BVB-Trainer Edin Terzic, Bayerns Serge Gnabry, Leverkusens Patrick Schick und Freiburgs Vincenzo Grifo (v.l.n.r.)

Winterpause Der Überraschungs-Herbst der Bundesliga

Stand: 14.11.2022 11:53 Uhr

Die Bundesliga geht in eine rund zweimonatige Winterpause. Nach 15 Spieltagen ergibt die Tabelle ein ungewohntes Bild. Von Aufstiegen und Abstürzen. Ein Zwischenfazit.

Nicht nur die Fußballprofis dürften sich in den vergangenen Wochen geradezu gehetzt gefühlt haben. Auch für die Fans der Bundesligaklubs ging es Schlag auf Schlag - und dabei den Überblick zu behalten, ist nicht einfach. Solch einen eng getakteten Spielplan einer Hinrunde gab es schließlich noch nie. Das Ergebnis nach den jetzt 15 Spieltagen ist ungewöhnlich. Gerade im vorderen Drittel der Bundesligatabelle kam es (mit einer Ausnahme) zu unerwarteten Verschiebungen.

Der FC Bayern thront - wie in den vergangenen zehn Jahren immer - über dem Rest der Liga. Und das, obwohl die Münchner eine für sie veritable (Ergebnis-)Krise hinter sich haben. Vier Spiele in Folge ohne Sieg sind für den FCB ein ernsthaftes Problem. "Wir waren schon ein wenig in einer Ergebniskrise, aber wir haben keinen schlechten Fußball gespielt. Wir haben das analysiert und die richtigen Schlüsse daraus gezogen. Dieser Glaube an die eigene Stärke hat uns geholfen", sagte Joshua Kimmich und verriet den schnellen Weg heraus aus diesem Bayern-Dilemma.

Ein paar Gespräche reichen beim FC Bayern eben aus, um dann ganz schnell sechs Siege sowie ein Unentschieden folgen zu lassen. Zu groß bleibt die Überlegenheit des Rekordmeisters gegenüber der Konkurrenz. Der elfte Meistertitel in Serie scheint bereits nach München vergeben zu sein. Die vier Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten dürften im Laufe der Saison noch deutlich ausgebaut werden.

Freiburg auf einer Erfolgswelle

Womit wir beim SC Freiburg angekommen wären. Das Team von Trainer Christian Streich wächst in dieser Spielzeit schier über sich hinaus. Der SCF ist nun erster Bayern-Verfolger, was in Freiburg natürlich niemand hören möchte. Neun Siege, drei Remis und nur drei Niederlagen zeugen von einer großen Konstanz auf hohem Niveau.

Der Weg des SCF bis zu diesem außergewöhnlichen Zwischenergebnis war lang, aber in der schnelllebigen Branche von unüblicher Kontinuität geprägt. Auch "in den schwierigen Zeiten, den Abstiegskämpfen und bitteren Niederlagen sind viele wichtige Leute aufrecht stehen geblieben", sagte Streich nach dem jüngsten Erfolg gegen Union Berlin (4:1). Nur so habe man "sukzessive Dinge nach vorne entwickeln" können.

Dicht auf den Fersen liegt den Freiburgern RB Leipzig. Die Sachsen haben sich nach dem Trainerwechsel von Domenico Tedesco nach nur fünf Spieltagen hin zu Marco Rose schnell wieder zu dem Spitzenteam formiert, als das sie zu Saisonbeginn auch angetreten sind. Allerdings läuft der derzeitige Tabellendritte der schlechten Anfangsphase noch hinterher.

Kämpfer aus Frankfurt

Eintracht Frankfurt hat sich leise, still und heimlich auf den vierten Tabellenplatz vorgearbeitet. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit der Doppel-Belastung durch die erstmalige, bislang überaus erfolgreiche Champions-League-Teilnahme (Erreichen des Achtelfinales gegen den SSC Neapel) hat sich das Team von Trainer Oliver Glasner durch die 24 Pflichtpartien in diesem Halbjahr beachtlich durchgekämpft.

