Vorteil daraus ziehen, dass sie den Ball ungewohnt häufig am eigenen Fuß hatten.

Schalke gewinnt mehr Zweikämpfe

Weitere Statistiken: Schalke hatte gleich viele Torschüsse (12) und sogar mehr gewonnene Zweikämpfe (53,5 Prozent) - verlor aber ganz offensichtlich die wichtigen Duelle. "Wir müssen ganz schnell daraus lernen, nämlich wie Bundesliga funktioniert", sagte Trainer Kramer dem WDR. "Dass du dich in den entscheidenden Situationen und auch Zonen durchsetzen musst. Union hat uns heute vorgemacht, wie das funktioniert. Wir haben Lehrgeld bezahlt."

Union Berlin als Bundesliga-Lehrmeister für den FC Schalke 04 - das sind die aktuellen Machtverhältnisse im deutschen Spitzenfußball. Union hat nach drei Siegen aus vier Spielen zehn Punkte auf dem Konto, genauso viele wie Liga-Dominator FC Bayern München. Das Heimspiel gegen die Bayern am Samstag um 15.30 Uhr wird so zum Spitzenspiel Zweiter gegen Erster.

Bülter hofft auf Trotzreaktion

Schalke tritt zur selben Zeit beim VfB Stuttgart an und steht schon unter Druck. Sportdirektor Rouven Schröder hielt sich mit Kritik zurück, sagte aber auch: "Wenn du sechs Stück bekommst, müssen wir als Mannschaft, als Verein, die Dinge besser machen und das auch relativ schnell."

Stürmer Bülter hofft derweil auf eine Trotzreaktion. "Vielleicht tut es auch mal gut, so einen auf den Sack zu bekommen. Das schärft vielleicht nochmal die Sinne."