Fußball Trotz Gehirnerschütterung spielen - ein hohes Risiko

Stand: 30.08.2021 17:07 Uhr

Bielefelds Torhüter Stefan Ortega spielt weiter, obwohl er sich wohl eine Gehirnerschütterung im Bundesligaspiel gegen Frankfurt zugezogen hatte. Das hätte nicht passieren dürfen.

Was ist passiert?

Arminia Bielefelds Torhüter Stefan Ortega prallte im Bundesliga-Spiel gegen Eintracht Frankfurt mit einem Mannschaftskollegen zusammen und musste wegen einer möglichen Kopfverletzung mehrere Minuten behandelt werden. Am Ende bekam der Fußballprofi sowohl von Arminias medizinischer Abteilung als auch von Eintracht Frankfurt das OK, weiterzuspielen.

Bei der Nachuntersuchung im Krankenhaus wurde bei Ortega dann aber eine Gehirnerschütterung diagnostiziert. Arminia Bielefeld gab seinem Torhüter daraufhin zwei Tage trainingsfrei - als Vorsichtsmaßnahme, wie der Verein gegenüber der Sportschau betont.

Gehirnerschütterungen - warum sind sie so tückisch?

Eine Gehirnerschütterung ist sehr schwierig zu diagnostizieren. Klare Symptome können auch erst nach 30 Minuten oder sogar erst nach 72 Stunden auftreten. Mit einer Gehirnerschütterung weiterzuspielen, kann aber im Zweifel lebensgefährlich sein.

Ärzte warnen vor dem "Second Impact Syndrome": Gibt es einen zweiten schweren Schlag gegen den Kopf, kann dieser mit einem Hirnödem oder einer Hirnblutung im Extremfall tödliche Folgen haben.

Welche Tests sind vorgeschrieben?

Um eine Gehirnerschütterung zu erkennen, ist seit der Saison 2019/20 in der ersten und zweiten Bundesliga ein sogenanntes "Baseline-Screening" vorgeschrieben: Vor der Saison werden neurologische Tests durchgeführt. Dabei werden bei jedem Spieler bestimmte Standardwerte seiner Hirnfunktion erfasst.

Diese Werte, die er in gesundem Zustand hatte, werden dann bei einer Verletzungsunterbrechung mit der Hirnfunktion nach einer möglichen Kopfverletzung im Spiel verglichen. Dabei werden unter anderem Eigenschaften wie die Balance und die Merkfähigkeit geprüft. Arminia Bielefeld gab auf Nachfrage der Sportschau an, dass die vorgeschriebenen "Baseline-Screenings" bei Stefan Ortega nach dem Zusammenprall durchgeführt wurden.

Wie können Spieler besser geschützt werden?

Das Thema Gehirnerschütterung steht seit vielen Jahren im Fokus, auch bei der Fußballergewerkschaft Fifpro, die mehr Schutz für ihre Spieler fordert. Und auch die Regelkommission der FIFA sagt: Bei einer möglichen Gehirnerschütterung muss der Spieler im Zweifel vom Platz.

Zur Diskussion stehen deswegen neue Regeln. Zum Einen: zusätzliche Auswechslungen. Hier werden in anderen internationalen Ligen bereits verschiedene Varianten ausprobiert. Da aktuell wegen Corona aber bereits zwei zusätzliche Auswechslungen erlaubt sind, will die Deutsche Fußball-Liga (DFL) darüber erst später entscheiden.

Eine weitere mögliche Regeländerung betrifft die Entscheidungsfindung nach einer Kopfverletzung. Die Regelkommission IFAB stellt die Frage: Wie objektiv können der Spieler selbst und sein Verein in dieser Situation überhaupt entscheiden, wenn es in dem Spiel um wichtige Punkte geht?

Bislang gibt es aber noch keine konkrete Idee, wer die Entscheidung stattdessen treffen sollte. Der Schiedsrichter ist schließlich nur selten ein Mediziner.

Wie gehen andere Sportarten mit Kopfverletzungen um?

Sehr unterschiedlich. Im englischen Rugby wurde vergangene Saison ein Speicheltest entwickelt, der mit großer Genauigkeit und innerhalb weniger Minuten eine Gehirnerschütterung feststellen können soll.

Im US-amerikanischen Profi-Football gibt es ein sogenanntes "Concussion Protocol": Ein Spieler, bei dem der Verdacht auf eine Gehirnerschütterung besteht, wird ausgewechselt. Danach wird er über mehrere Tage beobachtet und dabei schrittweise wieder ans Training herangeführt. Am Ende entscheiden neutrale Mediziner, ob er wieder spielen darf.