Angeführt vom wiedererstarkten Mario Götze haben die Hessen mit ihrer Physis und ihrem spielerischen Ansatz den Gegnern das Fürchten gelehrt. "In Summe war es schon eine sehr gute Herbstsaison von uns", sagte Glasner, zumal "wir unseren Spirit erst finden mussten. Es ist gut, jetzt mal runterzufahren, um den nächsten Gipfel zu erreichen."

Union Berlin mit Kraftproblemen

Ähnliches dürfte auch für Union Berlin gelten, dessen Fans zwischenzeitlich schon gesungen haben: "Deutscher Meister wird nur der FCU." Wirklich daran geglaubt haben dürfte daran wohl ernsthaft kein Anhänger der "Eisernen". Aber der Ritt an die Tabellenspitze über sieben Spieltage hinweg - mit zwischenzeitlich vier Punkten Vorsprung - hätte den Unionern wohl niemand zugetraut.

Urs Fischer, Union Berlin

Allerdings: Dem körperlichen Fußball, der mit sehr viel Laufaufwand und Einsatz verbunden ist, musste das Team von Trainer Urs Fischer mit zunehmender Anzahl der Spiele Tribut zollen. Mittlerweile sind die Berliner auf Tabellenplatz fünf abgefallen. "Wahnsinn, was die Mannschaft geleistet hat", lobte Fischer sein Team für die Saison. Dennoch: Das 1:4 zum Abschluss in Freiburg bleibt erstmal in den Kleidern des Trainers haften. "Den letzten Eindruck nimmst du mit", sagte Fischer.

Enttäuschter BVB

Bei Borussia Dortmund ist die Enttäuschung über den bisherigen Saisonverlauf fast zu greifen. Bereits sechs Niederlagen musste das Team von Edin Terzic hinnehmen, das eigentlich angetreten war, um dem FC Bayern im Kampf um den Meistertitel Paroli zu bieten. Mit 25 erzielten Treffern erfüllt der BVB (Bayern: 49 Tore) zudem keineswegs die eigenen Ansprüche. Neun Punkte Rückstand hat das Team bereits auf den FCB. Es herrscht Alarmstimmung in Dortmund.

"Selbst wenn man sich aufregt und sauer ist, sollte man trotzdem sauber und vernünftig analysieren. Ich erwarte, dass sich unser Sportdirektor und unser Trainer in der kommenden Woche zusammensetzen und sich überlegen, was schlecht gelaufen ist", sagte BVB-Chef Hans-Joachim Watzke. Die Mannschaft wirkt nicht homogen. Die zuletzt häufigen öffentlichen Beschwerden von Kapitän Mats Hummels lassen auf interne Probleme im Team schließen. Das Mindestziel für den BVB bleibt die Qualifikation für die Champions League.

Die Abgestürzten

Beim stark abgestürzten Team von Bayer 04 Leverkusen können sie jetzt erstmal durchatmen. Zuletzt drei Siege in Folge haben die Mannschaft von Trainer Xabi Alonso immerhin ins untere Tabellenmittelfeld geführt. Die mit Champions-League-Ambitionen in die Saison gestartete Werkself sucht aber weiter nach ihrer Identität.

Schalke-Trainer Thomas Reis im Stadion

Am Tabellenende tummeln sich mit dem FC Augsburg (15 Punkte), dem VfB Stuttgart (14), Hertha BSC (14), dem VfL Bochum (13) und Schalke 04 (9) gleich fünf Teams, die sich wohl bis zum Saisonende ein Kopf-an-Kopf-Rennen gegen den Abstieg bieten werden. Die Schalker, die unter Neu-Trainer Thomas Reis zuletzt einen spielerischen und mentalen Aufschwung erlebten, haben dabei allerdings die schlechtesten Karten.